Ho-Ho-Hokkaido Kapitel 4: Eiszapfen und das beste Klo der Welt

Nach drei Tagen im Bummelzug endlich in Sapporo, der mit Abstand größten Stadt auf Hokkaido, angekommen. Zeit herauszufinden, warum ich eigentlich hergekommen bin.

Mein Vermieter fragte mich, als ich ihm erzählte, dass ich nach Hokkaido gefahren bin, nach dem “Warum?”. Ich wusste die Antwort nicht und musste überlegen. Ich war noch nicht auf Hokkaido, also wollt ich mal sehen, wie es da so ausschaut. Ohne Plan, einfach in den Zug.

In den Tagen zuvor gab es zumindest immer ein Ziel, mit dem nächsten Zug in die nächste Stadt, und so weiter. Nun war ich in Sapporo und fest enschlossen heute mal keinen Zug zu sehen oder zu nehmen. Doch was ich hier nun eigentlich machen konnte und was es hier gab, darüber musste ich mich informieren.


Links das Internetcafe “Comicland”

Der Tag begann früh im Internetcafe, wo ich die Nacht verbrachte. Da ich mein Zeug, Rucksack und Tasche, nicht dort lassen konnte, musste ich es mitnehmen – den ganzen Tag. Jedes Foto entstand also mit 10kg aufm Rücken, jeder Weg wurde mit 10kg aufm Rücken gegangen.

Am Morgen waren die Straßen ungewöhnlich ruhig. Es war auch dunkel, aber was solls, dachte ich, is halt Winter. Es hatten auch fast alle Geschäfte bis auf die Konbini zu, aber was solls, dachte ich, is halt nicht Tokyo. Als ich dann zum Bahnhof kam, wurde mir klar, warum es so dunkel und alles zu war. Die große Uhr an der Sapporo Station zeigte 3 Uhr morgens an. Ich bin ernsthaft ohne auf die Uhr zu schauen raus.

3 Uhr morgens in Sapporo. Da hat man eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Im Konbini rumhängen oder in eines von diesen 24h Internet Cafes einkehren. Ich kannte ja schon eins, also wieder zurück…

Ich blieb dann bis 7 Uhr, zusammen mit Anderen die um die Zeit scheinbar nix besseres zu tun hatten, als am frühen Morgen Solitär zu spielen. Dazu konnte ich mich nochmal über das informieren, was hier in Sapporo nun eigentlich gab. Zudem konnte ich erneut versuchen die deutsche Freundin einer Freundin aus Deutschland zu erreichen, die in meinem Alter war, seit zwei Jahren in Sapporo lebt und Manga-Zeichnerin ist. Bislang war das immer schwierig, vermutlich weil sie einfach keine Lust auf diesen Fremden hatte, der aus dem Land kommt, das sie inzwischen nicht mehr als Heimat sieht, eher noch das Gegenteil davon.
Eine Mail an sie und dann ging es raus, mit bestimmten Orten im Sinn und einer Karte vom Touri-Büro.


Die Uhrzeit!!

Vorbei am Fernsehturm von Sapporo, der zwar als Touri-Ziel empfohlen wird, ich persönlich aber absolut uninteressant und unoriginell fand. Ich wollte ich zum FIschmarkt von Sapporo, der laut dem Lonely Planet es durchaus mit dem Tukiji-Fischmarkt in Tokyo aufnehmen konnte. Na, sagen wir mal der Lonely Planet übertrieb etwas…

Auf dem Weg zum Fischmarkt kam ich an Sapporo’s “Clock Tower” (時計台 Tokeidai) vorbei.

Um die Uhrzeit war es noch zu, ich hatte aber auch abslout kein Bedürfnis die 200yen Eintritt zu bezahlen. Der Uhrturm gilt zwar als ein Wahrzeichen von Sapporo, wurde jedoch auch zur drittlangweiligsten Sehenswürdigkeit in gesamt Japan gewählt. Das Gebäude an sich ist auch fotografisch uninteressant, nur der Gegensatz zu den modernen Hochhäusern im Hintergrund hat was.

Den Schrein unweit vom Uhrturm fand ich dann allerdings interessanter.

Die Kälte und die 1°C merkte man dem Schrein und seinen frühen Besuchern deutlich an. Dennoch kamen mit einer ziemlichen Regelmäßigkeit Geschäftsmänner vorbei um vorm Beginn des Arbeitstages noch einen schnellen Segen zu erbeten.

Das rituelle Reinigen der Hände musste allerdings ausfallen, da Becken wie Wasserquelle gefroren waren.

Weiter durch die Kälte, dick eingepackt.


Mein dicker Rucksack deutlich erkennbar

Es ging allerdings, da es eher eine trockene Kälte war, die nicht so in die Knochen kriecht. Zudem war ich auch ständig unterwegs und mir wurde dadurch warm. Von den großartigen langen Unterhosen ganz zu schweigen. Doch der Wind schneidete schon recht stark in die Haut, wenn man nicht aufpasste.
Jedoch hält die Kälte den Fisch frisch.

Der Sapporo Fischmarkt ist nicht so groß wie Tukiji, zudem Letzterer eher für den Großhandel gedacht ist, in Sapporo geht es direkt an den Endkunden. Lauter kleine Läden boten ihre Waren feil. Hokkaido und insbesondere Sapporo ist bekannt für eine bestimmt Sorte von Riesenkrabben.

Viele Bilder konnte ich leider nicht machen, da die Besitzer was dagegen hatten. Doch da es früh am morgen war, waren sie auch eher damit beschäfigt, sich aufs kommende Tagesgeschäft vorzubereiten. Die Tauben hatten allerdings nix dagegen, fotografiert zu werden, und gurrten zufrieden von der Decke des Fischmarkts, wo sich die warme Luft sammelte.

Ein Wort zu Sapporo und Tauben: Insgesamt sind mir hier mehr Tauben aufgefallen, als in Tokyo. Nicht weil Sapporo voller Dreck und Abfall ist, sondern eher wegen der direkten Nähe zu einem Gebirge. Die gemeine Stadttaube, mit ihrer grauen Färbung kommt ja ursprünglich aus den Bergen.

Jedesmal wenn ich Tauben sehe, versuche ich sie zu locken und vor die Linse zu kriegen. Vermutlich weil es in Berlin so viele von ihnen gibt und sie das Stadtbild prägen, und jede Taube mich an Berlin erinnert. Allerdings sind sie in Berlin so zahlreich nicht weil Berin in den Bergen in den Bergen liegt, sondern weil es einfach mal verdammt dreckig ist.


Einkaufsstraße in der Nähe vom Fischmarkt

Ich bin dann durch die Seitengassen vom Fischmarkt glaufen und habe einen kleinen Obst- und Gemüseladen entdeckt – beschützt von einer Yakuza Katze.

Sie saß einfach da, in der Nähe vom Eingang und musterte mit ihrem einen gesunden Auge jeden potentiellen Kunden. Ich fragte die Ladeninhaberin, ob ich die Katze fotografieren konnte, mit einem Lächeln erlaubte sie es und die Katze ließ sich unbeeindruckt von mir minutenlang fotografieren.

Ich fragte die Inhaberin, wie alt die Katze ist, doch sie wuste es nicht. Die Katze ist ihr vor 6 Monaten zugelaufen und sitzt seitdem jeden Tag im Laden und passt auf. Sie vermutet, dass sie schon recht alt ist, auch wegen dem ungesunden Auge.
Ich bedankte mich und verließ die beiden wieder.

Da ich um 2 Uhr morgens gefrühstückt hatte, suchte ich einen Konbini zur Stärkung auf. Beim Essen überlegte ich, wohin es als nächstes gehen sollte. Ich hatte mir im Vorfeld schon ein paar Themen aufgeschrieben, die ich vielleicht recherchieren könnte, darunter “Sapporo war 1972 Austragungsort für die olympischen Winterspiele – was ist davon übrig?”, “Ainu – Ureinwohner Japans”, und “Auf der Spur vom Hokkaidokürbis”. Da das Touri-Büro inzwischen wieder auf hatte (und man dort Englisch spricht) wollte ich dort nach ein paar Antworten suchen. Also wieder zurück zum Bahnhof.

Sapporo ist zwar sehr geometrisch aufgebaut, fast alle Straßen laufen im 90° Winkel zueinander und ist gibt eine große Hauptstraße, an der man sich orientieren kann, gennant “Odori” (wörtlich: “große Straße”), trotzdem habe ich den Weg zum Bahnhof nicht gefunden. Ich fragte eine Dame nach dem Weg zum Bahnhof und sie schlug vor, dass wir doch zusammen hingehen. Das fand ich nett und begleitete sie. Es war auch eine gute Gelegenheit mal wieder auf Japanisch zu konversieren.

Sie war natürlich tief interessiert an dem Ausländer aus der weiten Ferne. Als ich meinte ich komme aus Deutschland meinte sie, dass ihre Tochter derzeit in Deutschland ist und für eine japanische Firma arbeitet. Ich fragte sie in welcher Stadt, doch es wollte ihr partout nicht einfallen. Viel mehr glaube ich, dass sie nicht wusste, wie man den Namen der Stadt korrekt ausspricht. Ich fragte sie nach Hokkaido und was man sich hier nach anschauen sollte. Sie zählte ein paar Orte auf und ich fragte sie, ob sie auch mal im Norden von Hokkaido war. Ihre Atwort war nur “Was?? Warum? Ist doch viel zu kalt da!”. Ein neues Wort was ich im Laufe des Gespräch lernte (und für Hokkaido sehr wichtig ist) war ‘yuki’, was ‘Schnee’ bedeutet. Sie fragte, ob es in Deutschland auch schneit und ich meinte schon, aber in Berlin nicht so stark wie in Hokkaido. Zu dem Zeitpunkt fing der längste und schneereichste Winter seit 60 Jahren in Berlin gerade mal an….

Ich erklärte ihr, dass man in Deutschland von Hokkaido gerade mal den Hokkaidokürbis kennt – von dem sie jedoch noch nie etwas gehört hatte. Ich erzählte ihr auch, dass ich hier in Sapporo jemanden kenne, der Manga zeichnet. “Japanische Manga?”, ja, sagte ich, und sie war schockiert vor Begeisterung. Sie brachte mich zum Bahnhof und ging dann zu ihrer Arbeitsstelle, die nicht weit entfernt war.

Die Menschen, die ich in Sapporo getroffen haben, waren allesamt offener, freundlicher und vorallem weniger gehetzt als die Leute in Tokyo. Viele, so auch die Mangazeichnerin, sind u.a. aus diesen Gründen nach Sapporo gekommen. Am Anfang dachte ich, dass keiner freiwillig hierher zieht, ist doch viel zu kalt! Doch am Ende des Tages musste ich feststellen, dass die Herzen der Menschen umso wärmer sind. Um es mal etwas romantischer auszudrücken…

Im Touri-Büro erkundigte ich mich also. Nach einer langen Erklärung verstanden sie endlich, was ich mit Hokkaidokürbis meinte, und man gab mir die Adressen von ein paar Farmen ausserhalb von Sapporo. Doch im Winter sieht man davon nix, da sind alle Kürbisse schon weg. Zudem der Hokkaidokürbis in Deutschland auch nicht aus Hokkaido kommt, der Name bezeichnet nur die Sorte des Kürbis. Trotzdem interessant, dass wenige auf Hokkaido wirklich von diesem Kürbis wissen.
Nach Olympia fragte ich auch und man gab mir die Adresse vom ehemaligen Sport-Gelände. Aber die Frage danach, was von Olmypia übrig blieb, konnte ich schon beantworten: Nichts.

Blieben noch die Ainu. Man gab mir die Adresse von 1-2 Ainu-Dörfern auf Hokkaido und einem Ainu Museum in Sapporo. Also nichts wie hin. Auf dem Weg kam ich an der Werbung eines Blumenmarkt vorbei.

Ich gehöre zwar nicht zu den deutschsprachigen Bloggern, die ein Schnappschuss in Japan machen, nen kurzen Kommentar druntersetzen und damit die groß angekündigten täglichen Berichte vollkriegen, doch diese knallbunte, Flower-Power Flagge zwischen all dem Eis und Schnee, fand ich dann doch lustig.

Das Ainu-Museum Sapporo war im zweiten Stock von einem Bürokomplex und, nunja, überschaubar. Wer sich über die Geschichte der Ainu informieren möchte, was ich jedem empfehle, der soll den Wiki-Eintrag lesen. Eine kurze Zusammfassung wäre: Die Situation der Ainu ist ähnlich der der amerikanischen Ureinwohner. Sie wurde systematisch vertrieben, eine zeitlang als Menschen zweiter Klasse behandelt bis sie dann endlich Bürgerrechte bekommen haben und ihre Geschichte und Kultur öffentlich zeigen dürfen. Schließlich lässt sich ja auch damit Geld bei Touristen verdienen…

Angeschlossen an das Museum war auch eine Art Forschungsabteilung. Das Wort klingt so doof, aber mir fällt grad keine bessere Übersetzung zu “Research” ein. Ich bin einfach mal reingelaufen und ich fand dann das hier:

Eine Hello Kitty Puppe in Ainu-Kleidung. Ihr gegenüber an einem ziemlich chaotischen und überfüllten Schreibtisch saß eine über 60 jährige Ainu-Professorin, die Leiterin des Museums und der wissenschaftlichen Abteilung. Sie selbst hatte Kleidung mit dem Ainu-Muster an, schwarzes Haar mit vielen grauen Strähnen, die sie zu einer Turmfrisur gesteckt hatte und eine große, exzentrische Brille. Sie schenkte mir nicht viel Beobachtung, dennoch wollte ich nicht ungefragt ein Foto machen. Sie wollte allerdings nicht und sie gab mir die Kopie eines Artikels aus einer Zeitung, in der ihr Foto war. Daher wusste ich auch ihr Alter.
Ich wusste nicht, was mich mehr beeindruckte: Ihre Erscheinung oder Hello Kitty Ainu.

Wie erwähnt war das Museum in einem relativ gesichtslosen Bürokomplex, mit langweiligen und leeren Gängen.

Im Ainu-Museum konnte ich schon einen Blick aus dem Fenster erhaschen, doch ich wollte so hoch wie möglich, für die bestmögliche Aussicht. Ich fuhr mit dem Aufzug in den zehnten Stock und lief in die erstbeste offene Tür. Dort saß dann eine Dame hinter einem Computer die mich sehr irritiert anschaute.
Zusammen mit dem Wörterbuch konnte ich ihr erklären, dass ich gerne durchs Fenster schauen würde, die grad durch die Jalousien blockiert sind. Sie war immer noch irritiert, wer denn dieser fremde Ausländer ist, der sie bei der Arbeit stört, doch ich meinte “Ich bin Fotograf, das geht schon in Ordnung”. Sie zog die Jalousien hoch und ein atemberaubender Ausblick wurde sichtbar.

Da die ganze Wand aus Fenster bestand, hatte man einen wunderbaren Panorama-Blick, den ich mit einem Foto nur ansatzweise zeigen kann. Aber ich versuchs mal. Hier der Blick von links nach rechts:

Der Park vorne im Bild ist der botanische Garten. Ich sprach dann noch etwas mit der Dame, sie erklärte mir, was sie hier macht, aber ich habs nicht verstanden. Ich fragte sie, ob sie Dr.Nakamats kennt, und sie musste lachen. Zur Erklärung: Dr. Nakamats ist ein exzentrischer Erfinder den absolut jeder (!) Japaner kennt. Ich hatte ihn interviewt und erzähle die Geschite gerne als Small Talk Thema, um das Eis zu brechen. Klappt jedesmal.

Ich bat sie dann auch um ein Foto, nach einer Veröffentlichung hab ich allerdings nicht gefragt. Von daher:

Meine nächste Station sollte der Hokkaido Schrein sein, der größte Schrein in Sapporo, der am Fuße von dem Gebirge liegt, welches man in den Bildern oben sehen konnte. Eine Stunde musste ich laufen, mit schweren Rucksack auf den Rücken.

Ab und an fragte ich mal nach dem Weg, alle meinten zu mir, dass es doch viel zu weit sei, und ich doch die Ubahn nehmen soll. Doch zum einen wollte ich heut mal keinen Zug benutzen, zum anderen konnte ich mir so die paar Yen sparen.


Riesiges Tor zwischen Wohnhäusern auf der Straße zum Schrein und ca. 1km von ihm entfernt

Der Hokkaido Schrein steht umringt von Tannen un eher nordischen Bäumen, eingepackt in dickes Eis und Schnee.

Ich fragte nach einem Glücksbringer für “Familie” und kaufte einen. Schließlich stand Weihnachten an. Ich konnte es zwar nicht mehr rechtzeitig schicken, aber die Dinger wirken schon, nachdem man sie nachhause genommen hat.

Auch hier war das Wasserbecken gefroren und überall waren Zapfen.

Die Sonne kam nun auch etwas heraus und zwischen den Eiszapfen und der Wasseroberfläche blitzte und blinkte es. Für mich gab es nun kein Halten mehr und ich fotografierte wie wild. Ich bin zwar schon jetzt an einem ungesunden Maß angelangt, was die Anzahl der Bilder für einen Beitrag anbelangt, doch schamlos werd ich auch die Eiszapfen vorzeigen.

Wie ein im Fallen eingefrorener Wassertropfen.

Zwei etwas ältere Damen beobachteten mich beim Fotografieren und unterhielten sich. Das merkte ich eigentlich nur als ich “Ausländer” und “Fotograf” hörte. Ich drehte mich um und lächelte, und beide Damen entschuldigten sicht. Ich zeigte ihnen die Bilder, die ich grad machte. Für einen kurzen Momen waren beide sprachlos und dann kriegten sie sich vor Begeisterung nicht mehr ein. Sie kamen beide aus Osaka, Mutter und Tochter, und waren für drei Tage in Sapporo. In Europa waren sie auch schon mehrmals, aber noch nicht in Deutschland. Sie versprachen natürlich, dort demnächst auch mal hinzufliegen, bedankten sich fürs Gespräch und wünschten mir viel Erfolg. Ich wendete mich wieder dem Eis zu…

Zurück nahm ich dann allerdings den Bus, da dieser auch direkt zum Bahhof fuhr, und ich nicht wieder lange suchen musste. Im Bus selbst nahm ich mit meinem dicken Rucksack und ungünstig platzierten Regenschirm dann ordentlich viel Platz weg…

Die nächste Station auf meiner Liste war der JR Tower.


Quelle: wikimedia commons

Im 38. Stockwerk befindet sich eine Aussichtsplattform mit einem wunderbaren 360° Rundumblick über Sapporo, für den man allerdings 700yen Eintritt bezahlen musste. Ich hatte den Eintrag zum Turm im Lonely Planet gelesen und fand es recht unspektakulär. Bis ich dann auf den Nebensatz stieß “das Männer-Klo ist mit Aussicht”. Das musste ich sehen.


Gang zum Aufzug, alles etwas auf “stellar” getrimmt

Im Aufzug war eine Karte von Paris, über die der Stadplan von Sapporo gelegt wurde, jeweils mit Eiffelturm und JR Tower im Zentrum des Kartenausschnitts. Meinen Rucksack konnte ich zum Glück in der Rezeption unten lassen, wo ich bezahlte und auch eine englischsprachige Broschüre bekam. In der Broschüre war auch der üblich Penislängen ähm… Turm-Größenvergleich mit allen bedeutenden Türmen der Welt. Der JR Tower gehört natürlich dazu.

Der Ausblick war allerdings in der Tat gewaltig.

Die Wände hatten große Fenster, sodass man einen fast nahtlosen Rundumblick hatte.

Auf den Bahnschienen unten fuhr ab und an ein Zug vorbei, was das ganze wie eine Miniatur-Landschaft wirken ließ.

Und das Klo…

Und ja, ich habe es benutzt. Schon ein erhabenes Gefühl, aber ob es nun wirklich das beste Klo der Welt ist… Mit Bestimmtheit kann ich das nicht sagen, aber dufte ist es schon.


Behindertenklo mit Grün

Nur die Mädels haben Pech, ihr Klo ist innen im Turm, ohne Fenster. Vielleicht hätten sie auch sonst zu viel Schiss vor Spannern…

Erleichtert und etwas müde entspannte ich mich beim Blick auf Sapporo.


Ego-Perspektive

Ich wartete nun, wie schon den ganzen Tag, auf eine Nachricht von der deutschen Mangazeichnerin. Und tatsächlich, wie ich da so saß, kam auch die Nachricht. Sie müsste nochmal zum Frisör, aber danach hätte sie Zeit für mich. Wir wollten uns im Touri-Büro treffen. Als ich da auf sie wartete, machte ich mich mir Gedanken. Die Themen, die ich im Sinn hatte, zu recherchieren, hatte wenig Sinn in der kurzen Zeit, und vorallem konnte ich es mir nicht mehr leisten. Es wäre also gut, am nächsten Tag wieder die Heimreise anzutreten. Doch wie?
Ich habe bereits drei Tage nach Sapporo gebraucht und mein Ticket ist nur noch für zwei Tage gültig. Vielleicht ginge es, wenn ich vom ersten bis zum letzten Zug unterwegs bin, also insgesamt 17 Stunden pro Tag. Doch will ich das überhaupt?
Eine kleine Randnotiz im Lonely Planet und eine Frage beim Touri-Büro brachte die Lösung, doch mehr dazu in Kapitel 5.

Die Mangazeichnerin kam und zusammen gingen wir vorzügliche Sapporo-Ramen essen und danach noch in ein Cafe.

Sie wollte nicht fotografiert werden, doch ich tats trotzdem. Sie wollte sich auch nicht mit mir treffen, so war mein Eindruck, doch meine Freundin wird sie wohl überzeugt haben, mir trotzdem eine Audienz zu gewähren.

Die Gründe für ihre mangelnde Motivation konnte ich im Gespräch erfahren. Zum Einen war sie super beschäftigt, neben Schule, Job und Manga Zeichnen ist sie wenige Tage nach unserem Treffen nach Australien geflogen und musste noch alles packen und vorbereiten.

Sie lebt seit ingsesamt drei Jahren in Sapporo, ein Jahr als Austausch zur Schulzeit und nach dem Abitur nun vollends hier. Auf Deutschland hat sie keine Lust mehr. Sie sprach von ihrem letzten Besuch zu Weihnachten letzten Jahres, als sie nach Deutschland zurück “musste”, mit soviel Unwollen. Sie denkt, schreibt und spricht Japanisch, sie hatte auch ab und an Schwierigkeiten die richtigen deutschen Wörter zu finden, da sie es selten benutzt. Und nun kam einer, aus dem Land mit dieser Sprache. Ich stand in dem Moment für Deutschland und ihre Frustration mit dem Land bekam ich ab. Allerdings hatte ich bis zu einem gewissen Maß Verständnis dafür und fand sie zu keinem Zeitpunkt unsympathisch. Gegen Ende des Gespräch wurde sie auch umgänglicher.

Ich fand ihre Zielstellung interessant. Sie ist nach Japan gekommen, um Erfolg zu haben. Was Sinn macht, wenn man Manga zeichnet. Und ihr Erfolg gibt ihr definitiv recht, ohne darauf nun näher eingehen zu müssen, was sie als ehrgeizige, ausländische Zeichnerin erreicht hat, ist beeindruckend.
Ich bin nach Japan gekommen, um…. tja, so genau weiss ich das bis heute nicht. Ich frage mich aber, was hätte sein können, wenn ich gezielt nach Erfolg gestrebt hätte…

Meinen heimlichen Wunsch, mir ihre Couch für die Nacht anzubieten, hat sie mir leider nich erfüllt. Also bin ich nach dem Abschied, und einem sehr langen Tag, wieder ins Internetcafe zurück, wo der Tag begann und nun im Schlaf enden soll.

Über Nacht hatte es wieder geschneit und Sapporo war dicht eingepackt in Schnee. Von nun hieß es Bye-Bye-Hokkaido und runter von der Inse!

Ho-Ho-Hokkaido:
Kapitel 1: Das weite Land
Kapitel 2: Lange Unterhosen FTW
Kapitel 3: Winterwunderland
Kapitel 4: Eiszapfen und das beste Klo der Welt
Kapitel 5: Der Wind bläst südwärts
Kapitel 6: Eingefrorene Samurai
Kapitel 7:Das Ende der Reise

12 thoughts on “Ho-Ho-Hokkaido Kapitel 4: Eiszapfen und das beste Klo der Welt”

  1. Hi, wieder ein sehr schöner Bericht von dir; wenn`s nach mir ginge, könnten`s gar nicht genug Bilder sein. Die Eis-Fotos sehen wirklich toll aus, Männerklo mit Panoramablick ist auch lustig. Von den Hokkaidokürbisen hab ich ehrlich gesagt auch noch nie was gehört, aber man lernt ja nie aus. Mantschgerl in Ainu-Tracht ist auch cool.
    Viele Grüße
    Snjeko

  2. Wie sagt man doch so schön neudeutsch “Nice!”Im Ernst schöner Bericht, die Mangazeichnerin kann ich ja nun garnicht verstehen… 😉 (Für die Leute mit defektem Ironie detektor, DAS war Sie, die Ironie!)

    Was die Leute betrifft, du wirst ev. feststellen das es die Leute in Tokyo sind, die der besondere Schlag in Japan darstellen.
    Bislang habe ich jedes Mal Beifall bekommen wenn ich im Smalltalk anmerkte das “Kanto Leute etwas kühl auf mich wirkten”. Wenn ich dann auch noch sagte das ich deswegen Kansai bevorzugen würde war mir die Tochter als Ehefrau fast und auf jeden Fall ein Freigetränk sicher.

    Zu dem Männerklo, bei dem Ausblick hätte ich doch massive “pinkelklemme” gehabt. 😉

    Bei den Fotos vom Turm, hast du da schon mal es mit der Tilt-shift Nachbearbeitung versucht?
    Ich finde die Technik wirklich faszinierend und werde auch sicherlich mal demnächst ein paar versuche mit Gimp dazu machen.

    Nein ich photoshoppe Bilder nicht, ich gimpe sie 😉

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