Wolken und Schienen

Shimokitazawa (größer)

Hatte gestern übrigens einen kleinen Radunfall auf dem Weg zur Arbeit ins Restaurant. Gestern wars ja recht stürmisch. Ich bin nun an einem kleinen Laster vorbeigefahren, dessen Plane vom Wind in meine Richtung geweht wurde, meinen Lenker streifte, mein Vorderrad steil nach links zog und ich somit dann die Shinjuku Dori küsste. Ich hatte nur blutige Schürfwunden und eine Prellung der rechten Hand, schmerzt zwar aber ist okay. War auch das erste mal in 10 Jahren, dass ich vom Rad gefallen bin.
Ich war auch etwas irritiert, als ich auf dem Boden lag und hinter mir mein Fahrrad. “Moment, bin ich gerade gefallen?”, dachte ich, aber man realisiert das ja alles nich im ersten Moment.

Es kamen gleich drei Japaner an, die mich fragten, ob alles in Ordnung sei und ob sie nicht vielleicht nen Notarzt rufen sollen. Einer fragte mich auch, ob ich Franzose bin. Vielleicht fallen Franzosen öfter vom Rad in Tokyo, man weiss es nicht…

Blutig wollte ich nicht ins Restaurant also fuhr ich wieder nachhause. Eine meine Mitbewohnerinnen ist Krankenschwester. Ich hatte den ganzen Weg nachhause gehofft, dass sie zuhause ist – und gottseidank war sie es auch. Ich zeigte ihr meine Wunden und wurde gleich fachmännisch versorgt. Essen kochte sie dann auch noch =)

Naja, ich ruh erstmal meine Hand aus, brauch ich ja um die Kamera zu bedienen. Ich hab dann im Restaurant angerufen und erklärt, warum ich noch nicht da bin. Mein Chef musste erst lachen, war dann aber sichtlich enttäuscht, dass heute einer weniger im Team ist, und morgen evtl auch. Heute rief ich dann nochmal an, entschuldigte mich fünfmal, dass ich heute mal keine Wurst und kein Bier verteilen kann und er zeigte Verständnis.

Zwar Schade um das Geld, dass ich an den Tagen nicht verdienen (was ich am Ende des Monats auch bitter merken werde), doch so kann ich auch ein bisschen Kram am Computer machen, fällige Fotos bearbeiten und Texte schreiben.

Japanische Nazis und andere Idioten

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Quelle: SI-Games.de (die japanische Kriegsflagge, ein beliebtes Symbol japanischer Nationalisten)

Ich hatte gehofft, ein anderer deutscher Blog bringt was drüber, sodass ich mich mit den wenigen Informationen, die ich habe, nicht dransetzen muss. Aber ich möchte schon darüber erzählen. Von daher trage ich mal alles zusammen, was ich in diesem Jahr zur Yamanote-Halloween-Party, und den dazugehörigen fremdenfeindlichen Demonstrationen zu sagen habe.

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Quelle: Japanprobe.com

Die Yamanote Halloween Party ist eine jährliche inoffizielle Feier zu Halloween, bei der sich, meist betrunkene, Ausländer bzw. Westler in Kostümen zusammenfinden, um die Yamanote Linie zu stürmen.
Die Yamanote Line führt einmal rund um Tokyo, was sie zu einer der wichtigsten Transportverbindungen in dieser Metropole macht. Sie ist durchaus zu verglichen mit Berlins Ringbahn, wobei die Yamanote Line natürlich sehr viel größer ist und pro Tag über 3,6 Millionen Passagiere beförderte – also alle Einwohner von Berlin pro Tag.

Die Linie verbindet die wichtigsten Zentren der Stadt und keiner kommt wirlich daran vorbei, damit zu fahren. So auch diesen Samstag, als die Halloween-Party von diesem Jahr in den Zügen stattfand.

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=zOaSfSa_g-I&hl=de&fs=1&]

Da diese Party wie gesagt jedes Jahr stattfindet, ist das für die Polizei und Zugpersonal keine wirkliche Überaschung mehr. Doch Manner-Postern zum Trotz, halten sich die Gaijins nicht dran.

heim

Die Motivation für diese Feier ist ganz unterschiedlich. Einige sehen das als Gelegenheit, sich bei den Japanern “zu rächen” oder all dem Stress der täglichen Bahnfahrten ein Ventil zu geben. Andere sehen darin wirklich nur eine Party und Spaß.
Nur die Japaner, die im Zug angepöbelt werden, die sehen das nicht als Spaß.
Verständlich.

Als ich das Video gesehen habe, musste ich an Berlin. Solche Szenen im Zug, ohne Kostüme, haben wir da an einem jeden Samstag. Für mich Westler ist das also relativ normal – so wie das für die feiernde Meute im Zug relativ normal gewesen sein wird.

Ich hab einer Japanerin davon erzählt, und sie hatte das Uchi-Soto Konzept erklärt:

So viel ich gelesen habe, sind die Japaner empört, weil man den Zug als “öffentlichen Raum” betrachtet. Hast du schon mal den Begriff “Uchi” (innen) und “Soto” (außen) gehört? Japaner halten diese zwei Welten ziemlich streng auseinander und dies ist gewissermaßen eine unausgesprochene soziale Regel. Uchi ist sozusagen Privatsphäre, wo man sich (fast) alles erlauben darf, und Soto die Späre der Gemeinschaft mit anderen, wo gewisse soziale Zwänge herrschen. Denn wie soll sonst das Zusammenleben in so einer Riesenstadt wie Tokyo mit Millionen von Menschen funktionieren? Also versucht man in der “Soto”-Welt den sozialen Idealtypus zu spielen; nicht zu nah an andere treten, höflich und freundlich (Gewissermaßen “Lass mich in Ruhe”, wenn man das von der anderen Seite sieht), wie man Japaner halt so kennt.

Auch die Cosplayer bleiben dieser Regel treu und fahren “normal” zu ihrem Treffpunkt, um sich dann zu verkleiden und in einem Ort, wo Cosplay erlaubt ist, miteinander, aber nicht unter Beteiligung anderer oder gar auf deren Kosten zu feiern.

Der Zug als öffentlicher Raum ist eindeutig “Soto” (wir sind alle gezwungen, zusammen zu fahren) und man darf dort sozusagen andere Unbeteiligten nicht belästigen. Ich weiß, es ist schwer zu verstehen und ich kann es auch nicht sehr gut beschreiben oder gar erklären, warum es so ist.

Ich muss sagen, mir fällt es nicht schwer das zu verstehen. Anderen betrunkenen Westlern vielleicht schon.

Dieses “Fest” findet nun jedes Jahr statt, und organisiert sich über das Internet, in Forum wie Gaijinpot.com. Und ebenso durch das Internet, bekamen User vom japanische Forum 2chan davon Wind.

2chan ist ein Forum für alles und jeden, jeder kann unkontrolliert Sachen posten. Das ist ein durchaus freier demokratischer Meinungsaustausch über alles und jeden, wie Computer oder Kochrezepte. Allerdings dürfen auch viele Idioten unkontrolliert Mist erzählen.
Fast jeder Japaner kennt 2chan, und wenn man sie nach einer Meinung befragt fällt die sehr oft sehr negativ. Die Leute, die dort posten, sind allgemein als Otakus, ohne Sozialleben und als merkwürdig bekannt. Keiner kann die wirklich leiden. Was die User von 2chan dazu führt, diese Frustration auf andere zu übertragen und gegen andere zu schimpfen.
Mein Mitbewohner erzählte mir zum Beispiel von Aktionen, wo sich besagte Leute in der Nähe von Fahrradtreffen aufhielten, alles mit einer Kamera filmten und zum Schluss die Polizei riefen, weil sie etwas gegen die Fixie Bike Community haben.

In einem weiteren Versuch andere zu diffamieren, haben sich nun einige 2chan User als Retter der japanischen Kultur aufgespielt, die Polizei auf diese Party hingewiesen, eine rechte Gruppe verständigt und einige User sind auch selbst aufgetaucht, um einigen feiernden Leuten mit Mord zu drohen.

So kam es nun heftigen Demonstrationen gegen Ausländer im Allgemeinen, und weniger gegen die Aktion im Zug. Mit Schildern auf denen Sätze standen wie: “WARNING! MOTHERFUCK-FOREIGNERS, THIS IS JAPAN. THIS IS NOT A WHITE COUNTRY” oder “GO TO HELL!”.

Die ganze Geschichte mit noch mehr Bildern und Hintergründen gibt es in einem guten Artikel auf Japanprobe.com zu lesen.

Petter Bellars hat in seinem flickr Account auch einige Bilder von dem Abend.

Mich hat diese sehr präsente Fremdenfeindlichkeit in Japan sehr schockiert. Bislang habe ich nur ehrliche Gastfreundschaft und Neugier von den Japaner erhalten. Es gab natürlich einige Momente, die etwas komisch waren. Zum Beispiel eine alte Frau, die mir in Nishi-Kawaguchi ein lautes “Kaeru!” entgegenschrie, was so viel bedeutet wie “Geh nach Hause!”. Oder als ich versucht habe ein Fahrrad über Telefon zu mieten. Die ersten 10 min des Gesprächs ging es auf japanisch darum, weviele Räder ich gern hätte, von wann bis wann und welche Farbe sie haben sollen. Als ich mit meinem Japanisch nicht weiterkam, fragte ich nach, ob jemand englisch sprechen kann. Es wurde dann jemand ans Telefon geholt, der mir sagte, sie haben keine Fahrräder.

Es sind auch Fälle bekannt, wo Ausländer in japanischen Gasthäusern als Gäste abgeweiesen werden. Allerdings würde ich solche Fälle nicht als “Fremdenfeindlichkeit” bezeichnen. Es ist viel mehr eine Unsicherheit der Japaner, oder die Befürchtung den Gast nicht richtig bewirten zu können, da sie kein englisch können. Oder dass der Gast die japanische Gepflogenheiten eines Gasthauses nicht kennt und sich vlt den anderen Gästen gegenüber unhöflich verhält.

Doch die Aktion am Wochenende war eindeutig fremdenfeindlich. Die Japanerin, der ich das erzählte, war auch ziemlich schockiert, und meinte dazu:

Jedenfalls waren die Gegner des Halloween eindeutig rechts gesinnt, denn auch in “Soto” muss man eine gute Portion Toleranz zeigen – man weiß doch, dass es Halloween ist. Aber das Netz als Kommunikations- und Informationsmedium hat auch dazu beigetragen, dass es dieses Jahr soweit gekommen ist. Die Gegner haben sich per Internet verständigt, um Gegendemonstration zu veranstalten. Diese Protestakt der japanischen Gruppe wird von der Mehrheit der Japaner als “intolerant und beschämend” bezeichnet – zu recht. Aber ich kann mir auch vorstellen, dass viele Japaner das Verhalten der Ausländer auf dem Bahnsteig oder im Zug als nicht als vereinbar oder konform mit der “Soto”-Regel empfinden. Die meisten sind da tolerant und solange sie nicht persönlich belästigt fühlen, lassen sie die anderen feiern. Manche sehen darin die Grenzüberschreitung nach außen, eine Regelverletzung – und wollten sich angeblich “dagegen wehren” – aber es waren falsche Personen mit falschen Parolen, wie man weiß, die aufliefen. Das ist ein schwieriges Thema.

Das stimmt. Und Nazis und andere Idioten findet man überall. Ob in Berlin, in den USA oder eben hier in Japan. Ich persönlich bin ein großer Fan der freien Meinungsäußerung – auch wenn das manchmal bedeutet, dass so ein Bullshit gelabert wird.

Doch wie auch in Deutschland bei jeder NPD Demonstration mindestens 3 Gegendemonstrationen stattfinden, so gibt es zum Glück auch hier Menschen, die dieses Verhalten verurteilen.

Dreistigkeit

TKK – Symbolfoto

Das Internet ist ein rechtsfreier Raum, meint man. Nur für 5% der heruntergeladenen MP3s wurde gezahlt, der Rest ist illegal geflossen.
Bei Fotos gibt auch einen regelmäßigen Bilder-Klau im Netz, bei dem man als Fotograf schon arg auf der Hut sein muss, um nicht allzusehr verarscht zu werden.

Wie viele andere Fotografen bin auch ich in einigen Onlinecommunities, um meine Bilder zu zeigen, Kritk zu hören und mit anderen (jungen) Fotografen zu reden, Erfahrungen auszutauschen, Ideen zu entwickeln.

Eine Plattform die ich dabei besonders schätze, ist jugendfotos.de. Jugendfotos.de ist eine Plattform der Jugendpresse Deutschland, die zum Ziel hat, Bilder für Jugendmedien und Jugendprojekte kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Um die Bilder zu sehen, muss man sich anmelden. Im Gegensatz zu flickr oder der vor Klugscheissern wimmelnden fotocommunity ist jugendfotos.de nicht öffentlich, man muss sich vorher anmelden. Doch auch diese Hürde schützt nicht vor Dreistigkeit.

Um ein Bild runterladen zu können, muss man eine Begründung und seinen Namen angeben. So erreichte mich jetzt dies hier:

Hallo Fitz! Dein Name wird im Impressum erscheinen. Das Foto wird spätestens am 25.09.09 live sein. Viele Grüße, die TK-Logo-Redaktion

…und zwar zum Bild ‘Sehnsucht’, was mit bei einem Shooting mit S. entstand, und ich persönlich sehr mag, weil es für mich viel erzählt:

Ich freue mich wenn meine Bilder gesehen werden, eine Schülerzeitung damit ihre Artikel bebildern kann oder wenn ich Kritik dazu höre. Aber ich freue mich nicht, wenn eine Krankenkasse damit pseudo-redaktionelle Inhalte in ihrem TK-Logo Magazin füllt, um auf TKK Angebote hinzuweisen

Und am Ende vom Beitrag:

Ich arbeite als Fotograf. Damit verdiene ich meine Miete und mein Essen. Die TKK tut das, indem sie Versicherungen verkauft. Doch wenn sie nun mehr verkauft, weil sie sich Bilder kostenlos aus dem Internet holt um ihre Angebote zu bewerben, gehen die eigentlichen Urheber leer aus.

Vielleicht ist das auch Kalkül, um die durch Mangelernährung erkrankten Künstler dann als Kunden zur TKK locken zu können. Doch besonders dreist find ich auch zwei Zeilen, die sich tief im Impressum verstecken:

Hinweis: Trotz intensiver Recherche konnten die Urheber einiger Fotos nicht ermittelt werden. Sollten Sie Urheber dieser Fotos sein, bitten wir Sie um Kontaktaufnahme.

Klartext: Wir nehmen dein Bild erstmal und benutzen es. Solltest du es nicht durch Zufall finden und uns Bescheid sagen, ist das nicht unser Problem.

Und wie intensiv kann diese Recherche sein, wenn sich der Urheber nicht finden lässt? Heutzutage steht der immer daneben, dadrunter oder ist verlinkt. Es sei denn man war so dreist wie die TK-Logo. Dann klaut dreist von dreist, und es wird immer frecher.

Ich hatte Ihnen nun eine Email geschickt und erwarte, dass sie mein Bild innerhalb von einer Woche entfernen, sonst werde ich rechtliche Schritte einleiten.
TK-Logo ist bei jugendfotos.de nicht unbekannt, ich bin nicht der erste der sich über diese Dreistigkeit beschwert und den Anwalt einschalten will.

Auch wenn es natürlich sehr viel krassere Fälle im Netz gibt, so bleiben diese Methoden schon recht frech.

Nachtrag: Ich hab inzwischen Antwort von TK-Logo bekommen, das Bild wurde entfernt. Hoffe auch andere Fotografen bleiben so aufmerksam, und passen auf, was mit ihren Bildern passiert