Fritze hier und anderswo Sonderedition: Fritze vor der Kamera

Es ist nicht lange her, da wurde ein kurzer Film über mich als Fotograf gedreht. Ich nutze die Gelegenheit mal um zu sammeln, wo ich überall schon vor der Kamera rumgehopst bin. Selbstdarstellung Galore.

Hier in meinem Blog kann ich mich ja darstellen, wie ich will. Ich bin Redaktion und Verlag in einer Person. Ich kann filtern, was ich nicht über mich publizieren will und ich kann beschönigen, was mir nicht gefällt. Wenn jemand mit mir ein Interview führt, hab ich da weniger die Kontrolle darüber.

Mein erstes Interview gab ich mit 10 Jahren.
Ein “Journalist” vom Boulevard-Blättchen Berliner Kurier kam eines Tages an unsere Grundschule und wollte ein paar Stimmen von Kindern zu den Herbstferien einholen. Das war auch gleich meine erste Lektion in Medienverständnis, denn zum einen hat der Schreiberling im Text dann relativ viel frei erfunden, zum anderen hat er auch keinerleri Erlaubnis für die Gespräche gehabt. Für das abgedruckte Foto von uns Schülern hätte er das Einverständnis unserer Eltern gebraucht (das er nicht erfragte), und auf das Gelände der Schule hätte er ohne das Okay der Schulleitung auch nicht gedurft. Trotzdem war es am nächsten Tag abgedruckt. Ich hatte ihm erzählt, dass ich in den Herbstferien Laub geharkt und für jeden Haufen Laub eine Mark bekommen hatte. Er legte mir daraufhin in den Mund, dass ich extra “viele kleine Häufchen gemacht habe” um mehr Geld zu bekommen. Das ich gerne viele kleine Häufchen mache, musste ich mir dann in der folgenden Woche oft von meinen Mitschülern anhören.

Danach hielt ich eher Abstand von den Medien, bis ich selbst ein Teil von ihnen wurde. Von da an kamen auch mehr Interviewanfragen rein, durch Kontakte und Kollegen. Die meisten entstanden im Rahmen von Projekten, die ich betreute. Allen voran das Filmfest.

2006 gründete ich ein Kurzfilmfest für junge Regisseure bis 21 in Berlin. Ich fing damals mit Film an und bekam schnell Kontakt zu anderen jungen Filmemachern. Es gab kein Filmfestival für junge Regisseure zu dieser Zeit, also machte ich eins auf. Es begann in der Aula unserer Schule und zog dann in das altehrwürdige Kino Babylon in Berlin-Mitte. Das war alles ein sehr aufregendes Kapitel meines Lebens, welches ich aber ein anderes mal in aller Ausführlichkeit erzähle.
Jedenfalls kam dann jemand aus dem Jugend-Ressort der Berliner Zeitung vorbei und machte ein Interview mit mir zum Filmfest.

Bei der Gelegenheit fragte ich sie gleich mal, ob sie noch neue Schreiber brauchen. Keine Woche später ging ich zur Redaktion und bin dort bis heute.

So war das Interview dort im nächsten Jahr des Filmfestes schon gesicherte Sache. Vermittelt vom Babylon gelangte ich auch ans Berliner Fenster, die ein knapp zehnminütiges Interview mit mir für deren Online-Seite machten. Das Interview als Webcast war bis vor einigen Monaten noch online. Nach dem Filmfest boten sie mir auch einen Job an, den ich sehr gern gemacht habe. Auch heute habe ich noch gute Kontakte zum Berliner Fenster.

Ich schrieb auch der RBB Rundfunkanstalt einen Brief. Ja, einen Brief, und keine Email. Es funktionierte und sie reagierten auf die Post. Am Tag des Filmfestes kam ich dann ins Kino und dort standen dann zwei Kleinlaster vom RBB und elf erwachsene Menschen, die mich erwartungsvoll anblickten. Das Resultat war ein Live-Bericht (!) vom Filmfest.

Ich hab mir den Beitrag bis heute nicht anschauen können. Ich finds schwierig mich auf Film selbst zu sehen und zu hören. Vorallem wenn ich so haarig bin wie hier…

Am RBB hing aber noch ein Rattenschwanz von Medien dran. Noch am selben Tag des Live-Berichts bekam ich Anrufe von zwei Radiosendern, die ein paar Fragen beantwortet haben wollten und das Filmfest zum ‘Tipp des Tages’ machten. Diese geballte Medien-Offensive war dann auch erstmal etwas zu viel und ich brauchte lange um es zu verdauen.

Dieses Filmfest sollte auch mein letztes sein. Ich wendete mich Japan und dem Bildband zu. Eins der ersten Interviews zu dem Thema Bildband war für du-machst.de, ein inzwischen nicht mehr existierende Plattform für junge Journalisten. Der Kollege, der mich damals interviewte, war auch Hobby-Fotograf und investierte mehr Zeit darin mir seine Fotos zu zeigen und meine Kritik zu hören, als Fragen zu stellen. So oder so, äußerte ich mich noch recht naiv und teilweise etwas arrogant…

Vor Japan trat ich noch mal in zwei Videoproduktionen meines Bruders auf. Die eine war vom Anfang 2008 und ging um junge Mode-Labels in Berlin. Seitdem habe ich auch die Mütze, die ich im RBB und du-machst.de-Beitrag trage. Vor Japan war ich dann auch Experte für Gameboy-Spiele für einen Beitrag, den mein Bruder für Nintendo machte. Bin ich vermutlich sogar tatsächlich, da ich Gameboy-Spiele sammle. Ich habe über 40 Raritäten aus zwei Jahrzehnten, die meisten noch in Schwarz-Weiss. Darunter natürlich auch die Gameboy-Kamera, mit ihrer Auflösung von 160×140 Pixeln in vier verschiedenen Grautönen.
(Ich hatte den Beitrag mal einer japanischen Freundin gezeigt und die war ganz erstaunt einen Nicht-Japaner zu sehen, der Gameboy spielt 😉 )

(Man beachte, dass ich inzwischen noch viel, viel haariger geworden bin)

Doch dann kam Japan (und ein Besuch beim Frisör). Währenddessen und nach Japan wurde ich auch von verschiedenen Seiten interviewt und habe in der Berliner Zeitung meine Erfahrungen resümiert. In Japan selbst wurde ich nur von dem Magazin Fukuoka No! interviewt, zum Thema Atombombenabwurf. Und für ein zum Scheitern verurteiltes Filmprojekt.

Dann wurde es längere Zeit still. Bis dann eine Leserin meines Blogs mir eine Email schrieb. Sie ist Studentin an einer Film-Hochschule und soll ein Portrait über jemanden drehen – und da dachte sie an mich. Das Video entstand im Dezember 2010/Januar 2011 und ist damit wohl das aktuellste und unhaarigste Interview in dieser Sammlung.

(“Komm Fritz, fotografier mal irgendwas” <- erklärt vielleicht warum ich über Gefühle und Geschichten rede, dann aber ne Taube ins Bild kommt)

Was kann man nach so vielen Haaren und Haarspalterei von mir vor der Kamera sagen? In meiner Zeit vor Japan hatte ich immer diesen Drang vor die Kamera zu kommen um etwas zu sagen – weil ich der festen Überzeugung war, ich hätte etwas wichtiges zu sagen. Dieser Selbstgeltungsdrang ist mir in Japan ausgetrieben worden. Zum Einen wurde mir klar, dass die Welt viel größer als Berlin ist, und auch wenn ich hier ein, zwei Projekte angeschoben habe, so passieren doch in der Welt viel relevantere Sachen. Zum Anderen stellte ich durch die vielen Geschichen, die ich Japan machte, fest, dass es viel mehr Leute gibt, die viel mehr interessantes und relevantes zu erzählen haben, als ich.

Ich bin ganz froh in Japan etwas Demut und Bescheidenheit gelernt zu haben. Manchmal frage ich mich dann aber doch, ob es nicht vielleicht doch angebracht wäre, etwas laut zu werden. Vorallem in dieser Branche und in Berlin wird immer der gehört, der am lautesten schreit wie toll er sich findet. Geschmierte Ellbogen und ein präsentes Selbstbewusstsein sind hier wichtig. In Japan schien es mir mehr die Qualität der eigenen Arbeit zu sein, die überzeugte. In Berlin scheint wohl mehr Schein als Sein zu sein.

2 thoughts on “Fritze hier und anderswo Sonderedition: Fritze vor der Kamera”

  1. Interessant! Ich habe auch das Gefühl in Japan Demut und Bescheidenheit gelernt zu haben, obwohl ich nicht groß gearbeitet habe.Sei vorsichtig! Seit ich wieder in Deutschland bin kehrt die alte Arroganz zurück 🙁

  2. Dein “Überblick” gefällt mir! ^^
    Das mit der etwas ausartenden Kreativität von Journalisten kommt
    mir auch sehr bekannt vor! – Nach einem Interview hatte meine
    Familie einmal gleich ein Auto angedichtet bekommen, obwohl wir
    noch nie eines besaßen, u.ä.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *