“Man muss das Auto vor der Straße retten!”

Das 1. Semester ist vorbei. Zeit für für einen Rückblick auf die Themen, die ich für die Uni produziert habe.Folge 4

“Es gibt wohl keine deutsche Stadt, die so gut dokumentiert ist wie Hannover!” Das sagte mal ein Kommilitone in die Runde und bezog sich dabei auf die Wiederholung der Themen, die wir fotografieren müssen. Seit zehn Jahren gibt es diesen Studiengang erst, und ob es tatsächlich seit zehn Jahren auch immer die selben Themen sind, das kann ich nicht sagen. Nur waren sie definitiv im Jahr zuvor die gleichen. Da wir nun auch ganze 50 Leute im Semester sind, wird die Liste der möglichen Geschichten noch dünner. Mehr als einmal kommt es vor, dass angefragte Stellen abwinken und meinen, es sei schon mal einer von uns da gewesen.

Natürlich schult das auch den Sinn für den Wettbewerb. Wie kann ich ein Thema neu erzählen? Welchen Ansatz gab es noch nicht? Schließlich können wir im Beruf nicht immer das selbe abliefern wie unsere Kollegen vorher.
Beim Thema Auto wurde es aber richtig dünn.
Jede zweite Geschichte war ein Autowerkstatt und selten gab es mal einen komplett neuen Ansatz. Nachdem ich lange kein Thema und viele Absagen bekommen hatte, erhielt ich noch in letzter Minute die Zusage von einem Oldtimer-Sammler – und selbst der hatte eine Werkstatt bei sich.

Nostalgie mit Rädern
Der rote Lack des Cadillac leuchtete dem grauen Himmel entgegen als der Wagen in ganzer Länge vor den Bahnof fuhr. Auf den weissen Ledersitzen saß sein Besitzer, der mich einlud einzusteigen. Frank Eule ist Mitte 50 und sammelt, restauriert und vermietet Oldtimer. Früher alte Wagen von Mercedes, heut vermehrt amerikanische Sportautos. In seinem Besitz befinden sich ein klassischer Benz aus den 40ern und das ehemalige Dienstfahrzeug vom Vorstand von Thyssen Krupp. Er sagt, man muss die Autos vor der Straße schützen, denn mit jedem weiteren gefahrenen Kilometer verliert ein Oldtimer an Wert. Die Zahl der fahrtüchtigen Oldtimer sinkt jedes Jahr und der Wert der intakten Karossen steigt. In Frank Eules Besitz befinden sich Wagen, von denen es auf Europas Straßen nur noch sehr wenige gibt. Ein Museum für Vierzylinder.

Sein Showroom ist eine wilde Ansammlung von Spielzeug, Nostalgie und Technik. Sicherlich mein visuellstes Thema bis dahin, ich konnte mit vielen Objekten arbeiten. Zum Vergleich: Bei ‘Musik’ hatte ich nur die Sängerin. Da konnte ich nur mit ihr und den Hintergründen Bilder komponieren. Das Instrument einer Sängerin ist nun mal ihr Mund, da war es nicht leicht die Musik zu visualisieren. Und schonmal versucht, einen Menschen beim Singen zu fotografieren? Das sieht meistens eher nach einer Untersuchung beim Zahnarzt aus. Und jetzt den Mund bitte schön weit aufmachen.
Bei der Arbeit zum Thema Musik konzentrierte ich mich auf die wenigen Elemente, die zur Verfügung standen. Für ‘Auto’ gab es hingegen eine große Auswahl von grafischen Objekten – und darauf habe ich mich zu sehr verlassen. Ich hatte zwar ein gutes Gefühl bei der Serie, doch vom Dozenten gabs dann auf den Deckel.

Kritik am Cadillac
Wie bereits erwähnt, der Ton vom Dozenten in Kurzzeitreportage ist derbe und direkt. Wenn man ein Thema verkackt hat, merkt man das recht schnell. Ich musste mir einiges anhören lassen, doch die Kritik stimmte absolut. Das ich zum Beispiel kein Bild von einem fahrenden Auto habe, drückt die Qualität der Serie enorm.

Das Spannendste an dem Dozenten ist seine Leidenschaft für die Fotografie. Selbst wenn an der Wand gurkige Bilder hängen, er kann sich noch in das Thema hineinsteigern und passioniert Hinweise und Tipps geben. Doch diese Passion schwingt in beide Richtungen – verärgert man ihn, kriegt man das deutlich zu spüren.
Ich persönlich habe kein Gefühl und Interesse für Autos. Weil ich das einmal zu oft signalisierte, durfte ich mir gleich einen Vortrag anhören lassen, an dessen Ende der Dozent meine Sexualität in Frage stellte.

Trotz aller Härte: manchmal merkt man ihm etwas fürsorgliches an. Er ist streng mit uns, weil er will, dass wir besser werden. Für unsere fachbezogenen Fragen hat er ein offenes Ohr und er verfolgt das Werken und Schaffen der Studenten auch über den reinen Uni-Alltag hinaus. Er hat den Studiengang gegründet und man merkt, dass er etwas vermitteln will – das Handwerk und den harten Ton der Branche.

Über die Kritik an der Serie zum Oldtimer-Sammler habe ich lange nachgedacht. Sie zu bekommen war auch erstmal nicht einfach und musste verdaut werden – gerade weil ich mir so vermeintlich sicher war. Doch schon für die nächste Serie gabs dann etwas Lob.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *