analog – Koenji Obon Odori


Ich hab jetzt einen Film vom Entwickler abgeholt, den ich vor einem Jahr beim Bon Odori in Keonji geschossen hatte. Die digitalen Bilder damals hatte ich schon vor einem Jahr in einem umfangreichen Eintrag dazu verbloggt.

Ich bin immer ganz begeistert, wenn ich mir Negative and Abzüge von analogen Film anschauen. Ich bin ja direkt mit der digitalen Technik aufgewachsen, d.h. Belichtungsautomatik, Auto-Fokus und andere Annehmlichkeiten, die das Fotografieren einfacher machen. Bei meiner analogen Kamera, die ich mal für 6,34€ bei ebay gekauft habe, habe ich das alles nicht. Nur ein Objektiv, ein Gehäuse, der Rest ist alles Handarbeit. Dementsprechend denk ich beim Fotografieren auch immer Ohmeingottwasistwenndaslichtnichtstimmtunderderfokusund…!!! Kommt es dann aber richtig belichtet und scharf raus, freut es mich umso mehr.

Mehr noch: Auf eine Rolle 35mm Film zu schauen, ist wie kleine Ausschnitte von Leben zu sehen, das einmal tatsächlich so stattfand. Das klingt absurd, aber bei digitalen Bildern hat man doch oft so das Gefühl, man muss nur ein paar Pixel umher schieben und schon ist das Bild anders. Doch auf der Rolle Film sieht es so aus, wie es in dem Moment stattfand. Dass der Film vor einem Jahr geschossen wurde, lässt es noch mehr wie kleine 35mm große Fenster in die Vergangenheit wirken.

Als ich bei dem Festival letztes Jahr war, ging mir nach einer Weile der Speicherplatz in meiner digitalen Kamera aus. Ich griff also zu meiner Filmkamera, die jedoch auch bald voll war und ich hatte keinen Ersatzfilm dabei. Der Redakteur vom metropolis magazine, mit dem ich dort war, gab mir allerdings einen. Das war ein 1600 ISO Film, ein teures Ding, ausgerichtet für Fotografieren in schlechten Lichtsituationen. Was dann am Ende auf dem Film war, war heller als in Natura. Bei der Dunkelheit dort hatte ich auch Schwierigkeiten zu Fokussieren, was auch immer ein paar Momente brauchte. Manchmal ist mir der Fokus auch verrutscht, was aber auch andere Details zu Tage brachte. Wie gesagt, Fenster voller Leben in die Vergangenheit – man entdeckt immer wieder was Neues.


Der Redakteur, der mir den Film gab. Komischer aber netter Typ

Ich werd heut noch fünf weitere Filme abholen, die ich gestern abgegeben habe. Davon drei in schwarz/weiss und zwei in Farbe, alle geschossen über einem Zeitraum von einem Jahr in Japan. Ich werd die dann wie diese hier vom Negativ scannen, da mir derzeit das Geld für Abzüge fehlt…

365 Tage in 35mm

Die ersten Tage: (schwarz/weiß) Die große Stadt ohne Farbe
Die erste Woche: (farbe) Die ganze Welt in Farbe
Die zweite Woche: (farbe) Insel-Edition
Nach der zweiten Woche: (schwarz/weiß) dunkle Wolken über Japan
August: (farbe) Koenji Obon Odori
Dezember bis Mai: (schwarz/weiß) kalt bis warm
Mai: (schwarz/weiß) Hiroshima / Kaminoseki / Iwaishima

analog – Ausflug zur Großmutter

Eine Woche nach meiner Landung bin ich mit meinen Eltern zu meiner Großmutter nach Sachsen gefahren. Ich hatte nur meine analoge Kamera mit einem Schwarz/Weiss Film drin, den ich gestern vom Entwickler abgeholt habe. Tokyo hat ja einige Vorzüge gegenüber Berlin, aber die Fotoentwickler hier sind eindeutig besser (und billiger!). Ich bin sehr zufrieden mit den Ergebnissen. Zudem sind es meine ersten Fotos nach meiner Landung, dementsprechend habe ich auch fetsgehalten, was wieder neu und interessant für mich in der alten Heimat war.

Meine Großmutter. Ihren 84. Geburtstag habe ich leider verpasst, da ich in Japan war, doch sie ist immer noch recht rüstig und gesund. Dass ich nach Japan ging, wo nach ihrer Ansicht die Wilden hausen, fand sie zwar nicht so schön, zeigte aber, wie für alles was ich mache und sogar für mein langes Haar, Verständnis. Das gibts in dieser Familie nicht häufig.


Ein Bild vom Flughafen Haneda in Tokyo war auch noch drauf, unten leider überbelichtet, muss beim Reinlegen passiert sein.


In einer Wohnsiedlung für Senioren (kein Seniorenheim) wohnt meinte Oma, ihr Zimmer ist das, mit den Pflanzen davor. Seit über 20 Jahren wohnt sie nun schon hier, inzwischen ist sie die letzte Überlebende im Gang, viele Nachbarn, geliebt oder nicht, hat sie schon verabschiedet.


Erst letzten Monat hat sich ihre Nachbarin, hinter der Tür in der Mitte, verabschiedet. Ihr Zeitungs-Abo lief noch weiter. Meine Oma nahm sich dann der Ausgaben an. Das ist einer eher pragmatische Art damit umzugehen, das ringsherum der Tod existiert.

Im September diesen Jahres zieht meine Oma um, quer über den Hof in eine neue Wohnung, da die alte saniert wird. Auch wenn sie über 20 Jahre hier lebte, sonderlich vermissen wird sie die Wohnung nicht.


Wenn wir meine Großmutter besuchen, fahren wir auch immer zum Familiengrab. Ob und wie ich mit denen, die dort liegen, verwandt bin, habe ich bis heut nicht verstanden. Als wir die Pflanzen auf dem Grab gießen kommt eine andere ältere Dame auf uns zu. Sie ist nun jeden Tag hier, seit ihr Sohn verstorben ist. Er erhielt die Diagnose Krebs und ein Jahr später wars vorbei. Die Dame kümmert sich auch um das Grab, das von meiner Oma gepflegt wurde. Das und die Geschichte von ihrem Sohn rührte meine Oma zu stillen Tränen.


Bei diesem Friedhofsbesuch erschien alles recht übersichtlich. Die Pachtverträge einiger Gräber sind ausgelaufen oder die letzten Verwandten sind verstorben. Grab und Grabstein werden dann entfernt und oberflächlich abgetragen. Drunter ist eh nur noch Erde und Staub.


Der Friedhof lag auf einem alten Gestüt mit kleinen Schloss und vielen Freiflächen für Pferde und Kühe, die das Treiben gegenüber friedlich beobachteten.


Wir fuhren dann noch etwas raus, ins endlose Grün der Felder. Nach einem Jahr in der Betonwüste Tokyo kannte ich das garnichtmehr, so weit zu gucken ohne irgendetwas künstliches zu sehen.


Meine kleine Oma staunte auch weit.


Und riesige Windräder, die die Landschaft dominieren und doch von jedem als normal empfunden werden. Japaner würden wahrscheinlich sehr staunen…


…ebenso auch über die weiten Getreidefelder.


Insgesamt war sie wieder recht froh, dass ich wieder da bin. Im Hintergrund ist übrigens ein Flachbildfernseher, der garnicht in das alte Ambiente passen will. Doch was soll man machen, ihr alter ging kaputt und heutzutage werden nur noch solche verkauft. Mit Sentimentalität kommt man da nicht weiter.

analog – Hiroshima / Kaminoseki / Iwaishima

Angler auf Iwaishima

Ich fotografiere ab und an auch mit einer alten analogen Kamera, allerdings niemals für Aufträge. In meiner Zeit in Japan habe ich so bereits mehrere Rollen Film vollgekriegt, die ich allerdings erst in Deutschland entwickeln werde. Die Bilder von der Reise nach Hiroshima wollte ich allerdings schon früher haben und ging zu Yodabashi. Mit der Qualität und dem Preis/Leistungs-Verhältnis bin ich allerdings absolut unzufrieden, obwohl mir gesagt wurde, dass Yodabashi schon die beste Adresse ist. Aber für umgerechnet 18€ nur kleine Abzüge und miese Scans halte ich für absolut mistig. In Berlin krieg ich für die Hälfte des Geldes eine ordentliche Entwicklung + Abzüge + Scans vom Negativ.

Ich hab mit Photoshop jetzt noch was gemacht, sofern es ging. Ich will garnicht soviel zur Reise erzählen, es sollen nur Impressionen und Notizen sein.


Alte traditionelle japanischen Glühbirnen / auf Miyajima


Eine Gasse auf Iwaishima, eine Insel mit 500 Bewohnern von denen 3/4 der Bewohner über 70 sind. Die Wege sind verwinkelt und recht alt, die Steinmauern sind charakteristisch für die Insel und die dortige Bauweise


Hafen von Iwaishima, im Hintergrund die Inseln der Seto-Inland See. Auf Iwaishima gibt es kein Geschäft, das Fisch verkauft. Es gibt so viele Fische rund um die Insel, dass jeder sich einfach welche Angeln kann. Die Insel lebt vom Fischfang


Biwa-Farmer Yamato beim Zubereiten einer lokalen Spezialität im hauseigenen Ofen – Seegras


Die Schule von Iwaishima, wegen Kindermangel geschlossen, nun verrottet sie hoch auf dem Berg mit einem Ausblick über die kinderlose Insel


Aussicht vom Schulhof I


Aussicht vom Schulhof II


Statue auf dem Schulhof


Wenn jemand auf Iwaishima stirbt und keine Angehörige mehr hat, bleiben die Häuser leer und fallen beim nächsten Taifun in sich zusammen. Es gibt sehr viele leere Häuser auf Iwaishima.


In Kaminoseki übernachteten wir zwei Nächte lang in einem Haus von einem Interviewpartner. Es war ein altes, japanische Holzhaus, die Toilette war ein Loch im Boden mit Deckel. Ein strenger Geruch breitete sich durch das ganze Haus aus, insbesondere durch die Küche, die neben dem Klo lag.


Es gab Futons und Platz für ca. 15 Personen, doch wir waren die Einzigen im gesamten Haus, da der Besitzer auf Iwaishima lebt.


Das Haus wurde eher als Büro und Zentrale für politische Kampagnen genutzt. Überall stapelten sich Pamphlete, Plakate und Protestschriften, für verschiedene Ziele


meine Begleiterin


die Burg von Hiroshima, komplett niedergebrannt nach der Bombe, mit Spenden aus ganz Japan wieder aufgebaut


Burg-Gelände


An unserem letzten Tag in Hiroshima fand das “Flower Festival” statt, ein großes Volksfest mit ca. 3 Millionen Besuchern. Zum Anlass wurden auch große Origami-Kraniche, eine Symbol für Hiroshima und die Leiden seiner Bewohner, auf den Fluß gesetzt und nachts erleuchtet


das Mädchen mit dem Hut ist Natsumi. Sie jubelte und tanzte zu der Musik, die auf der anderen Seite des Flusses spielte. Ein sehr aufgewecktes und lebensfrohes Mädchen, wir teilten unser Okonomiyaki mit ihr. Sie freute sich sehr.

Im Hintergrund ist die Brücke zu sehen, die ursprünglich das Ziel für die Bombe sein sollte. Das Ziel wurde verfehlt und die Bombe detonierte 500m weiter weg, direkt über einem Krankenhaus. Alle Patienten, Ärzte, sowie alles Weitere in einem 1km Radius verschwanden in einem Bruchteil einer Sekunde. Nicht einmal mehr Staub blieb von den Menschen übrig.

365 Tage in 35mm

Die ersten Tage: (schwarz/weiß) Die große Stadt ohne Farbe
Die erste Woche: (farbe) Die ganze Welt in Farbe
Die zweite Woche: (farbe) Insel-Edition
Nach der zweiten Woche: (schwarz/weiß) dunkle Wolken über Japan
August: (farbe) Koenji Obon Odori
Dezember bis Mai: (schwarz/weiß) kalt bis warm
Mai: (schwarz/weiß) Hiroshima / Kaminoseki / Iwaishima