Wie ich dem Dalai Lama die Hand geschüttelt habe

Der Dalai Lama war für neun Tage in Tokyo und besuchte auch den Foreign Correspondent Club. Ich war auch dabei und saß 2 Meter von ihm entfernt.

Ich glaube den Unterschied von meinen Leben als Fotograf in Berlin, und meinem Leben als Fotograf in Japan lässt sich sehr gut anhand der Person des Dalai Lama verdeutlichen:

In Berlin sah ich ihn auf einer Kundgebung im Oktober 2008, also vor fast genau einem Jahr. Allerdings aus dem Publikum heraus, mit 100m Distanz und einem unwahrscheinlich schlecht platzierten Laternenpfahl, der wortwörtlich jedem guten Foto im Weg stand. So blieb mir nur die Zuschauer zu fotografieren, wie dieses Kind, das ihre Heiligkeit den Dalai Lama anscheinend zum Fressen gern hat:

zum fressen gern

Letzte Woche traf ich ihn nun in Tokyo, schüttelte seine Hand und wurde mehrmals direkt von ihm angeschaut. Einer weltpolitischen Figur innerhalb von einem Jahr so nahe zu kommen ist ein großer Schritt.

Es war nun mehr Andrang an Journalisten bzw. interessierten Leuten, als bei meinem letzten Besuch im Foreign Correspondent Club. Diesmal hatte ich jedoch eine meishi dabei (die ich in einer Nacht und Nebel-Aktion und mit der Hilfe von vielen Japanern, einer Deutschen und einem Schweizer tatsächlich auch in der Nacht zuvor in der letzten Minute habe drucken lassen), sodass mir nun eine ewige Diskussion zu Anfang erspart geblieben ist.

Der Raum füllte sich schnell mit gespannten Gästen. Auch ich wahr sehr angespannt an dem Morgen, viel mehr noch: konzentriert. Ich wollte unbedingt gute Fotos von dieser einmaligen Gelegenheit machen und dem Dalai Lama auch gerne eine Frage stellen. Ich lag die halbe Nacht wach, bis mir dann die richtige Frage einfiel.

Vor Ort wartete dann der gefüllte Saal auf ihre Heiligkeit. Die Hälse reckten sich alle in Richtung Eingang hin.

Als dann das Spotlight anging, ging das Blitzlichtgewitter los:

Es wurde alles gezückt, was auch nur irgendwie mit Pixeln diesen Moment, diesen Menschen und diese Atmosphäre einfangen konnte:

Da die besten Plätze schon belegt waren, pickte ich einfach etwas weit vorne mit ner guten Sichtachse. Ich hätte nicht besser wählen können.

Ihre Heiligkeit, bzw. viel mehr noch sein dicker Bodyguard (kein Mönch) wählte nämlich den Gang neben unserem Tisch als Weg zum Podium. Zudem saßen am selben Tisch noch weitere deutsche Journalisten und hinter uns chinesische Journalisten, mit denen sich der Dalai Lama im Laufe des Treffens noch verbal anlegte, doch dazu später mehr.

Er schritt durch die Reihe der Journalisten wie durch eine Reihe Gläubige, streckte allen die Hand aus und alle nahmen diese Geste dankend entgegen.

Dieses Foto verdeutlicht das sehr gut, finde ich. Zudem bilden die Scheinwerfer auch eine Art heilige Aura um ihn.

Kurz nach dem Foto kam er auch bei mir vorbei und blieb kurz stehen. Ich legte die Kamera beiseite und schüttelte seine ausgestreckte Hand. Leichter Händedruck und viele Falten.

Vorne auf dem Podium wurde dann alles bereit gemacht für eine kleine Rede, die der Dalai Lama hielt


(“ist das Ding auch an?”)

Links sind, von unten nach oben, der Vizepräsident vom Foreign Correspondent Club, ein Italiener, der mehr oder weniger geschickt sein verbleibendes Haupthaar vom linken bis zum rechten Ohr gekämmt hat, um den Glanz dadrunter zu verdecken. Hinter ihm ist der Präsident des FCCJ, ein Inder soweit ich weiß.
Der Italiener hatte jüngst mit dem Dalai Lama ein Buch herausgebracht, was somit auch die einzige Legitimation gewesen sein dürfte, warum er dort sitzt, denn gesagt hatte er während des ganzen Treffen nichts.


(volles Haus, und alle lauschten begeistert seinen wirklich weisen Worten)

Ein Wort zu Büchern auf dem groß “Dalai Lama” steht: Diese sind niemals von ihm geschrieben, sondern meist nur Aufzeichnungen von Gesprächen. Ich habe selbst so eins. Ich muss dazu sagen, dass ich es sehr inspiriend fand und mir den Buddhismus näher gebracht hat, mit dem ich als einzige der Weltreligionen etwas anfangen kann (ohne gläubig zu sein). Allerdings gibt es nicht wirklich ein Copyright auf Gedanken oder buddhistische Weisheiten, viel mehr noch interessiert den Dalai Lama das nicht wirklich. So kann aber jeder, der mal ein Wort mit ihm wechselte seinen Namen aufs Cover drucken und viel Kohle machen. Find ich zumindest fragwürdig.


Ich finds toll wie die Kameras die Gesichter verdecken. Wozu auch hinschauen, wenn mans später in 4 Megapixeln zu Hause hat?

Ich habe viele Sachen über den Dalai Lama gelesen, welche Eindrücke er hinterlässt und dass er manchmal etwas “kauzig” oder “merkwürdig” ist. Er schaffte es allerdings tatsächlich alle in diesem Raum auf eine gewisse Art zu erleuchten, für seine Worte zu begeistern. Die Leute respektieren ihn, aber er nimmt diesen Respekt nicht mit Arroganz auf. Er ist zwar das religiöse Oberhaupt des tibetischen Buddhismus sowie auch eine zeitlang das politische Oberhaupt gewesen.
Er ist jedoch einer der wenigen Oberhäupter, die sich nicht durch einen langen Wahlkampf gegen andere Kontrahenten und Meinungen durchsetzen musste. Er wurde auserwählt und bescheiden erzogen. Er nimmt seine Rolle fast schon selbstironisch wahr:

“China considers me a trouble maker, so it is my duty to make trouble”

sagte er mit einem Lächeln in Richtung der chinesischen Journalisten.

Oder:

“People say I have holy healing powers. I had an operation earlier this year and I was sick for a long time. So as you can see, I don’t have healing powers”

Mit Metaphern aus dem Tierreich bzw. aus der Natur konnte er Lösungen für globale Probleme erklären. Selbst als er dafür mit weiten Flügelschlag einen Vogel imitierte, nahm das seiner Lektion nicht die Kraft.


“He du, mit der Kamera”


“Leute, seht ihr den?”


Mönch1: “Jaja, Boss, hab ihn im Auge”
Mönch2: “zzz….”


“Passt ja auf den auf”

Kleiner Scherz 😉
Aber seine Begleitung hatte wohl den Jetlag noch nicht ganz vertragen…

Oder schielte nur neidisch auf die Kamera…

Die Tibet-China Problematik ist ja weitesgehend bekannt. Fakt ist, der Dalai Lama musste vor den Chinesen ins Exil fliehen, und China versucht systematisch die tibetische Kultur auszumerzen. Das dort gewisse Spannungen existieren, ist klar. Der Dalai Lama adressierte das Thema auf seine Weise, indem er den anwesenden chinesischen Journalisten sagte:

“You have no freedom!”

Und recht hat er. Doch das wollten die chinesischen Journalisten nicht auf sich sitzen lassen. Und stellten offiziell eine Frage:

Wie er denn sage könne, den Tibetern gehe es schlecht? Die Tibetische Kultur in China ist beliebt, es gibt viele Läden die tibetische Produkte verkaufen und erst jüngst hat doch ein Teilnehmer aus China die dortige Version von American Idol gewonnen. Und ja, das war sein Gegenargument. American Idol.

Der Dalai Lama stutzte und musste erstmal seinen Assistenten fragen:

“What is American Idol?

Nachdem er es verstanden hatte, bat er den chinesischen Journalisten zu verstehen, dass das nicht die Wirklichkeit ist. Er sagte, die chinesischen Journalisten, so wie alle Journalisten hier im Saal, sollen nach Tibet gehen und die Wahrheit entdecken. Dabei wurde er konsequent von den chinesischen Journalisten gefilmt:

Er sagte etwas, was mir persönlich als Zitat sehr wichtig ist:

“You journalists should have a long nose like Elephant. Smell everything.”

Nun, der Dalai Lama redet gern. Und lang. Und man hört ihm auch gerne lange zu. Doch er musste schon weiter, bevor ich meine Frage stellen konnte.

Er verabschiedete sich und ging wieder an uns vorbei. Bei den chinesischen Journalisten, die wie gesagt am Tisch neben uns saßen, blieb er kurz stehen, verbeugte sich und reichte ihnen die Hand.

Ich finde, das ist ein sehr starkes Bild. Das Interesse der Medien, Kameras und Journalisten drum herum illustriert das auch sehr schön. Aber viel mehr noch ist es das Lächeln. Sie sind ihm nicht böse. Über diese Geste der Versöhnung freuten sie sich sehr. Die chinesischen Journalisten luden ihn dann noch zu einem weiteren Gespräch ein, wo sie ihre Sicht auf Tibet darstellen wollten. Der Dalai Lama willigte ein und fügte selbstironisch mit einem Lächeln, als Kommentar zur Darstellung seiner Person in China, hinzu:

“Oh don’t invite me, you invite a demon”

Sanne-San, die mich zu diesem Treffen begleitete, hat auch ein ausführlicheres Protokoll zur Rede vom Dalai Lama und dem Medienecho, hier in ihrem Blog.

Viel Medienecho auf die verbale Kabbelei gab es nicht. Aber diese Weltpolitik, an der ich teilnehmen durfte, gibt es bei mir persönlich ein gewaltiges Echo.
Der Dalai Lama hingegen wird jedoch selig weiter lächeln, und sich von all dem Geschrei nicht aus der Ruhe bringen.

In der Höhle eines Otaku

Ein Autor, der Anime- und Otaku-Kultur studiert, recherchiert derzeit für ein neues Buch über Otakus, und hat mich beauftragt, einige Bilder zu liefern. Im Zuge der Recherche führt er einige Interviews mit Professoren und Kritikern, die sich wissenschaftlich mit diesem Thema auseinandersetzen. Einer der Professoren war Otsuka Eiji, der uns in sein Atelier einlud: ein künstlicher Ort, voll mit lebensgroßen, toten Puppen, Zeichnungen und ohne Fenster – damit nichts von der Aussenwelt eindringen kann. Zwischen Figuren und Manga führten wir in dieser Otaku Höhle das Interview.

Das ich ein Anime- und Manga-Fan bin, will ich nicht leugnen. Genauso wie beim Medium Film gibt es aber gute und schlechte Beispiele dieser Kunstform. Ein Otaku ist nun jemand, der völlig in dieser Scheinwelt der Anime und Manga lebt, egal wie gut die Qualität dieser sein mag. Ausschlaggebend ist meist, das ein Anime genug “süße” Mädchen mit langen bunten Haaren und großen Augen hat.
Aber auch beim Begriff Otaku scheiden sich die Geister. “Hardcore-Fan” wäre eine Beschreibung, Spinner oder Freak ein anderer. Wirklich werten möchte ich das auch nicht.

Als ich anfing mich mit 12/13 für Anime zu begeistern, tauchte auch schon der Begriff Otaku auf. Zu dieser Zeit war Otaku ein gewisser Titel, der respektiert wurde. Wer viele Anime kannte und sein eigen nannte, der war Otaku, ein Anime-Experte.
In Japan war das wohl durchaus auch mal eine zeitlang so, bis einige Otakus durchdrehten und kleine Mädchen in ihre Keller sperrten. Die Medien verkehrten den Begriff Otaku arg ins Negative. In den letzten Jahren ändert sich das aber, und die “Generation Otaku” wird anders betrachtet. So bezeichnete sich auch der ehemalige Premierminister Taro Aso selbst als Otaku.
Otaku kann man auch jemanden nennen, der sein Hobby sehr stark auslebt und viel Zeit und Geld investiert. In der Hinsicht gibt es wohl auch Sport-Otaku und Fotografie-Otaku.

Was Anime-Otakus so anrüchig bzw. so “pervers” macht, ist die zunehmende Sexualisierung des Ganzen.


Quelle: Furu Anime Panikku Das hier ist aus einem Manga über Brot Backen. Ernsthaft.

Bei vielen Anime gilt derzeit “Sex vor Story”. Es reicht um Quote zu machen und Fans zu gewinnen. Es gibt dafür einen schönen Begriff: Fanservice. Das bedeutet, dass, selbst in einen normalen Manga, ab und an mal ein Panty-shot vorkommt, knappe Kleidung oder große Brüste bei der Protagonistin.
Einen Manga den ich aufgrund seiner Story und seines Humors sehr schätze ist One Piece, und auch hier streut der Autor selbst ein bisschen Fanservice ein:

n

Das ist im Prinzip dasselbe wie eine hübsche Schauspielerin für einen großen Film zu casten.
Sex sells.
Das gilt in Deutschland wie in den USA wie auch in Japan. Nur wird das im Bezug auf Otaku nur allzugerne nur darauf reduziert, wie auch in den Maid Cafes, in denen ich ja selber schon war.

Fakt ist allerdings auch, dass, im Gegensatz zu einer hübschen Schauspielerin oder einem hübschen Model, Anime- und Manga-Figuren nicht real sind. Sie existieren nicht.
Sie existieren nicht mit diesen Proportionen oder diesen leichten, aufreizenden Verhalten. Trotzdem werden sie von einigen Otakus so geliebt, als wären sie real. Sie werden zwar von echten Menschen synchronisiert, doch die sehen dann in der Realität meist etwas anders aus, als ihre Anime-Figur.
Echter.

Japan leidet an Kinderarmut. Noch mehr als Deutschland. Und das weniger, weil sich die Eltern in Japan keine Kinder leisten können (was ja in Deutschland das Problem zu sein scheint), sondern weil es eher mit der Vermehrung hapert. Sexualität findet nicht wirklich zuhause im Bett statt, sondern in den Medien.
Pornos werden in jedem Konbini verkauft und auch öffentlich in der Bahn gelesen. Das Fernsehen enthält viel mehr unterdrückte Sexualität als in Deutschland (in Deutschland ist sie eher offensiv und direkt). Trotzdem ist in Deutschland Sexualität was sehr privates, in Japan eher was sehr mediales.

Das möchte ich ebenfalls nicht werten, oder weiter ausführen. Im Zusammenhang mit Otaku möcht ich nur eine interessante Theorie vorstellen: 70% aller (unverheirateten) Japaner sind ohne Partner, die Geburtszahlen sind rückläufig aber der Umsatz von Otaku-Artikeln nimmt zu. Die Generation Otaku, falls sie existiert, gilt als sozial zurückgezogen und lebt ihre Sexualität vorm Fernseher oder Computer aus. Ob es da wirklich einen Zusammenhang gibt, weiss ich nicht, aber ich finde den Gedanken sehr interessant.

Otsuka Eiji ist nun einer derjenigen, die sich einige Gedanken um diese ganze Otaku Kultur macht. Er ist auch einer derjenigen, die diesen Begriff in den 80er Jahren geprägt haben.
Er lud uns nun, mich und den Autor für den ich das Interview begleitete, in sein Atelier ein. Es war in einem ehemaligen Künstlerviertel von Tokyo, in einem großen Wohngebäude mit hässlichen, kühlen, unkreativen, gesichtslosen Fluren:

Hinter einer von diesen anonymen Türen verbarg sich das Atelier von Herrn Otsuka. Es war recht dunkel, was es für Fotos schwierig machte. Keine Fenster. An den Wänden hingen lauter Zeichnungen, auf dem Boden stapelten sich Manga und in den Schränken waren lauter lebensgroße, gruselige Puppen.


Bin die ganze Zeit rumgelaufen um Bilder aus allen Perspektiven zu machen. Und natürlich hab ich den Stapel Bücher umgestoßen….

Es war schon etwas merkwürdig dort, vorallem weil Otsuka Eiji selbst auch das Klischee vom dicken, perversen Otaku zu erfüllen schien, mit seinem runden Bauch und den lebensgroßen Mädchenpuppen in der gesamten Wohnung Dazu kommt, dass er selbst vor einigen Jahren das Skript zu einem Lolicon-Hentai schrieb, was wohl korrekt übersetzt wär mit “Kleine Mädchen Porno”.

(Letzter Absatz wird mir bestimmt wieder fragwürdige Suchmaschinen-Besucher einbringen….)

Das Interview verlief wohl recht spannend, auch wenn ich wiedermal kein Wort verstanden habe. Otsuka Eiji und Hiroki Azuma, den ich ja schonmal fotografierte, sind die beiden großen Denker wenn es um Otaku Kultur geht. Eine Japanerin meinte zu mir, als ich ihr vom Shooting erzählte:

“Otsuka Eiji?? He’s fucking famous!!

Die Beiden können sich aber absolut nicht leiden, und Otsuka zog auch ordentlich über Azuma her 😉

Absolut alles in diesem Raum war künstlich. Selbst ein kleiner Miniaturbaum auf dem Tisch war aus Plastik.

So künstlich wie die Scheinwelt, in der die Otakus leben.

Nach dem Interview bat ich ihn, zu posieren. Ich richtete die Deckenlampen aus und platzierte ihn vor all den Puppen in seinem Schrank. Ich fand das irgendwie passend.

Ganz besonders stolz war er auf eine Zeichnung, die wohl schon recht früh als ‘moe’ galt:

Moe bedeutet, dass man etwas besonders süß findet. Das Ziel von vielen Anime in letzter Zeit, ist es eben dieses Gefühl von moe zu erzeugen, also etwas besonders putzig oder niedlich darzustellen. Meist auf Kosten einer interessanten Story.

In Anime- und Manga-Kreisen ist moe etwas gutes, etwas schönes. Ich persönlich find es grenzwertig, da die Unterschiede zum erwähnten lolicon recht fließend sind. Es ist ein Ding, ein Kind süß zu finden. Aber bei moe spielt auch ne gewisse Sexualität mit hinein, die ich für unangebracht halte. So werden Kinder gezeichnet, mit Proportionen und sexuellen Merkmalen wie Erwachsene, die sich allerdings noch wie Kinder verhalten, damit sie möglichst “süß” daher kommen.

Ich find das, nun ja, eher so:

“you’re a journalist?!?”

Ich traf den neuen Außenminister Japans Katsuya Okada auf ein Sandwich – und neben mir, trafen ihn noch 200 andere, meist grauhaarige Journalisten aus der ganzen Welt, im Foreign Correspondent Club Japan.

Japan hatte ja im August gewählt, und diesmal anders als in den letzten 50 Jahren zuvor. Die neue Regierung hat auch schon neue Minister aufgestellt, während unsere frisch gewählte Merkel erst noch suchen muss.
Der neue Aussenminister heisst Katsuya Okada, ein Student der Tokyoter Elite-Uni Toudai ist durch mehrere Parteien gegangen bis er vor mehr als zehn Jahren die DPJ gründete, die seit Ende August nun Japan regiert.

Der Foreign Correspondent Club macht mehrmals im Monat solche Events, die eigentlich ganz spannend und für jeden Journalisten offen sind. Vorallem da sich die neue Regierung der Presse mehr öffnen möchte, als die Alte.
Ich wollte mir mal das ganze Spektakel anschauen, auch wenn ich keine Fragen an Herrn Okada, oder eine Redaktion, die mir das Ganze abnimmt, hatte.

Da bei solchen Sachen auch immer Dresscode herscht, ich aber nicht so wirklich Lust drauf hatte, traf ich ne elegante Schwarz/Weisse Lösung und machte mich auf den Taifun auf nach Ost-Tokyo.

Das sollt ich an dieser Stelle vielleicht auch mal erwähnen: Es zieht gerade ein Taifun landeinwärts auf Tokyo zu. Diesemal fliegt er nicht nur knapp dran vorbei, sondern wird direkt über der Metropole für Mistwetter sorgen. Es regnet schon seit Tagen, aber morgen soll es ganz Dicke kommen. Ich mach mir wenig Sorgen, ein Taifun wird von den Japanern meistens eh nur als Vorwand genutzt, schneller Feierabend machen zu können, da es bei diesen Winden und Regentropfen ja viel zu gefährlich sei, die U-Bahn nach Hause zu nehmen. (Das ist tatsächlich ihre Argumentation)

Den Foreign Correspendent Club Japan gibt es seit 1945, und ist dementsprechend eine traditionelle und vorallem alte Einrichtung. Alles etwas steif, und ich fiel dementsprechend auf. Zumal über 70%, der heut anwesenden Journalisten, Japaner waren. Bei der Rezeption wurde man schon leicht skeptisch:

“Hello, my name is Fritz Schumann, I have a reservation”
“Okay, are you a member?”
“No.”
“Are you from the embassy?”
“No.”
“Okay, are you working for a media?”
“No.”
“But you are a journalist??”
“Yes, I am.”
“Do you have a business card?”
“No.”
“You’re sure, you’re a journalist?”
“Yes, you want to see my press card?”
“No that’s fine, the room is over there, thank you”
“No, thank you…”

(wohlgemerkt eine Japanerin)

Im Raum war viel graues Haar und gedeckte Tische. Ich wusst nicht so recht wohin, also schaute ich erstmal aus dem Fenster, aus dem 20. Stock auf Tokyo im Taifun:

hier soll ein bild stehen
(naja gut, es sah nicht ganz so aus…)

Ich war auch nicht der Einzige, der die Aussicht genoss:

Ich fragte dann rum, wo ich denn sitzen soll. Es folgte wieder die Frage “you’re a journalist?” welches ich dann wieder bejahte. Ein älter Herr nahm mich dann beim Arm und führte mich zu den Pressetischen.
Ich nahm Platz neben dem Einzigen, der so fehl am Platz aussah, wie ich mich fühlte. So traf ich Chris, ebenfalls 21 Jahre alt und seit 5 Jahren (!) in Tokyo. Auf die Frage, warum er denn in Tokyo sei, sagte er mir, er hatte sich für das falsche Stipendium beworben. Er wollte sich eigentlich auf der High School für eine Uni bewerben, hatte das falsche Formular erwischt und ist dann mit einem Stipendium in Japan gelandet. Was ein Pech….
Nun arbeitet er für Reuters, was mit 21 Jahren schon ne verdammt krasse Leistung ist, find ich. Ich persönlich dachte immer, dass ich mit 21 Jahren in Tokyo als Journalist arbeite, ist schon eine echte Seltenheit. Und dann toppt das noch einer so verdient. Tokyo ist immer für Überraschung gut.

Nebenbei brachte der Kellner das Essen und fragte, ob ich Kaffee möchte. Ich sagte “iie” (sprich:[ihje]) was “nein” auf japanisch heisst. Scheinbar muss ich es so falsch ausgesprochen habe, dass es der Kellner als “Ja bitte, mach mir die Tasse bis oben hin voll!!” verstanden haben muss.

Dann betrat Herr Okada das Podium. Er bekam vom FCCJ-Präsidenten ein grünes Tuch (?) geschenkt, und nannte es “Ökofarbe”. Okada freute sich, auch weil er, so fügte er hinzu, leidenschaftlich Frösche sammelt und alles was dazugehört (Figuren, Bilder…), und die Farbe erinnert ihn an Frösche…
Danach war kurzes Posieren für die Kameras. Sofort hoppelten zehn Fotografen mit großen, schweren und teuren Kameras nach vorne und blitzen um die Wette. Nach zehn Klicks hoppelten sie wieder zurück.
Da ich ja mittlerweile gewohnt bin, bei Pressekonferenzen für meine kleine Kamera immer (zu Recht) ausgelacht zu werden, wartete ich, bis der erste Sturm vorbei war, und ging dann selbst nach vorne. Irgendwie hat der Herr Aussenminister mich wahrgenommen, und schaute direkt, etwas skeptisch, in meine Linse:

Er konsultierte dann noch seinen Nachbarn: “He, ist der da wirklich ein Journalist?”

*Seufz* “Scheint wohl so….”

Und dann gings los. Er hielt eine kleine Ansprache über seine und Japans Ziele in der Außenpolitik. Wichtige Punkte waren dabei die Allianz mit Amerika, eine Ost-Asien-Gemeinschaft (nach Vorbild der Europäischen Union) und ein bisschen Nordkorea gabs auch.

Zwischen Japan und Amerika gab es jüngst etwas Verstimmungen, da wohl Protokolle und Verträge der ehemaligen Regierung existierten, die durch gewisse Klauseln es den Amerikaner gestatteten, Raketen und Kernwaffen auf japanischen Boden zu lagern und zu stationieren. Die Japaner würden nun gerne erfahren, ob solche Waffen hier gelagert waren und wie das passieren konnte. Verständlicherweise verfolgt Japan eine absolute Anti-Atomwaffen-Einstellung, und bei diesem Thema sind sie sehr empfindlich.
Sollte es tatsächlich so sein, wie derzeit untersucht wird, dann ist es auch eine ausgemachte Sauerei.

Trotzdem betont Okada die Bedeutung der japanisch-amerikanischen Beziehung. So verweist er auch auf die Schutzfunktion der amerikanischen Truppen, die hier stationiert sind. Japan hat ja keine eigene Armee und gegen die Bedrohung aus Nordkorea hoffen sie eben auf die Amerikaner.

Nordkorea indes hat in der letzten Nacht eine erneute Gesprächs-
bereitschaft signalisiert. Der Aussenminister begrüßt das, äußert sich aber neben dem Hinweis, bei Gesprächen mit Nordkoreanern “Geduld und Durchhaltevermögen” mitzubringen, nicht viel mehr dazu.
Grundsätzlich blieb er in seinen Äußerungen recht knapp, sachlich und pragmatisch. Während Premier Hatoyama von Vision spricht, will er nicht so sprechen, sondern schauen, was sich bewegen lässt.

Seine Worte wurden unterschiedlich von den anwesenden Journalisten aufgenommen:

Es wurde interessiert zugehört:

…oder etwa doch geschlafen?

Es wurde immer alles in Japanisch oder Englisch übersetzt, von einer sehr komepetenten Übersetzerin. Doch manchmal musste man sich schon konzentrieren, um mitzukommen:

Japanische Journalisten sind bei Themen die Japan betreffen immer recht, nun ja, “höflich”. Es wird selten kritisch berichtet oder nachgefragt. So lag es an den ausländischen Journalisten (darunter zwei Deutsche, u.a. von der FAZ) ein paar kritische Fragen zu stellen. Allerdings gelang es nicht wirklich, aus dem eisernen Okada etwas konkretes oder neues herauszukommen.

Der 21 jährige von reuters, der mir gegenüber saß, war nur hier für “DIE story”. Vorzugsweise etwas bahnbrechendes über Nordkorea. Doch das kam nicht, und er fragte auch nicht danach.
Er beschrieb Journalismus als Spiel. Wer am schnellsten die Nachricht verbreitet, gewinnt. Der größte Konkurrenz zu reuters ist AP. Reuters muss immer schneller sein als AP, dann gewinnen sie.

Ist Journalismus wie Sport? Ich glaube ja. Es gibt auch hier Egozentriker, die allen beweisen müssen, wie toll sie sind. Es gibt auch hier Betrug. Und vorallem gibt es wie im Sport verschiedene Sportarten des Journalismus.
Ich persönlich möchte nicht dieses “Spiel” für reuters, AP oder DPA spielen, wo Tragödien nur noch zu schnellen Zeilen werden, gestorbene Schicksale zu Zahlen und Menschen zu gesichtslosen Quellen.

Trotzdem habe ich meinen Respekt für diese Forscher des globalen Wissens, der weltweiten Neuigkeiten. Ohne sie wüssten wir auch nur, was in unserem Kiez passiert. Doch ich persönlich möchte diesen Weg nicht gehen.

Es gibt ein Bild, das heut entstand und das mir sehr gefällt, weil so viel drauf passiert:

Die vielen Fotografen die Spalier stehen, um DAS Foto zu erwischen. Jedesmal wenn Okada eine Bewegung mit der Hand machte oder durch ein Augenrollen die eiserne Miene durchbrach, klickte eine wahre Shutter-Symphonie im anderen Ende des Saals. Danach wieder Ruhe.

Schauen wir uns nochmal das Bild an. Auffällig ist der Herr am Telefon, der verzweifelt telefoniert:

Wahrscheinlich muss auch er die Story möglichst schnell und vor den anderen nach draussen bringen – auch wenn er noch gar nicht weiss wie.

Unten links im Bild ist auch ein Fotograf, der mit leicht zugekniffen Augen und Fluppe(!) im Mund versucht ein gutes Bild auf 7m Distanz zu machen:

Was, wenn ich die Linse und seinen Blick richtig deute, nicht gelang.

Japanisch pünktlich wurde die Sitzung beendete und 200 Journalisten drängten sich in 3 viel zu kleine Aufzüge, um ja wieder fix in der Redaktion zu sein, um die Story noch vor den anderen rauszubringen. Das Alle schlussendlich die selbe Story haben, stört sie anscheinend nicht.

Hauptsache schnell.

sowas un(d)professionelles!

(click for english version)

oder: warum tausende Japaner einen Blick auf meine Unterwäsche werfen konnten.

Ich war bei einem japanischen Musikfestival als Fotograf für eine deutsche Band engagiert. Ich wurde angeschnautzt, ignoriert, und meine Hose ist gerissen. Trotzdem war es großartig

Aus Berlin erreichte mich eine Email. Ob ich nicht Lust hätte, bei einem Musikfestival die deutsche Band Tangerine Dream zu fotografieren. Dazu kam dann noch der Zusatz “die ‘legendäre’ Band Tangerine Dream”. Ich hatte mir nichts weiter bei gedacht, und nahm an, es handelte sich nur um irgendeine weitere Berliner Hinterhof-Band, die sich selbst als “legendär” bezeichnet, und nun 2-3 japanische Fans übers Internet gewonnen hat. Als ich mich dann aber ein bisschen mehr mit der Band beschäftigt habe, war mir schnell klar, dass dieses ‘legendär’ schon durchaus angebracht ist.

Die Band Tangerine Dream wurde 1967 gegründet – also vor ca. 42 Jahren. Seit über 40 Jahren sind die erfolgreich im Geschäft. Zugegeben, die Bandmitglieder wechselten über die Jahre. Aber der Bandgründer, Edgar Froese ist von Anfang an dabei, und derjenige, der im Hintergrund das Bandgeschehen lenkt.

Ich sollte die Band bei ihrem Auftritt auf dem Metamorphose Musikfestival auf der Izu-Halbinsel begleiten. Am selben Tag plante ich aber eine Fuji-Besteigung. Ich zögerte mit der Zusage.
Mein Mitbewohner kam dann in mein Zimmer, als ich über dieser Email grübelte und ich erzählte ihm davon. Er machte große Augen und meinte, er schmeisst mich aus der Wohnung, wenn ich mir diese Chance entgehen lassen. Ich sprach dann noch mit einigen Freunden, die meinten, sie würden nie wieder ein Wort mit mir wechseln, sollte ich Tangerine Dream nicht ablichten. Das, und der Umstand dass der Fuji das Ganze Jahr über rumsteht, und das Festival nur einmal ist, überzeugte mich dann, zuzusagen.

Ich fuhr zusammen mit den Video-Leuten, die vom Auftritt eine DVD machten, im Auto zur Izu-Halbinsel. Diesmal auch über den Tokyo-Expressway, den ich ja sonst nur von meinem Fenster aus sehe, und der mich nachts wachhält.
Mit uns fuhr dann ein deutscher Fotograf, der seit 3 Jahren in Tokyo lebt. Der fotografiert große Kampagnen u.a. für Mitsubishi, begleitete die Band Iggy Pop und war sebst ein Jahr als Bassist mit seiner eigenen Band auf Tour. Er hatte natürlich seine Canon 5D dabei, was in mir die Frage hoch kommen ließ:

“Fritze, was machst du eigentlich hier?”

Ich hatte vorher noch nie ein Konzert fotografiert. Meine mittelmäßige Ausrüstung reicht dafür eigentlich nicht aus. Und trotzdem sitze ich hier neben einem professionellen Fotograf und stelle mich selbst als Fotograf der Band vor. Da war der erste Knick, der erste Zweifel an diesem Tag. Es sollten noch ein paar folgen.

Wird jetzt etwas textlastiger, dafür kommen nachher noch Tonnen an Bildern.

Wir kamen gegen 2 Uhr an, bekamen Backstage Pass und alles, und ich bekam erstma die Autorität von einem Bühnennazi zu spüren. Er meinte mich gleich erstma zur Sau machen zu müssen, weil ich keine dunkle Kleidung anhatte, und so ja eventuell auf der Bühne gesehen werden könnte. Er nannte mich unprofessionell, mein Verhalten unentschuldbar und hätte mich am liebsten gleich wieder nach Hause geschickt. Er warf mir noch ein paar andere Sachen an den Kopf, die ich im ersten Moment des Hörens eigentlich auch gleich wieder verdrängte. Diese erste aggressive Reaktion überraschte und schockierte mich sehr, ich wusste gar nicht wie ich reagieren sollte.

Bei Presse-Aufträgen ist der Fotograf immer der Held, alle sind nett zu ihm, weil sie ein gutes Bild haben wollen, und gut in der Presse dastehen möchten. So war ich das gewöhnt.
Doch beim Konzert sind die Musiker die Stars, der Fotograf nur der Dienstleister, der von den Musikern lebt.

Ich wandte mich an den Fotografen, der mit uns kam. Er war ganz entspannt und meinte, dass solche Leute gerne mal die Autorität raushängen lassen. Der Bühnnenazi erzählte dann noch von einem Fotografen, der bei einem Konzert mal auf der Bühne VOR der Band rumturnte. Das hatte den Bühnennazi anscheinend so sehr frustriert, dass er all diesen gesammelten Hass nun an mir auslassen musste.

Innerhalb von zwei Minuten hatten wir dunkle Kleidung für mich organisiert, das war also kein Problem. Und als später noch ein paar mehr Leute kamen, die auf der Bühne rumturnten und filmten, und die auch keine dunkle Kleidung anhatten, hatte das den Bühnennazi nicht mehr interessiert.
Ich vermute wirklich es war so eine “Jetzt zeigen wir dem jungen Spund mal wer hier das Sagen hat”-Aktion.

Die Vorwürfe der Unprofessionalität trafen tief – denn es stimmte ja. Ich hab weder ne Ausbildung, noch ne professionelle Ausrüstung, noch eine jahrelange Erfahrung um mich so nennen zu dürfen. Ich hab nur Talent, und das muss reichen.

Wir kamen um 14 Uhr an, das Festival begann erst um 18 uhr, und die Band spielte erst gegen 22 Uhr. Also effektiv 8 Stunden warten.
Ich lief ein bisschen rum.

Ich war nicht der Einzige, der warten musste:

Warten.

Warten.

(sie schläft wirklich in dieser Position)

Warten (und telefonieren und über die die wunderschöne Berglandschaft berichten)

Warten.

(achtet auf die Socken)

Über eine 2 km(!) lange Schlange kamen nach und nach junge Japaner aufs Festivalgelände…

…die anscheinend auch ihre Handys daheim gelassen haben, und so probierten sie sich in nonverbaler Kommunikation.

Einige probierten es auch mit Megaphonen, auch wenn sie meines Erachtens nicht direkt ins Ohr schreien müssen:

Da sonst keiner mit mir Reden wollte, und das Reden mit dem Fotograf recht schwierig war (sein Gehör und Konzentrationsfähigkeit waren sichtlich von einem Jahr Touren geschädigt), legte ich mich irgendwo hin und pennte. Als ich dann ein paar japanische Mädchen hab Schreien hören, war das mein Signal aufzuwachen. Das Festival ging los.

Ich hatte ja freien Zugang zum Backstagebereich, wo die Zelte der Künstler standen. Ich kannte keinen von denen, aber als ich dann im Nachhinein erzählte, wer da alles war, erhielt ich viele erstaunte: Was? ECHT??
Ich schlich mich dann schonmal auf die Bühne, um auszuchecken, wie weit ich mich bewegen kann, wie das Licht ist, usw.
Es spielte grad ein Zappelphilipp, der in japanisch “sang”, und dabei jede einzelne Silbe streckte, dehnte und verdrehte. Als er dann seine Rasseln rausholte gingen er und das Publikum richtig ab:

Ich hatte mir zuvor ein paar Sachen zur Konzertfotografie angelesen. Alle sagten, dass es schwierig ist. Das Licht ist niemals gut, man brauch eine gute Ausrüstung und man sollte so nah ran wie möglich. Ich hab dafür nun das allererstemal im manuellen Modus fotografiert, was ganz gut funktionierte und schön anspruchsvoll war.

Als die Band kam, gings mit meiner Stimmung echt aufwärts. Sie waren alle supernett und freundlich. Ich hielt mich zuerst zurück, da ich nicht wusste, ob sie überhaupt mit dem Foto-Dienstleister reden wollten. Doch sie suchten direkt den Kontakt.
Da sie ihr letztes Konzert zuvor in Berlin hatten, kannten mich auch einige. “Hey, du bist doch der Fritz, der in Tokyo lebt und Geldprobleme hat?”. Schon komisch, wenn so eine international bekannte Band, von der meine Freunde sagen, sie ist legendär, meinen Namen und mein Schicksal kennen 😉

Die momentanen Bandmitglieder sind auch recht jung, so um die 30, und sehr sympathisch. Sie hatten immer Zeit für ein Schwätzchen mit mir, oder um für ein Foto zu posieren.
Doch bevor es auf die Bühne ging, ging es unter die Fans, Autogramme schreiben:

Bei der Gelegenheit kann ich gleich mal Alle vorstellen:


Der amüsante Thorsten, Keyboard und Synthesizer


Die impulsive Schlagzeugerin Iris und der enigmatische Gründer Edgar Froese


Die bezaubernde Linda am Saxophon


Der extrem talentierte Bernhard aus Wien, der sich immer nen Spaß draus machte, Grimassen für meine Kamera zu ziehen 😉

Alle spielen auch noch in anderen Bands neben Tangerine Dream.
Der Andrang bei den Autogrammen war recht hoch, sie haben einige japanische Fans.

Dann gab es auch solche, die der Band zu jedem Konzert hinterherreisen, wie der Franzose Charles (der seinen Sohn mitbrachte)…

…und von der Band schon wie ein altes Familienmitglied behandelt wurde. (Für dieses Konzert in Japan hatte er dann allerdings bei einem Preisausschreiben Tickets gewonnen)

Dann ging es wieder hinter die Bühne, bis zum Auftritt war es nicht mehr lang. So langsam wurde ich nervös, als ob ich selbst vor tausenden (!) von Japanern spielen müsste. Das war ja wie gesagt mein erstes Konzertshooting, und nachdem ich so oft am Tag hören musste, wie unprofessionell ich doch bin, hatte ich Zweifel, gute Bilder machen zu können.

Doch dann fiel mir ein, was Sanne-san mir einen Tag zuvor sagte. Sie meinte, ich solle drauf vertrauen, dass ich gute Bilder machen kann, und nicht daran zweifeln. Als ich der Band dann ein paar Fotos von der Autogrammstunde zeigte, meinten sie auch zu mir, sie sind sich sicher, dass ich heute gute Bilder machen kann.
Ich bekam auch den Tipp, ruhig dreist zu sein, um ein gutes Bild zu machen. Denn dafür bin ich schließlich hier – gute Bilder zu machen.
Das ich das, was der Bühnennazi mir vorher sagte, wie weit ich mich auf der Bühne bewegen sollte usw. , komplett ignorieren sollte, bestätigten mir fast alle, unabhängig voneinander.

Ich war dann nicht mehr nervös, und ging mit der Band hinter die Bühne, Minuten vor dem Auftritt.


(Linda, schon im Kostüm mit großen Rabenfedernhut, aus L.A.)

Es war eine interessante Stimmung dahinten. Keine Aufregung, oder Angespanntheit. Es sind halt professionelle Musiker. Es wurde sich höchstens noch warm getrommelt:

Ich schnackte und scherzte noch mit der Band, doch ich wollte die ersten Momente vom Auftritt vor der Bühne, direkt beim Publikum erleben. Ich schlich mich also raus.

Das Publikum war ordentlich begeistert:

Ich konnte mich ja frei vor, hinter und neben der Band bewegen, was ich auch intensiv nutzte. Es war auch ein ebenso intensives Gefühl, direkt neben der Band auf der Bühne zu stehen, die Musik mit dem ganzen Körper zu spüren, oder vor der Bühne direkt auf den Boxen zu stehen, und den Bass zu fühlen.

…und das ist nur ein kleiner Auszug, aus den 800 Bildern die ich diesen anderthalb Stunden machte, und für die ich insgesamt drei Tage in der Nachbearbeitung brauchte.

Ich lag falsch, als ich dachte, ich hätte sowetwas noch nie gemacht, oder ich dürfte das nicht können. Doch mit dem Licht zu spielen, auf ausdrucksstarken Momente zu warten und Menschen & ihre Umgebung zu komponieren – das ist was ich schon immer gemacht habe.
Mir hat diese Herausforderung sehr gefallen, ich lief auch meisten mit einem großen Grinsen um die Bühne herum. Auch die Musik war super, ich werd langsam ein Fan dieser Band. So registrierte ich auch nicht, dass ich mir mittendrin einen großen Riss in meine Hose gemacht habe, der den Zuschauermassen, denen ich stets den Rücken zeigte, einen Blick auf meine Unterwäsche erlaubte.

Es war anspruchsvoll und anstrengend. Aber sehr gerne wieder 🙂

Nur auf diesen harten Ton von Bühnennazis hab ich keine Lust mehr.

PS: Zum besseren Verständnis des Risses, mal wieder eine kleine Illustration:


(inzwischen wieder selbst(!) zugenäht, wie bereits an sechs anderen Stelle dieser Hose. Mutti wär stolz)

Offizielle Seite der Band, auf der demnächst auch die Fotos zu finden sind: www.tangerinedream-music.com

Nachtrag: Die Band war sehr zufrieden mit den Bildern, und es gab einen kleinen Bonus. Und vom Bühnennazi wollen sie sich in Zukunft auch trennen =)

Nachtrag 2: Die Nachricht verbreitet sich im Internet anscheinend sehr schnell, so gelangen die Bilder auch ins Tangerine Dream Fan-Forum