Ein Spaziergang durch die Bambuswälder von Hakone

Nach dem Besuch im Fujiya Hotel sind wir noch ein weniger weiter durch Hakone geschlendert. Der Herbst fing gerade erst an und alles war noch kräftig grün. In den kalten Tagen, wo tote Bäume draußen im Winde frieren, tun ein paar Natur-Impressionen mal ganz gut.

Die Zugstrecke zum Fujiya führt mit einer kleinen Bahn mitten durch die Berge und Wälder von Hakone. Aus dem Fenster kann man grüne Schluchten, kleine Holzbrücken und leere Täler überblicken.
Dabei fährt der Zug immer im Zick-Zack Kurs den Berg hinauf, zuerst den einen hoch, dann wieder runter, und den anderen Berg hoch, zu einer noch höheren Lage – und dann wieder etwas runter um einen noch höheren Berg hochzufahren.


Quelle: mappery.com/Hakone

Ein paar Stationen hinter dem Fujiya war eine kleine Station in den Bergen, ohne Zug-Futzi oder Automaten. Als wir rausgingen, kam der Zugführer hinaus und kontrollierte unsere Tickets. Bei mir reichte ein Blick auf meine Suica, die ich allerdings nirgendswo mehr entwertet hatte. Ein Ausstieg kam also relativ günstig.

Auf dem Bahnsteig war auch ein kleiner Schrein, von dem ich seltsamerweise kein Foto gemacht habe…? Jedenfalls war da ein Lampion mit einem RIESIGEN Hakenkreuz drauf. Es war, nunja, komisch, für einen Deutschen.

Der Bahnsteig war zwischen zwei Tunnel gelegen. Das eine Ende vom Bahnsteig war ein Tunnel, das andere auch. Es gab nur einen Ausgang, rechts, ins Grüne, den wir dann auch gingen.

Die Sonne ging langsam unter und tauchte alles in ein warmes Licht. Alles war grün und sprühte nur so vor Leben und Begeisterung die letzten Strahlen der Sonne an diesem Tag zu empfangen. Entlang des Weges, mit kräftigen Grün zur Linken und zur Rechten, waren auch kleine Häuser verteilt, die sich auf die wenigen Touristen stürzten, die hier vorbeikamen. Und auch eine einsame Vending Machine wartete in den Wäldern:

Durch die Baumkronen konnte man schon den Bergfluss erkennen, den man schon vom Zug in den Tälern hat fließen sehen.

Unten am Fluß war auch ein kleines, nunja, “Dorf”, was allerdings eher aus einer Straße und Gasthäusern entlang dieser Straße bestand.

Auf der anderen Seite vom Fluß, abseits der Hotels, war ein kleiner Weg durch einen Bambus-Wald, den ich so noch nie zuvor gesehen habe.

Das Header-Bild vom Blog kommt auch aus diesem Wald:


(hier in größer)

Tokyobling hatte jüngst erst einen Eintrag zu Bambuswälder. Der Autor hatte das Glück dabei zu sein, als ein kräftiger Wind die einzelnen Baumstamme aneinander schlagen ließ und sie so durch ihren hohlen Körper ein gewaltiges Konzert spielten.

Nach dem Spaziergang wollten wir eventuell noch einen Abend mehr in Hakone verbringen, vielleicht zum Ashinoko runter, der auch oben in der Karte zu sehen ist. Doch nach dem Abenteuer in Fujiya waren wir ziemlich müde und hatten für ein Wochenendtrip schon viel gesehen. Meine Speicherkarte war auch zum Bersten voll und hätte kaum noch mehr Impressionen abgreifen können.

Übrigens, ein Nachtrag zum Fujiya: Das Hotel zeigte sich von den Fotos wenig begeistert, ohne genauer drauf einzugehen, was nun das Problem war. Das metropolis magazine war ebenso wenig begeistert, was zwei Sachen bedeutete: Zum Einen wurde die Geschichte in der Zeitung von einer ganzen Seite auf eine Viertel-Seite gekürzt, was mich und das Hotel sehr enttäuscht hat. Zum Anderen war dies das allererste Mal, dass ein Auftraggeber nicht zufrieden mit meinen Bildern war. Das kratzt natürlich an der Berufsehre.

Das Fujiya reagierte zunächst verärgert, dann aber enttäuscht. Ich denke verärgert waren sie mehr, weil der Abdruck länger auf sich warten ließ als angekündigt. Dann waren sie mehr enttäuscht, allerdings nur weil von den 200 Fotos die ich dem metropolis gab es nur eins in den Artikel schaffte, mit dem das Fujiya nicht einverstanden war und das metropolis dieses auch nicht ändern konnte oder wollte.
Das metropolis war enttäuscht, weil die Bilder, die ich ihnen gab, nicht das waren, was sie wollten. Sie wollten eher was ruhiges, langweiliges. Ich aber habe mehr fotografiert, wie es mir gefiel, habe Sachen in Szene gesetzt und es grundlegend etwas dynamischer gestaltet. Das war nicht, wonach sie suchten. Allerdings sagten sie mir vorher auch nicht, was für Bilder sie haben wollen.
Am Ende waren alle enttäuscht, und Schuld hat natürlich der Fotograf.

Ich hab zwar eine Nacht in einem Luxushotel verbracht, und kann diese Geschichte erzählen, doch es war mehr Arbeit als Erholung und ich habe viel Energie in Nichts investiert.
Ich hoffe, ich kann die Geschichte über das Fujiya mal für eine deutsche Zeitung aufarbeiten, dann war es nicht ganz umsonst. Das hat dann auch das Fujiya verstanden und zeigte sich weniger verärgert.

Die erste verärgter Mail vom Fujiya kam von dem einzigen Amerikaner, der dort arbeitet. Dieser ist allerdings nicht der Chef oder Pressefutzi, sondern eben nur Angestellter. Er wird allerdings von seinem Chef und/oder dem Pressefutzi Druck bekommen haben, mal bei mir nachzufragen, und hat versucht diesen Druck bei mir abzulagern. Nachdem das alles geklärt war, wurde der Kontakt wieder so freundlich, wie er zu Beginn war.

Doch was lernen wir daraus? Wenn irgend jemand oben eine Entscheidung fällt, mit der Andere nicht einverstanden sind, müssen es die unten eben aubaden.

Das Leben ist wie ein Bambuswald: Vieles was hohl ist, wächst meterhoch und klaut oben die Sonnenstrahlen für die unten, die alles nehmen müssen, was von oben kommt…

Insel Abenteuer!: Niijima

Nach Oshima ging es weiter südlich nach Niijima: Das Wetter war unberechenbar und wechselte innerhalb von kurzer Zeit von Regensturm zu Sonnenschein und wieder zurück. Der Lonely Planet sagt über Niijima, das man dort einige der besten Strände Japans findet. Der Lonely Planet lag falsch, aber ich fand ein Onsen am Strand, in dem ich lag und die Sonne im Pazifik untergehen sah. Mein Regenschirm, der mich um die halbe Welt begleitete und mir sehr lieb war, ging kaputt und ebenso auch meine Kamera.

So machte ich mich auf zu die Insel zu erkunden

Mit der Fähre von ging es weiter nach Süden. Der Regen war auch an diesem Morgen recht heftig und prasselte gegen die Fenster, während die grauen Wolken nichts gutes erahnen ließen.
Zwischen Oshima und Niijima liegt Toshima, die die Fähre zuerst ansteuerte. Völlig panisch rannte ich da schon zum Ausgang, mit Sack und Pack, doch man sagte mir, dass Niijima erst der nächste Halt ist. Ich hatte mir zwar die Kanji für “Niijima” aufgeschrieben, allerdings nur das hintere Kanji ‘島 – shima/jima’ welches einfach nur ‘Insel’ heisst. Das konnt ich mir noch merken, weil es ein bisschen wie ein Boot mit Segel aussieht.


Quelle: Japanese Calligraphy

In Niijima angekommen ging es dann richtig los mit dem Regensturm. Ich spannte meinen treuen Schirm auf, hörte ein kurzes ‘Krack’ und er sackte wieder zusammen. Mit Tasche und Schlafsack bepackt hatte ich keine Hand frei, mir das genauer anzuschauen, also suchte ich einen Unterschlupf.
In der Nähe des Hafens stand eine halbe Ruine mit offenen Türen, innendrin war ein Grill. Offensichtlich eine Art Strandbar, zur Saison oder zu besseren Zeiten.

Ich schmiss meinen Schirm erst einmal in die Ecke, setzte mich hin und aß einen Onigiri, den ich noch in Oshima gekauft hatte. Hier könnte ich die Nacht verbringen, es war geschützt und ich hatte einen Schlafsack bei. Doch wollte ich wirklich hier übernachten, im Sturm und in der Kälte?
Einen genaueren Blick auf den Schirm ergab, dass der Kranz, der die einzelnen Streben in der Mitte zusammenführt und -hält, durchbrochen war.
Ich wollte davon ein Bild machen, holte die Kamera raus und schaltete sie ein, doch sie ging nicht an. Rütteln und Schütteln brachte nichts.

Hier war ich nun, 200km südlich von Tokyo, in einer Ruine mitten im Regen. Mein Schirm, der mich nach Russland, Irland, Polen, Frankreich, und durch 3 Jahre Schulzeit begleitet und beschützt hat, war kaputt und hatte keine Aussicht auf Rettung.
Meine Kamera, meine Arbeitsgrundlage und Expressionsmittel für meine Seele, lag tot in meinen Händen.

Mir war nach umkehren und nachhause gehen. Doch ich wollte es nicht so enden lassen! Ich aß meinen Reiskuchen auf, atmete tief durch und schaute meine Kamera noch mal genauer an. Ein wenig am Ein- und Ausknopf rüttelnd fand ich heraus, wo das Problem lag. Ein simpler Wackelkontakt, ich musste den Knopf nur stets mit dem Finger in Position halten, dann würde es funktionieren. Unbequem, aber machbar.
Und mein Schirm? Tja… Es gab nicht viel, was ich in diesem Moment für ihn tun konnte, also ließ ich ihn zurück, versprach mir aber, für ihn zurückzukommen.

Da Niijima nicht so groß ist, und nur über ein Town Office verfügt, machte ich mich durch den Regen und ohne Schutz auf den Weg dorthin. Vielleicht hatte ich nochmal so viel Glück wie in Oshima.

Ich fragte nach einer Unterkunft. Auf der gesamten Insel gabs nicht viel, ein Ryokan und zwei Hotels. Da das Ryokan gleich um die Ecke war, und ich noch nie vorher in einem traditionellen japanischen Gasthaus geschlafen hatte, wollte ich mir die Erfahrung geben. Der Preis war mit 7.500yen zwar ordentlich happig, aber es war zweimal Essen eingeschlossen. Es war die richtige Entscheidung, denn so gut hatte ich bisher in Japan noch nicht gegessen.

Man hatte etwas Sorge, ob ich als Ausländer alle Gepflogenheiten eines Ryokan verstehen würde. Man suchte also ganz hinten aus dem Gasthaus ein junges Mädchen, die ein ganz klein wenig Englisch konnte.
Sie lieferte sich dabei ein paar Gefechte mit der Hauskatze, was ganz lustig zum Anschauen war.

Blick aus meinem Fenster im Ryokan:

Ich hatte den Raum komplett für mich, und es lag ein Futon bereit. Dass ich den Raum mit Hausschuhen betreten wollte fand das Mädel sehr lustig. Als das Mädel weg war kramte ich noch die beiden anderen Futons aus dem Schrank und stapelte sie übernander, wie ich das seitdem immer mache, wenn ich in einem japanischen Gasthaus übernachte. Ist halt weicher, gell.

Kurzes Durchatmen. Meine Situation vom ‘im Regen mit kaputter Kamera in einer Bruchbude’ hat sich schlagartig verbessert. Es geht halt immer, irgendwie.

Ich machte mich also auf die Insel zu erkunden, mit dem Schirm vom Ryokan und stets einen Finger verkrampft am Einschaltknopf meiner Kamera, auf dass sie ja nicht noch mal ausgeht.

Man merkt der Insel die Lage im Südpazifik schon an, alles wuchert wie bescheuert.

ähm… “Glockenturm”

Ich machte mich auf dem Weg zum Strand, der ja vom Lonely Planet so empfohlen wird. Entlang des Weges kamen mir einige Inselbewohner entgegen, die sich allesamt sehr freuten, mal einen Ausländer zu sehen. Sie lächelten mich an und kramten das wenige Englisch, das sie konnten, heraus und grüßten mich mit “Hello”. Wenn ich dann mit “Konnichiwa” erwiederte, freuten sie sich umso mehr.

Ich streifte durch die Insel und entdeckte auch die einzige Schule, in die ich auch prompt reinspazierte.

Auf ner Insel zu leben und dort zur Schule zu gehen muss cool sein. Wenngleich auch etwas abgeschieden vom Rest der Welt.
Vor der Schule stand eine steinerne Figur:

Das ist eine Moyai-Statue. So wie ich das verstanden habe, sind die durchaus nach Vorbild der Figuren auf den Oster-Inseln entstanden, aber geprägt von lokalen Künstler.
Einigen kommt es vielleicht bekannt vor, am Bahnhof Shibuya steht bzw. stand eine Version dieser Steinköpfe von Niijima:

Moyai
Quelle: wikimapia.org

Das Shibuya-City Office sagt dazu:

Moyai Statue

Shibuya Station South Exit, Phone: 04992-5-0048 (Niijima Tourist Association)
Moyai means to “work together” in the dialect of Niijima. The pumice stone is unique to Nijima Island.

Als ich aus der Schule herauskam und weiter Richtung Strand lief, kam mir ein Schulmädchen entgegen, die mich schon vom anderen Ende der Straße neugierig anschaute. Als sie mich passierte drehte sie sich auch ständig nach mir um, bis sie dann in die Schule reinging. Wohl noch nie nen blonden Gaijin gesehen, wa? 😉

Der ständige Regen, der dann zum Glück aufhörte, hatte viele Straßen geflutet. So auch hier, eine ehemalige Bahnstrecke. Aber auf Niijima fährt kein Zug. Nicht mehr.

Weiter, immer weiter und irgendwann erreichte ich den Strand.

Just in diesem Moment brach die Sonne durch. Ich war allein. 20km Strand und ich war alleine. Ein sehr bewegender Moment, nur ich und der Pazifik.

Ein Blick nach links

Ein Blick nach rechts

Und ich war allein.

Ich machte es mir erstmal gemütlich und legte meine Sachen in den Sand.

Da sind jetzt zwei Schirme drauf. Ich dachte, da ich einen neuen Schirm brauche, um den Alten zu ersetzen, kauf ich ihn gleich bei nächstbester Gelegenheit. Hatte natürlich auch den Nachteil, dass ich nun die ganze Zeit zwei Schirme mit mir rumschleppen musste.

Mit mehr und mehr Sonnenschein, kamen auch mehr und mehr Leute, die die Weite des Sandstrandes nutzten.

Zum Baden waren die Welle zu hoch, und von links deutete sich schonwieder Regen a.

Ich machte mich auf den Rückweg. Jedoch knallte dann die Sonne unbarmherzig runter. Wolkenlose 32°C, ich zerfloss in Schweiss.

Auf dem Rückweg kam ich auch an einem Koban vorbei, bei dem ich nach dem Weg fragte. Dort fand ich wiedermal den Beweis, dass Japan ein sehr sicheres Land ist, und auf der Insel auch nichts los ist.
Ich kam rein und sah ca. 10 Polizisten, die alle etwas unbeschäftigt rumstanden. Sie schauten mich zunächst neugierig an, und ich hechelte ein “Kon…nichiwa” zur Begrüßung”. Daraufhin alle (!) zusammen und gleichzeitig (!!) zurück: “Konichiwa!!”.

Ich fragte dann nach dem Weg zu meinem Hotel, dessen Namen (!) und Ort (!) ich mir diesmal auf meiner Karte (!!!!!) notiert hatte. Auf Japanisch nach dem Weg fragen gehört zu meinen Spezialitäten, also konversierte ich mit einem Beamten nach dem richtigen Weg. Sein Kollege währenddessen holte ein dickes Buch unter dem Thresen hervor, in dem die wichtigsten Phrasen in Englisch standen.
Ich hatte schon die Auskunft erhalten, die ich wollte, da zeigte er mit dem Finger in dem Buch auf: “Where do you want to go?”.

Weiter entlang zum Hotel, an Getränke-Automaten vorbei, die wohl nur einmal in der Woche aufgefüllt werden. Irgendwann hatte ich dann trotz Wegbeschreibung den Weg verloren. Denn ‘Nach dem Weg fragen’ kann ich zwar gut, die Antwort dann aber verstehen nicht so sehr.

Ich fragte dann einen Hausbewohner, ob er mir sagen kann, wo mein Hotel ist. Ich verwies auf den Namen, der auf dem Schirm geschrieben war, und er wusste Bescheid. Er wollte mich dann mit seinem Auto hinfahren, was mich sehr überraschte, ich aber ehrlich dankend annahm.
Auch als ich im Reisebüro nach einem Supermarkt/Konbini fragte (man musste zuerst lachen, Konbini? Auf der Insel?) fuhr der einzige Typ, der dort arbeitet, mir hinterher und lud mich ins Auto ein, und fuhr zum Supermarkt. Ist ja nicht so, dass täglich tausend Touristen bei ihm vorbeischauen, da kann man ruhig mal den einzigen Gaijin zum Supermarkt fahren.

Zurück im Hotel fiel mir mein Schirm noch ein. Nach einer kurzen Verschnaufpause machte ich mich auf den Weg Richtung Ruine, während die Sonne so langsam unterging. Entlang vom Strand der anderen Seite der Insel, hat man immer die Berge im Nacken


Strandpromenade, hinten rechts ist der Hafen.


Die Sonne brannte wirklich unbarmherzig

Diese besagten Moyai-Statuen fanden sich zahlreich entlang des Weges, allerdings auch nicht sooo spektakulär, als das ich davon ein Foto hätte machen müssen.

Hinterm Hafen befindet sich das Yunohama-Onsen, auf einer kleinen Anhöhe gelegen, direkt am Strand und Meer, mit weiten Blick über den Pazifik und die Abendsonne.

Es ist ein wenig pseudo-griechisch gestaltet, bietet aber verschieden warme Onsen-Becken, eine fabelhafte Aussicht und ist vorallem gratis. Man kann 24 Stunden lang hinein, und es ist ein gemischtes Bad, also Badeklamotten sind Pflicht. Ich glaub, bei klaren Himmel kann man viele Sterne über der Insel sehen.

Da lag ich nun, im Sonnenuntergang, im heissen Wasser und sah den Pazifik die helle Kugel schlucken. Sehr entspannend. Nach einer Nacht im Kapselhotel, in der ich zwei Nächte zuvor geschlafen habe, kam das meinem Rücken ganz Recht. Ich hab dort Bilder mit meinen Unterwasserkamera gemacht, aber noch nicht entwickelt.

Aus dem Wasser und zum Abendbrot ins Ryokan. Vorher noch zu besagter Ruine und meinen Schirm abgeholt.


Ich weiss bis heute nicht, was das genau war. Eher eine pseudo-Ruine, mit europäischer Architektur und Treppengang ins Nichts. Vor dem Gebäude waren Steintafeln, mit Grüßen und Nachrichten von jungen Leuten aus aller Welt, die hier wohl mal eine Party gemacht haben (vornehmlich Surfer dabei).

Mit kaputten Schirm dann zum Ryokan und zum Essen. Es war ein traditionell japanisches Menü, mit vielen Schälchen und Zutaten, und Reis ohne Ende. Es war wirklich sehr lecker, obwohl mir ein paar Sachen dann doch zu krass waren. Ich glaube ich hab mich ganz gut angestellt, obwohl ich wahrscheinlich die Dekoration mitgegessen habe. Naja, war trotzdem lecker. Auch wenn das japanische Pärchen nebenan am Kichern war…
Ich fragte nach einer Cola und konnte hören, wie die Dame dann hinausging, am Getränke-Automaten eine Cola gezogen hat, dann in ein Glas umfüllte und mir servierte. Kriegen wohl nicht so häufig solche Anfragen 😉

Im Zimmer habe ich mir dann den Schirm noch einmal genauer angeschaut. Nicht nur der Kranz war kaputt, der Schirmbezug hatte an vielen Stellen Risse. Es war halt eben ein Gebrauchsgegenstand, mit sichtlichen Verschleiß. Vier Jahre intensive Benutzung hinterließen eben Spuren. Selbst wenn ich hier jetzt flicke, wie lang würde es dauern, bis wieder etwas reisst? Ich fasste einen Entschluss.

Ich ließ meinen Schirm im Südpazifik. Es fiel mir nicht leicht, gerade weil so viele Erinnerung daran hingen. Doch… Die Erinnerungen kann mir keiner nehmen, die bleiben erhalten. Ich hätte zwar gern einen Schirm gehabt, in den ich auf 40 Jahren schaue und sage “Der hat die ganze Welt gesehen”, doch dieser Schirm sollte es nicht sein. Doch ich versprach mir und dem Schirm zu gedenken, indem ich einen neuen Schirm kaufen werde in Berlin, aus Titan und anderen unzerstörbaren Materialen. Und der wird dann die Welt sehen.

Meine Fähre am nächsten Tag ging um 16 Uhr Richtung Tokyo, viel Zeit zum rumkriegen. Ich wollte mehr Fotos machen, doch es ging einfach nicht, es war unbarmherzig heiss. Nach 20 min in der Sonne hielt ich es nicht mehr aus und verkroch mich ins Hafengebäude. Von drinnen konnte ich das Wetter draußen beobachten, während ich ein paar Zeilen schrieb. Ab und kam noch ein Regensturm vorbei, der die Straßen überflutete und danach wieder der Sonnenhitze Platz machte. Das Wetter im Südpazifik ist eben unberechenbar.

Auf der Rückfahrt bremste die Fähre kurz ab und es kam eine Meldung, dass wir jetzt durch ein Gebiet fahren “in dem große Säugetiere” leben.
Wale.
Aus dem Fenster konnte ich mehrere große Schiffe sehen, die sich in diesem Gebiet tummelten. Bestimmt alle “wissenschaftlich” unterwegs….

Die Ankunft am Abend in Tokyo war gleichzeitig mein Einzug in meine derzeitige Wohnung. Noch kaputt musste ich mir noch einen Futon besorgen und fiel dann völlig erschöpft ins Bett.
Am nächsten Tag konnte ich nur noch liegen, zuviel habe ich gesehen, erlebt und erlaufen.

Ich denke immernoch gern an dieses “Insel-Abenteuer” zurück. Und schon auf Niijima hatte ich mir über das Internet eine neue Kamera aus Deutschland bestellt (die dort billiger sind als hier), sie sollte in zwei Wochen ankommen.

Eine spannende Zeit in Tokyo sollte folgen…


Teil 1:
Insel-Abenteuer!: Oshima
Artikel (von mir) über alle Inseln der Izu-Shoto: auf yes!Tokyo

zurück.

Was ne Reise… mit dem Seishun-18-kippu einmal nach Hokkaido und zurück, 2000km größtenteils per Zug, Fuß und Schiff. Sieben Tage, über 50.000yen ausgegeben und viel Schnee gesehen… Ich bin immer noch etwas kaputt, muss aber viel Arbeit nachholen und Weihnachten steht ja auch noch an. Meine Kamera erholt sich noch, von daher mal ein Gastbeitrag:
Why do I feel this party´s over?
(Foto von der wunderbar talentierten Mariesol Fumy, hier ihr Flickr Stream)

In der Woche hab ich nur ab und an mein Facebook Profil erneuert, hier das stark verkürzte Protokoll meiner Reise:

15. Dezember

6°C in Tokyo and I’m heading north… brr… be gone til christmas, mostly living on trains now

16. Dezember

northern honshu is so white right now… cant believe this winter wonder land, i ve never seen anything comparable in germany. but its fucking cold… almost in sapporo now, quick stop in aomori

17. Dezember

got stranded last night in hakodate and shared a hotel room with a korean photographer. tonight finally in sapporo. feels like siberia right now. slightly annoyed by the slow trains :-/

17. Dezember (abends)

sapporo at last!!

18. Dezember

okay, i should learn to read the time… it`s 3 in the morning and I`m wandering through the streets of sapporo, wondering why nothing is open yet… -.-

18. Dezember

last night in sapporo, getting smelly… met several friendly hokkaido people, was surprised by my japanese language skills, saw big crabs and a yakuza cat, and met with a overly successful and even more stressed german manga-ka. busy day, tired now. tomorrow I’ll take the boat back to honshu…

20. Dezember

took the ship from hokkaido and now back in honshu, in lovely aizu now, be back in tokyo on tuesday!

22. Dezember

back in the big city, straight into the rush hour at shinjuku station, full of a running, pushing, egoistical crowd… did I really wanted to come back to this…? this was one week, more than 2000km on foot, train and boat. I started with a shaved clean face and came back with a beard full of memories and impressions.

Die ganze Reise werd ich wohl in mehrere Beiträge nacherzählen, die gesamte epische Breite wäre für einen Artikel zu viel. Aber dafür muss ich erstmal die 1000+ Fotos durchsehen….

Insel Abenteuer!: Oshima

Aus einer Lust und Laune heraus machte ich mich auf zu den Inseln südlich von Tokyo und entdeckte Abenteuer und ein anderes Japan – und war von der Gastfreundschaft der Bewohner einfach nur begeistert.

Alles was ich dabei hatte, Regenschirm, Schlafsack und graues Wetter.

Es ist schon etwas länger her, aus den ersten zwei Wochen nachdem ich hier gelandet bin. Ich wohnte damals noch in Nishi-Kawaguchi, in dem billigsten Hostel in Tokyo. Als ich danach dann Japanern von Nishi Kawaguchi erzählte machte die dann meist “Oh…..” und erzählten mir, dass die Ecke wohl eines der Yakuza Hauptquartiere in Tokyo ist und stadtbekannt für Prostitution. Im Time Magazin gibt es auch einen interessanten Artikel über Nishi-Kawaguchi mit dem wunderschönen Titel “Japan’s Terror Threat“. Ich hab da auch ein paar, nunja, unangenehme Sachen gesehen und erlebt. Das Hostel war auch mehr ein Rattenloch, für die erste Zeit aber okay.

Ich hatte in diesem heissen Sommer Lust zu Baden und fragte einen dort wohnenden Österreicher, wo es denn in Tokyo Strände gibt. Er meinte, da müsste ich schon auf ne Insel fahren. Ich fand den Gedanken cool und machte mich schlau:

Südlich von Tokyo gibt es eine Inselkette, Izu-Shoto genannt. Das sind allesamt vulkanische Inseln, die mehrere hundert Kilometer von Tokyo entfernt liegen, aber trotzdem noch zur Stadt Tokyo und dessen Verwaltungsgebiet gehören. Auch dort fand ich dann im August, lauter Wimpel und Fähnchen mit der Aufschrift “Tokyo Olympia 2016”, auch wenn Olympia natürlich niemals zu den Inseln kommen wird.

inseln
Quelle: wikipedia/Izu-Shoto

Gesamt leben ca. 25.000 Menschen auf allen Inseln, wobei die erste Insel der Gruppe gleichzeitig auch die größte ist und die meisten Bewohner hat: Oshima


(Oshima von der Izu Hanto aus)

Ich wusste nicht wirklich wie ich auf die Insel kommen sollte, und machte mich über Wiki-Travel schlau, fragte meinen zukünftigen Mitbewohner ob er mir die Seite des Fährbetreibers übersetzen kann und machte mich dann auf zu einem Kapsel-Hotel in Asakusa, in dem ich die Nacht vor dem Trip verbringen wollte. Zuvor bin ich aus dem Hostel ausgezogen und wollte eigentlich am Abend auf die Insel. Abends fuhr jedoch keine Fähre mehr, sodass ich kurzzeitig in einem Kapsel-Hotel unterkommen musste.

Kapsel-Hotels sind für 1-2 Nächte eigentlich ganz in Ordnung, man hat nen Fernseher in der Kapsel und nen Vorhang. Allerdings schlafen auch so 20-30 andere Personen zusammen in einem Kapsel-gefüllten Raum, wenn da einer schnarcht haste Pech gehabt. Ich hatte aber Glück und das einzige störende, war ich selbst, als ich meine Kamera aufgeladen habe und somit zwei Finnen beim Kartenspielen störte.

Im Asakusa Tourist Information Center, wo ich eigentlich nur nach der Adresse von meinem Hostel fragen wollte, suchte man mir nach einem kleinen Dialog auch noch die Abfahrtzeiten für die Fähre am nächsten Morgen raus:

“….and this your hotel here.”
“thank you!”
“By the way, where are you from?”
“Germany”
“ooohhh… germany…. I have been there… Guten Tag!”
“Guten Tag :-)”
“Can I help you with anything else…?”
“Ah yes… I want to go to the Islands south of Tokyo tomorrow, but I don’t know how. Can you help me?”
“Klar!”

Er telefonierte etwas rum, schlug einen dicken Wälzer mit den Fahrtzeiten der Fähre raus und suchte für den nächsten morgen die beste Verkehrsbindung raus.

Nach Oshima kommt man am Besten per Boot, einer Fähre die “Jet Foil” heisst. Die fährt vom Takeshiba Terminal aus, wo man auch die Tickets kaufen kann, mehr dazu hier.

Ich wollte die erste Fähre am nächsten Tag nehmen, und die ging 7.29 Uhr. Das weiss ich noch so genau, weil ich an dem Tag so oft auf die Uhr schaute und es am Ende sehr knapp wurde.

Gegen 5 Uhr wachte ich auf und verließ die Kapsel. Das Einzige was ich bei mir hatte war ein Schlafsack (weil ich eigentlich draußen übernachten wollte), einen Regenschirm und eine Umhängetasche mit Handtuch, Kamera, und Pulli. Das wars. Sonst nur ein kurzes Hemd, kurze Hose und Turnschuhe.

Ich kam 7.23 Uhr Takeshiba Terminal an, konnte dann der Dame hinterm Thresen irgendwie klar machen, dass ich erst nach Oshima möchte, dort einen Tag bleibe, dann nach Niijima und einen Tag später wieder nach Tokyo. Der ganze Trip war mit knapp 19.000yen nicht billig, aber es lohnte sich.

Um 7.26 Uhr war ich mit als letzter in der Fähre und es ging los.

In den zwei Stunden Fahrtzeit über den Pazifik hatte ich das erste Mal Zeit zum Durchatmen, zuvor bin ich eigentlich nur gerannt um die Fähre zu erwischen. Ich musste laut lachen, weil ich das alles so absurd fand.
Ich wollte auf eine Insel, hatte vor einem Tag noch keine Ahnung wie, und nun sitz ich in nem Boot mitten im Pazifik vor der Küste Tokyos. Ich bin hier, weil ich hier sein wollte. Ich bin auch nach Japan, weil ich in Japan sein wollte. Und alles funktionierte. Ich fühlte mich frei. Frei von allen Hindernissen, die mir so oft eingeredet wurden. Wie oft hörte ich im Leben “Das geht nicht.” “Das kannst du nicht” und nun bin ich in Japan, arbeite als Fotograf, und sitze in einem Boot zu einer Insel.

Viele Tokyoter kennen Oshima und die Inseln, waren aber noch nie dort. Auch viele Oshima-Bewohner waren noch nie in Tokyo, obwohl es so nah ist. Doch viele in Tokyo wissen, dass es da sehr schön ist.

Bei meiner Ankunft auf der Insel die 100km von Tokyo weg ist, fühlte ich mich noch nicht so weit von Tokyo weg. Alles war grau in grau, nur dass das Tokyoter Beton durch graue Wolken ersetzt wurden ist.

Trotzdem war die Insel imposant.

Und lächelte mich an:

Ich suchte zuerst das Tourist Information Center auf, was günstigerweise direkt am Hafen war. Englisch sprach da keiner, aber sie hatten englische Karten. Ich konnte sogar rauskriegen, wo man hier Fahrräder mieten kann. Man gab mir eine Nummer und ich rief an. Es folgte eine Situation die ich gerne als Beispiel nehme, wenn es um die Situation von Ausländern in Japan geht, und wie Japaner manchmal reagieren:

Das ganze Gespräch fand auf japanisch statt und ich war dementsprechend limitiert. Es ging zuerst darum, wieviele Räder ich gern hätte, wie lange und welche Farbe. Alles war okay bis ich merkte, dass ich mit meinem Japanisch nicht mehr weiterkomme. Ich fragte sie, ob sie jemanden haben, der englisch kann. Sie meinte “warten Sie kurz”, trat aus der Leitung und ich wartete. Es meldete sich dann eine Männerstimme, die zu mir meinte “We have no bikes. Thank you” und legte auf.

Das ganze Gespräch vorher ging nur darüber, welche und wieviel Räder ich gern hätte, und als wir auf englisch umstellten, sind ihnen die Räder ausgegangen.

Also nahm ich den Bus in die nächstgrößere Stadt, Motomachi. Ich bewundere heute noch den Busfahrer, der steile Zickzack-Kurven, den Berg hoch, mit Bravour meisterte. An diesem Morgen war der Bus nicht voll, er konnte mir also helfen.

In Motomachi stieg ich dann, im immer noch heftigen Regen, aus und zog mir erstmal nen Pulli über. Motomachi ist höher gelegen als der Hafen und bot einen Blick über die Insel. Das war nun Oshima. Grau, kalt und es gab keine Fahrräder.

Ich bin dann zum Town Office, auch um nochmal Touristen Informationen zu bekommen. Ich hatte zwar genug, aber ich wollt mich noch mal gern mit jemanden in einem warmen, trockenen Umfeld unterhalten. Und vielleicht finde ich auch jemanden, der englisch kann. Mit Schlafsack, Regenschirm und kurzer Hose ging ich also ins Rathaus.

Der Mann an der Rezeption sah mich, guckte etwas überfordert und griff dann zum Hörer als ich auf ihn zukam. Ich fragte ihn, ob er englisch kann. Er schaute beschämt zum Boden und meinte, ich sollte kurz hier warten.

Es kam dann eine Person auf mich zu und begrüßte mich mit “Hello” und Handschlag. Das war Reiko.
Reiko arbeitet im Tourismusbüro und war die Einzige dort (und wahrscheinlich die Einzige auf der Insel), die fließend Englisch konnte. Sie war, als sie 16 war, ein Jahr lang in den USA und, abgesehen von 1-2 Trips nach Tokyo, hat sie Oshima kaum verlassen. Dementsprechend neugierig war sie an einem Ausländer wie mir, der aus so einem weit entfernten Land wie Deutschland kam. Ich war auch sehr glücklich endlich mal mit jemanden kommunizieren zu können.

Sie brachte mich dann auch ins Touri-Büro wo sie mich mit Infomaterial überhäufte. Es kamen auch gleich zwei weitere Mitarbeiter, die mir dann sofort alles erzählten, was es hier so tolles gibt. Da es unter der Woche (Mittwoch) und Mistwetter war, war ich wohl der einzige Tourist an diesem Tag. Aus purer Freude darüber, schenkte man mir ein kleines Figürchen, das auch heute noch an meinem Handy hängt:


Traditionskleidung auf Oshima

Reiko fragte mich dann auch, ob ich schon nen Platz zum Übernachten hatte. Da ich einfach so auf die Insel gefahren bin, komplett ohne irgendeinen Plan, hatte ich das natürlich nicht. Also wollte sie was für mich organisieren.

Wir gingen noch zu einem weiteren Touri-Center, das mehr über Hotels Bescheid wusste. Erst stand ein Ryokan im Raum, für 5000yen die Nacht. Ich machte große, schockierte Augen und fragte ob es nicht billiger geht. Reiko entdeckte dann ein Surfer-Hostel für 1.500yen die Nacht. Gebongt!

Am Telefon mit dem Besitzer stockte sie kurz und fragte, ob ich japanisch kann. Ein bisschen, sagte ich, und das musste reichen.
Der Besitzer würde dann zur Busstation kommen und mich abholen. Reiko brachte mich dann zum Bus in Motomachi, wartete bis der Bus kam, sagte dem Fahrer wo er mich rauslassen muss und verabschiedete sich von mir. Ich sollte sie aber noch einmal wiedersehen.

An der Busstation wartete dann ein etwas breiter, bärtiger jedoch seelig lächelnder Kerl, Marke Okinawa-Surfer. Die Fahrt zum Hostel war recht schweigsam, ich versuchte zu konversieren aber es klappte nicht ganz 😉

Das Hostel selbst war ein altes traditionelles japanisches Haus, mitten im Wald. Echt paradiesisch. Mithilfe eines Computers konnten wir uns dann etwas verständigen. Ich war der einzige Gast in dem großen Haus. Ganz allein in diesem alten japanischen Holzhaus. Das gab Anlass zur Meditation:

Ich fragte dann, ob er auch Fahrräder vermietet. Klar, 500 yen für den gesamten Tag. Ich verlangte nach einem Mamachari, er lächelte nur und meinte: “Du bist ein Kerl, du kriegst ein Rad für Männer!”. Das ist ein gutes Argument, dacht ich mir, und nahm das Mountainbike das er mir zur Verfügung stellte.
Da es immernoch in Strömen regnete, gab er mir ohne(!) Aufpreis komplette Regenkleidung dazu. Ich ließ mein Zeug im Hostel und schwingte mich aufs Mountainbike. Ich wollte in die nächste Stadt und was zu Essen kaufen, schließlich hatte ich noch nichts gefrühstückt an dem Tag.

Es war ein wunderbares Gefühl endlich wieder Fahrrad zu fahren, das erste Mal in Japan. Ich liebe Fahrrad fahren. Die ersten 20 Minuten merkte ich auch den Regen nicht. Danach wurde es lästig.

Um unter der Kluft nicht allzu schwitzen, machte ich die Jacke auf. Was ich nicht bedachte waren zwei Sachen:

1. Der Regen hatte den erdigen Boden aufgeweicht
2. Mein Rad hatte keine Schutzbleche

Der ganze Dreck wurde nun also, vorne wie hinten, von den Reifen direkt in mein Gesicht und auf mein Hemd katapultiert.

Ich fuhr nun eine Stunde durch den Regen umher, bis mir auffiel, das ich nicht wusste wohin. Ich hatte mich komplett verfahren, hatte keine Karte oder Handy bei, oder auch nur eine Ahnung wo ich war. Ich wusste ja nicht mal den Namen vom Hostel, da Reiko das für mich organisierte. Ich dachte, gut, du findest den Weg bestimmt wieder zurück, aber nein! Alles sah gleich aus: südpazifischer Dschungel mit ein paar Häusern und kleinen Straßen mittendrin.

Ich war erschöpft und machte kurz Rast in einer Garage, mitten in der Pampa. Es hatte ein Dach und das genügte. Ich überdachte meine Optionen.

Aufeinmal kam ein großes rotes Auto und wollte in die Garage rein. Die zwei Fahrer schauten mich skeptisch und interessiert an, bis ich dann den Mut fasste sie mal anzusprechen und meine Situation zu erklären. Mit Händen und Füßen konnte ich irgendwie klar machen, dass ich mich verlaufen habe. Sie zückten erstmal das Telefon und riefen im Town Office an.
Ich kramte in meiner Hosentasche und fand die meishi von Reiko, auf der auch ihre Nummer stand. Die beiden Herren riefen sie dann und reichten sie mir. Reiko wollte mich dann abholen kommen, was mir zwar etwas peinlich war, aber sie bestand darauf. Solange ich auf dort sie wartete, warteten die beiden Herren mit mir. Einer gab mir sogar sein Wasser weil ich so erschöpft aussah.

Ich versuchte ein bisschen mit ihnen zu reden. Beide kamen aus Oshima und waren selten von der Insel weg. Auf Oshima gibt es auch einen Vulkan, den man besichtigen kann (nur nicht bei dem Wetter). Der Vulkan ist das letzte Mal in den 80ern ausgebrochen, und einer der Beiden erzählte mir dann, wie er das erlebt hat. War sehr interessant. Ich machte auch ein Foto von meinen beiden Rettern:

Reiko brauchte sehr lange um mich zu finden. Verständlich, ist ja auch alles verwirrend dort. Einer der beiden Männer schnappte sich dann ein anderes Auto um der Reiko entgegenzufahren. Er fuhr also der hinterher, die umher fuhr, um mich zu finden. In Deutschland unvorstellbar, die würden nur über die Benzinpreise maulen.

Irgendwann fand sie dann her und wollte mich (dreckig) und mein Fahrrad (noch dreckiger) in ihr Auto laden. Ich hatte ein schlechtes Gewissen alles dreckig zu machen, doch sie Bestand darauf.
Im Auto erzählte sie mir dann, was im Town Office los war, nachdem ich weg war. Alle waren neugierig und fragten, wo ich denn herkomme, was ich hier mache und so weiter. Als dann der Anruf einging, dass ich mich verlaufen habe, haben sich alle Sorgen gemacht. Voll nett 🙂

Als Reiko mich dann zurück fuhr, bot sie mir an, mich doch am nächsten Morgen abzuholen, um sicherzustellen dass ich die Fähre nicht verpasse. Scheinbar hatte sie nicht viel vertrauen in meinen Orientierungssinn 😉
Da ich immer noch Hunger hatte, wollte ich sie fragen, ob sie mich kurz noch in die nächste Stadt fahren kann. Sie meinte, sie könnte mich nach Feierabend abholen, und ob das okay für mich sei. Definitiv war das okay, denn so konnte ich noch duschen und die dreckigen Klamotten ablegen.

Nachdem ich zurück im Hostel dann duschte, kamen noch zwei weitere Gäste. Es waren zwei Finnen, die das Hostel nur fanden, weil sie irgendwie einen Japaner auf der Straße fanden, der das organisieren konnte. Diese Freundlichkeit ist unglaublich.
ich fragte die Finnen, ob sie aus Tokyo kommen, ja sagten sie. Ich fragte wo sie die letzte Nacht verbrachten, sie meinten in einem Kapselhotel in Asakusa. “Ich auch”, sagte ich, “in welchem Stock?” Im vierten, im selben Stock wo ich auch war. Die Beiden waren exakt dieselben zwei Leute die ich in der Nacht zuvor beim Kartenspielen störte. Und nun hier, 100km südlich von Tokyo in einem schwer zu findenen Hostel tauchen sie auf. Absurd. Wir mussten lange darüber lachen 🙂

Reiko kam dann nach Feierabend und brachte mich, und die Finnen die ich einlud mitzukommen, in den nächsten Supermarkt. Entlang des Weges grüßte Reiko viele vorbeifahrenden Autos. Auf Oshima kennt halt jeder jeden. Im Supermarkt musste sie auch viele Fragen zu den Gaijins beantworten, die sie da mitgebracht hat.

Wir verabschiedeten uns von Reiko, am nächsten Morgen würde sie mich zur Fähre bringen.
Die Finnen spielten wiedermal Karten und ich surfte im Netz. Wir unterhielten uns über Japan, Finnland und Deutschland, während das Hostel in Dunkelheit fiel und die Zikaden draußen leise verstummten.


Kein Roboter, nur Waschmaschine + Trockner

Am nächsten Morgen brachte mich Reiko dann zum Hafen und lud mich ein, das nächstemal in Oshima doch in ihrem Haus zu übernachten. Das werde ich auch tun, und viele Bilder aus Deutschland und Europa mitbringen.


Reiko


Mein Frühstück

Wir quatschten eine Weile. Etwas zu lang, denn als ich merkte dass meine Fähre schon abfuhr, war es zu spät. Wir sind noch wild winkend hinterher gerannt. Die Fähre sah uns, und drehte extra für mich um und fuhr zurück zum Hafen. Ich entschuldigte mich fünfmal bei den Hafenarbeitern, setzte mich in die Fähre und machte mich auf den Weg Richtung Niijima, die nächste Station und zwei Inseln weiter.

In Oshima fand ich das, was ich an Japan bis zu dem Zeitpunkt vermisste und in Tokyo nicht fand. Diese ehrliche Neugier, Freundlichkeit und Gastfreundschaft – und auch Abenteuer. In Tokyo war alles organisiert. Bei den Inseln hab ich mich einfach nur ins Boot gesetzt und bin rüber. Ich habe viel mehr erlebt, als jemals wenn ich nur dem Reiseführer gefolgt wäre. Ich möchte unbedingt nochmal nach Oshima, es ist sehr empfehlenswert. Ich konnte zwar nicht viele Fotos machen, aber viele Eindrücke gewinnen.

Teil 2: Insel-Abenteuer!: Niijima
Artikel (von mir) über alle Inseln der Izu-Shoto: auf yes!Tokyo