Kunst, Kommerz und kleine Mädchen

Was ich mir bei der letzten Design Festa gegönnt habe.

(C) John Hathway

Da hier im Haus irgendwie auch ein Scanner aufgetaucht ist, sind die Werke diesmal alle eingescannt, statt abfotografiert wie im letzten Jahr, was eine enorme Qualitätssteigerung bedeutet. Je nach Möglichkeit versuche ich auch auf die Website des Künstlers zu verlinken.


(C) monchihoshi

Dieser sanfte Strich und das traditionelle Format hat mir sehr gefallen. Sie hatte auch große Poster, doch die lagen etwas außerhalb meines Budgets…

->wunderschön gestaltet Website der Künstlerin


(C) Nakai tomoyasu

Er hier hatte eine ganze Wand mit einem pseudo-europäischen Fantasy Stadt-Panorama gemalt, insgesamt 1,5m hoch und 6m breit. Das Bild hier oben ist nur ein colorierter Ausschnitt. Pro Ausschnitt brauchte er ungefähr einen Monat.

->Website des Künstlers mit der unmöglichen Adresse http://adam69eve1224.run.buttobi.net/


(C) Lee hwa

Postkarte einer koreanischen Künstlerin. Koreaner gab es dieses Jahr viele auf der Festa, ist halt eben international. Dicke Amis gabs auch, aber die hatten wenig Erfolg.

->Website der Künstlerin (koreanisch)


(C) Toshiharu Shirakaba

Er hatte einige großformatige Bilder, die große Szenen erzählten. Teilweise drifteten einige schon in den Kitsch ab, aber die Trennung zwischen Kunst und Kitsch ist da bei vielen Werken auf der Design Festa schwer auszumachen…

->Website des Künstlers


(C) ShortCake On the Strawberry

Das hier wurde von der Manga-Zeichnerin gemacht, die auch für Sayuri von Flava die Zeichnungen macht. Sie hatte einen eigenen Stand mit lauter kleinen Karten von Menschen aus Adachi. Adachi ist ein Viertel im Norden von Tokyo, aus dem Sayuri stammt und in der sie manchmal singt. Wie genau das alles zusammenhängt versteh ich zwar noch nicht, doch von diversen jungen Künstlern aus Adachi gibt es eben diese Karten.

Ich kannte ja nur Sayuri, also wollte ich ihre Karte. Welches Motiv man allerdings bekommt, ist Zufall, da man einfach in ne Kiste greifen muss. Ein andere Fan von Sayuri zeigte mir kurz zuvor stolz seine Sammlung an Karten, er hatte oft in die Kiste gegriffen um eben genau die eine Karte zu erwischen.
Ich griff nun rein und bekam den Teddy. Der war zwar absolut selten und rar, doch er war nicht was ich wollte. Ich griff also nochmal rein und bekam…. Die selbe Karte. Das waren vielleicht die einzigen beiden Teddies in der Grabbelkiste und ich erwischte beide.

Die Manga Zeichnerin sah meine Frustration ein und gab mir eine andere Karte zum Tausch.


(C) ShortCake On the Strawberry

Die Spezialkarte, komplett mit kleinen Bilderrahmen.
Ich ging dann sofort zu dem anderen Fan mit den vielen Karten und zeigte ihm meine Erungenschaft 😉

Auf der Rückseite fanden sich dann die Daten zur Person, welche Musik sie spielen und wie hoch ihr “Powerlevel” ist…


(C) ShortCake On the Strawberry

Der Teddy ist übrigens ein Selbstportrait der Zeichnerin.

->Website zur Künstlerin

Kommen wir zu dem Highlight, dass auch den Blogeintrag eröffnete:


(C) John Hathway

Diese Werke haben mich echt beeindruckt. Der ganze Stand war voller großformatiger Drucke. Diese urbane, futuristische, völlig überladene und mit stürzenden Linien gefüllte Vision eines Tokyo, und mittendrin kleine Mädchen – das ist alles so japanisch, irgendwie.


(C) John Hathway

Für die großen Drucke fehlten mir das Geld, daher kaufte ich das Artbook, aus dem ich die Bilder hier gescannt hab. Dazu kam auch eine DVD und ein Manga.


(C) John Hathway

->Website des Künstlers

Ich find diese Dinger so genial, weil sie mit Mitteln der Popkultur und Manga-Ästhetik einen anderen, künstlerischen Blick auf das moderne Tokyo werfen. So sehe ich das Bild. Vielleicht verkläre ich auch nur die Popkultur zur Kunst und halte des Künstlers Vorliebe für kleine Mädchen (…) für einen cleveren Kommentar zur Überästhetisierung, -sexualisierung und den allgemeinen moe-Boom in Manga & Anime.

Doch, nunja, wie heisst es so schön: Kunst liegt nunmal im Auge des Betrachters.

Sommertreff im Bahnhof Alexanderplatz

Der Bahnhof Alexanderplatz ist ein Bahnhof in Berlin, meiner Heimat, direkt beim Fernsehturm und der Redaktion der Berliner Zeitung, für die ich dort gearbeitet habe. Was hat nun Tokyo und Japan mit einem Sommertreff in Berlin zu tun?
Nun, dies hier:

Das hier ist ein Ausschnitt aus dem Anime-Film “Cowboy Bebop – Knockin’ on Heaven’s Door”, der Kinofilm zum gleichnamigen und hochgradig genialen Anime Cowboy Bebop, einer Serie über Kopfgeldjäger in Raumschiffen, der in der Zukunft auf dem Mars und den Monden unseres Sonnensystems spielt.
In dem Ausschnitt läuft der Bösewicht des Films gerade auf den Bahnhof zu, an dessen Fassade die Deutsche Bahn auf einen Sommertreff im Bahnhof Alexanderplatz hinweist.

Für die, die das an dieser Stelle nicht genauso absurd finden, wie ich, fasse ich es nochmal zusammen: In der japanischen Originalversion, eines Anime-Spielfilms aus dem Jahre 2001, der auf dem Mars der Zukunft spielt, gibt es eine Szene, in der die deutsche Bahn auf ein Sommerfest am 28. und 29.08. in einem Bahnhof in Berlin hinweist.

Stellt sich die berechtigte Frage: Wie kommt das?

Es ist üblich, für Manga, wie für Anime-Zeichner, mal einen kleinen Trip zur “Inspiration” zu machen, und zur Recherche in andere Länder zu fahren. Zumindest war das früher in den 80er und 90ern üblich, heutzutage fehlt das Geld, zudem finden sich zahlreiche Impressionen fremder Länder im Internet. Doch früher sind die Autoren, Regisseure und Zeichner eben nach Amerika oder Europa gefahren, zusammen mit ihrem Redakteur. In wenigen Tagen sammelte man dann Impressionen und Fotos für das eigene Werk, um es noch etwas exotischer und für den japanischen Leser interessanter zu machen.

Cowboy Bebop gehört zu meinen Lieblings-Anime, aufgrund der dichten Atmosphäre und spannenden Charaktere. Eine kurze Synopsis wäre, dass die Menschheit in der Zukunft die Erde verlässt und sich größtenteils auf dem Mars und den Monden unseres Sonnensystems niedergelassen hat, die allesamt klimatisch der Erde angepasst wurden. Reisen zwischen den Planeten und Monden findet im eigenen Raumschiff und mithilfe sogenannter “Gates” statt. Das erste Gate war übrigens ein Fehlschlag, explodierte und machte die Erde so gut wie unbewohnbar, da ständig Brocken vom mit dem Gate explodierten Mond runterregnen.

Es geht aber nicht um Science-Fiction oder, wie es heutzutage gern üblich ist, darum, dass sich die Serie an der eigenen Geschichte aufgeilt und im Storytelling verheddert. Es geht um eine Gruppe von Kopfgeldjägern, die Kriminelle im Sonnensystem jagen, und dabei auch nur versuchen über die Runden zu kommen. Es muss nicht das ganze Universum gerettet, oder die korrupte Gate-Gesellschaft niedergebracht werden. Es geht nur um Menschen und ihre Probleme.

Die Menschen in der Welt von Cowboy Bebop sind sehr unterschiedlich, da alle verschiedenen Kulturen der Erde sich auf kleinen Vierteln in den Städten vom Mars ansiedeln, ihre Kultur bewahren und mit anderen mischen. Die Anime-Serie ist dabei sehr geprägt vom asiatischen Raum, der Film sehr stark von New York und dem nahen Osten.

Dieser Mix, der sehr authentisch dargestellt wird, schafft nicht zuletzt auch durch die absolut geniale Musik von Yoko Kanno diese dichte Atmosphäre. Meine gesamte Musiksammlung besteht zu 50% aus Musik von Yoko Kanno, die mit dem Soundtrack zu Cowboy Bebop ein absolutes Meisterwerk geschaffen hat.
Die Musik ist sehr wichtig in Cowboy Bebop, kommt doch allein der Titel von der Jazz Richtung ‘Bebop‘ und jede einzelne Folge ist verbunden mit verschiedenen Musikstilen z.b. Titel einer Episode ist “Heavy Metal Woman”, mit einer Frau die eben Heavy Metal hört.
Die spannendsten Momente sind allerdings die, wo keine Musik spielt, weil man da die Stille und das Nichtvorhandensein von Geräuschen sehr gut wahrnimmt und sich komplett auf die Handlung konzentriert. Anime heutzutage traut sich solche Aktionen nicht mehr, da wird alles durchorchestriert oder mit künstlichen Pop unterlegt.

Nebenbei war Cowboy Bebop maßgeblich dafür verantwortlich, Anime in den USA populär zu machen. Die deutsche Version, die auf MTV lief, hatte auch eine ausgezeichnete Synchronisation.

Jedenfalls: Ich erwähnte eingangs, dass Autoren zur Recherche gern mal verreisen. Um nun all die verschiedenen Kulturen und Aspekte der Welt von Cowboy Bebop darzustellen, sind die Autoren vermutlich auch durch Europa und Amerika gereist. Sehr wahrscheinlich auch durch Berlin, wo sie ein Foto von dem obigen Schild gemacht haben. Denn tatsächlich gab es mal ein Sommerfest im Bahnhof Alexanderplatz, am 28. und 29. August, und zwar im Jahre 1998, wie dieser Artikel beweist:

Der Bahnhof als Spielplatz für die ganze Familie
Sommertreff am Alex
Peter Neumann

Bahnhofsfest, Draisinentreff und Baustellenbesichtigung: Für all jene, die ein Faible für die Bahn haben, stehen die Signale vom kommenden Wochenende an wieder auf grün. Am Sonnabend und Sonntag bietet der Bahnhof Alexanderplatz außer Fahrkartenschaltern und Geschäften auch eine Hüpfburg für Kinder, Clown-Theater und Rockmusik. Von jeweils 10 bis 20 Uhr laden die Deutsche Bahn und die Ladeninhaber im Bahnhof zum “Sommertreff” ein. Eine Tombola lockt mit vielen attraktiven Preisen.

Auszug aus der Berliner Zeitung vom 27. August 1998

Ein Sommertreff im Bahnhof Alexanderplatz ist keineswegs eine jährliche Veranstaltung, es ist also sehr wahrscheinlich, dass es exakt diese war.

Der Anime lief 1998, also wurde er 1997 produziert. Der Kinofilm, aus dem der obige Ausschnitt stammt, wurde 2001 gezeigt, also 2000/2001 produziert. Meine Vermutung ist nun folgende: Nach dem Beginn der Ausstrahlung im April 1998, machten sich einige aus dem Produktionsteam im Sommer auf die Reise, sammelten Eindrücke, die sie allerdings nicht alle in der Serie genutzt haben, da diese hier mit schwächelnden Quoten zu kämpfen hatte. Als dann grünes Licht für den Film gegeben wurde, wurden nochmal die alten Aufzeichnungen rausgekramt und eben nach etwas gesucht, was exotisch aussieht und die Welt des Films noch etwas bunter macht. So haben wir auch den Hinweis auf den Sommertreff und ein franzöisches Werbeschild, dass auf Angebote im Frühling hinweist (“les soldes du printemp”), im selben Ausschnitt.

Gestern habe ich den Film mir nach langer Zeit wieder angeschaut, doch schon vor ein paar Jahren, als ich das erste Mal den Film sah, habe ich das Schild entdeckt, und wollte vielen von dieser absurden Randnotiz erzählen. Mit nem Blog zu Japan und seinen Absurditäten habe ich nun die perfekte Möglichkeit dazu…

PS: Cowboy Bebop soll demnächst von Hollywood verfilmt werden, mit Keanu Reeves in der Hauptrolle. Das das auch nicht nur annäherend so gut und bedeutsam wird, wie der Anime, ist klar. Die größere Frage ist nur, ob der Film dann auch auf den Sommertreff im Bahnhof Alexanderplatz hinweist…

“Kommt alle, die Glück suchen, nach Tokyo”

Obiger Titel ist ein Zitat aus der deutschen(!) Version von “Honey Tokyo“, einem neuen PR-Anime-Film zur Stadt Tokyo.

Ich arbeite zwar indirekt für die Stadt Tokyo, und direkt für die deutsche Abteilung der Tourismusabteilung, aber das ist nicht der Grund, warum ich diesen PR-Film, der Anfang des Monats online ging, für berichtenswert halte. Das Anime Studio, dass den 10-minütigen Film produziert hat, ist nämlich das Studio 4°C, welches, wie ich schonmal erwähnt hatte, zu meinen Lieblingsstudios gehört.
Eigentlich ist der Stil von 4°C viel zu speziell, um es in einem Mainstream-Touri-Promotion-Film zu nutzen – dass die Stadt Tokyo es trotzdem gemacht hat, finde ich sehr cool.

Und irgendwo macht es auch Sinn: Das Studio 4°C ist international bekannter und beliebter als in Japan selbst. Möchte man nun Touris aus dem Ausland gewinnen, hat man mit dem Studio vielleicht mehr Glück, als mit einem langweiligen Beitrag von Toei-Animation beispielsweise (die eher Massenware machen).

Die Story ist wie folgt: Honey, eine Japanerin (?) aus der Zukunft, kommt ins heutige Tokyo um das Glück bzw. die “Seele” zu finden, die es in der Zukunft nicht mehr gibt. Sie selbst ist dabei recht gefühllos und kommt wie ein Roboter daher. Sie sammelt dann einen Jungen auf der Straße von Tokyo ein und fliegt dann ziemlich hektisch mit ihm in Tokyo umher. Vorher sammelt sie sein Glück ein, indem sie ihm die Farben aussaugt und Schwarz-Weiss macht. Bei ihrem hektischen Flug durch Tokyo sammelt sie dann überall das Glück bzw. die Farben ein, um es für die Leute in der Zukunft zu sammeln.

Das alles solange, bis der Junge Honey bittet, endlich damit aufzuhören, sich Zeit zu nehmen und Tokyo mal ruhig und entspannt zu erleben. Das Tempo des Films ändert sich merklich, es wird ruhiger und wärmer. Zusammen klappern sie dann Touri-Spots, Tempel und Restaurants ab. Honey findet mehr und mehr Gefallen an Tokyo und wird auch menschlicher.

Es endet dann, zugegeben etwas kitschig, damit, dass sie sich in Tokyo und den Jungen verliebt.

Trotzdem ist der Anime Kurzfilm von Regisseur Yasuhori Aoki, der gleichzeitig auch das ungewöhnliche Character-Design übernahm, mehr als nur ein PR-Film. Ich persönlich sehe es so:

Die Dame aus der Zukunft steht für den allgemeinen, gehetzten Tourist aus dem Ausland. Zukunft bedeutet hierbei eben “aus einer anderen Welt”, wo die meisten Touris eben herkommen. Und genau wie die meisten Touris hetzt sie zu Beginn durch Tokyo, um möglichst viele Sehenswürdigkeiten mitzunehmen. Den Prozess des “Farbe aus dem Ort nehmen” kann man auch schön so sehen, als ob sie überall hingeht, nur um Fotos vom Ort zu machen, um sie zu hause zu zeigen – ohne sich wirklich Zeit zum verweilen zu nehmen.

Die Quintessenz des Anime ist dann eben nicht nur “Kommt nach Tokyo” sondern “Nimm dir Zeit, verdammt, und hetz nicht von einem Ort zum anderen”. Dabei gibt es eine wunderbare Balance zwischen Story, PR-Bildern, Botschaft, Kommerz und Gefühl. Sowas kriegt auch nur das Studio 4°C hin.

Der Film endet damit, dass Honey wieder nach Tokyo kommt – und viele Leute aus der Zukunft mitbringt. Und die Touri-Flut der Menschen aus der anderen Welt beginnt…

Den Film gibts mit Untertiteln in insgesamt 8 Sprachen und eben auch in Deutsch:

-> Weblink: Honey Tokyo

Große Köpfe in Bewegung – die Anime Fair 2010

Vom 25. – 29.03.2010 fand die international Anime Fair in Tokyo Big Sight statt, die größte Messe für Anime weltweit. Auch wenn das Ganze betont international war, waren natürlich 90% der Aussteller aus Japan. Man konnte sich über Neuentwicklungen und -erscheinungen informieren, handeln und natürlich Anime schauen. Ich war als Presse-Vertreter dort und dementsprechend Jagdobjekt eines jeden Ausstellers, die mir alle Infos und Kram in die Hand drückten. Große Köpfe, große Augen, viele kleine Mädchen – und alles in Bewegung.

Doraemon

Das ich ein Fan japanischer Popkultur bin, konnte man ja bereits mehrmals hier lesen. Auch wenn mich der japanische Anime der letzte Jahre nicht sonderlich begeistern konnte, und ich persönlich Manga auch mehr schätze als Anime. Trotzdem war es Grund genug, sich auf den weiten Weg nach Odaiba zu machen – auch weil sich vielleicht ein paar interessante Geschichten finden lassen.

Also mit dem automatischen Laufband rein in die Big Sight

Drinnen wollte ich eigentlich noch jemanden treffen, einen Klienten, der sich wissenschaftlich mit Anime und Manga auseinandersetzt. Ich hatte allerdings etwas verschlafen und hab ihn knapp verpasst.
Als Vertreter der Presse hatte ich das Privileg an einem der beiden Business-Tage die Messe zu besuchen. An den Tagen, wo es fürs allgemeine Volk geöffnet ist, muss man mehrere Stunden Wartezeit in Kauf nehmen und drinnen gibt es dann kein Treten mehr.

Die Messe findet in einer riesigen Halle statt, an deren Decke mehrere übergroßer, aufgeblasener Anime-Figuren hingen. Wer von aufgeblasen Figuren auf die Qualität der Anime schließt, aus der sie stammen, ist meiner Ansicht nach nicht so verkehrt…


Von links nach rechts: Conan, der Hintern von Pikachu und natürlich Ghibli’s Totoro

Die Anime Messe läuft so ab, wie jede andere Messe: Produzenten, Distribuenten, Zweitverwerter und Ausbildungsanbieter stellen sich und ihre Entwicklungen vor, kommen ins Gespräch, handeln Deals aus und versuchen die Presse zu becircen.
Ich konnte keine 5 Meter laufen ohne nicht irgendwelchen Kram in die Hand gedrückt zu bekommen, oder ständig von freundlichen Damen oder Herren in ihren Stand gezerrt zu werden. Oft schützte noch die Sprachbarriere, aber je länger die Messe dauerte, desto ungehemmter wurden die Damen und Herren noch ihren Kram loszuwerden. Einige lauerten mir sogar auf. Ich scherze nicht, sie stellten sich mir direkt in Weg, weil ich grad woanders hinschaute, und ich rammte sie fast.


Heroman

Vorabscreenings von Anime-Filmen und -Serien, die dieses Jahr erscheinen, erfreuten sich großer Beliebtheit.

So ziemlich alle Anime-Studios waren am Start:

Ghibli natürlich auch, die sehr stark ihren neuen Film bewarben ‘The Borrower Arriety

Daneben lief auch schon der Titelsong, den ich einfach nur wunderschön finde:

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=U4twFqFxF9k&hl=de_DE&fs=1&]

Auf youtube gibts leider nur ne 1:35min Version des über 3min Songs. Den ganzen Song kann man schon auf iTunes für 200yen kaufen – allerdings nur mit einem japanischen iTunes-Store-Account – den ich nicht habe!!

Ich wollte dann meine Lieblings-Anime Studios abklappern. Darunter das Studio 4°C, die einen absolut kleinen Stand hatten, nur(!) ihren letzten Film bewarben und etwas Merchandising anboten. Ich als Pressevertreter bekam aber gleich zwei dicke DinA3 Bücher zum Studio und ihrem letzen Projekt- inkl. Artworks, Produktionsskizzen, Interviews mit Regisseuren und Animatoren. Und das hat mir echt den Tag versüßt und den ganzen Besuch lohnenswert gemacht.


Aus der Kurzfilmsammlung “Genius Party“, (C) Studio 4°C

Studio 4°C ist nicht gerade sehr Mainstream, sie fahren einen sehr individuellen Stil was Animation, Stories und Storytelling angeht. International sind sie sehr geschätzt, so wurden sie zum Beispiel von den Wachoswky Brüder angeheuert um Teile von Animatrix zu zeichnen. In Japan selbst sind sie nicht so populär, vielleicht gerade weil sie etwas anders sind.
Für alle die mal etwas von Studio 4°C sehen wollen empfehle ich sehr stark Noiseman Sound Insect – ein 15minütiger Kurzfilm, über die Schönheit und Bedeutung von Musik für die Seele. Allerdings sehr abstrakt und fast schon zu schnell erzählt, als ob man die Handlung von nem 90min Film in 15min erzählt. Ich find ihn allerdings sehr großartig und hab ihn bis heute über 20mal gesehen.


Quelle: 87n.com

-> Weblink: Noiseman Sound Insect – online Video

Ich bin dann noch die anderen Anime-Studios abgegangen, die mich in der Vergangenheit begeistert haben. Doch die Stände von Madhouse, Sunrise und Bones waren einfach nur enttäuschend. Sunrise, die uns das geniale Cowboy Bebop brachten, zeigten diesmal nur eine Art SuperDeformedmoeGundam. Madhouse ruhte sich auf dem genialen, jedoch bereits vergangenen Erfolg “Summer Wars” aus. Bones hatte sich 4-6 Anime-Zeichnungen an die Wand gehängt und schaute gelangweilt umher. Und GAINAX war gar nicht erst vertreten.

All die großen Studios betonten, was für cooles Zeug sie früher mal gemacht haben, ohne selbst innovatives Neues zu zeigen. Bei dem, was gezeigt wurde, hatte ich eher den Eindruck, das alles so, oder so ähnlich, bereits mehrmals gesehen zu haben. Der moe Trend, alles etwas süßer zu machen, war sichtlich, aber nicht ganz so extrem und dramatisch wie viele es prophezeiten.
Über moe kann man geteilter Meinung sein, bereits erwähnter Klient schreibt gerade ein Buch darüber. Einige sagen, es ist das Ende vom japanischen Anime. Auch wenn ich das nicht so sehe, so sehe ich doch heutzutage eine stärkere Fokussierung auf optische Attraktion. Zweifelsohne war die immer da, aber in den letzten Jahren ging sie immer mehr auf Kosten der Story und des Inhalts.

Ein Beispiel dafür hier ist dies hier von der Messe:

Das hier ist Trigun. Trigun ist ein Anime über und mit einem blonden Revolvermann, der alles tut um es zu vermeiden, mit einer Waffe zu schießen (“Die Patronen kosten soviel Geld!”). So oder so, er ist ne verdammt coole Sau. Vor ein paar Jahren wurde er noch so dargestellt:

Vergleicht man nun beide Bilder fallen die Unterschiede auf.
Oben das Foto stammt von der Ankündigung des neuen Trigun Films. Der Anime endete zwar vor mehreren Jahren, doch das ist kein Grund nicht noch etwas mehr Geld aus der Lizenz zu pressen. Wenn der Film unterhaltsam ist, soll es mir recht sein.

Eine der größten Überraschungen der Anime Fair war für mich das hier:

Ein Stand von der Sendung mit der Maus.

Ich wusste nicht, dass die hier in Japan animiert wird, doch die Dame am Stand bestätigte es mir nochmal. Sie war zudem sehr begeistert, dass ich aus Deutschland komme.

Die Maus, bzw. マウス (“mawasu“) ist auch hier sehr beliebt, ich empfehle einen Besuch auf der japanischen Website.

Ich erinnere mich an eine Episode der Sendung mit der Maus die in Japan spielte, wo der geniale Ralph Caspers in Tokyo war, eine japanische Grundschule besuchte und die japanische Schrift erklärte. Ob die bei dem Besuch auch gleichzeitig die Animation der Zeichentrick-Sequenzen nach Japan outgesourct haben….?

Weitere Impressionen:


Keine Ahnung was das war, aber es war cool und hatte nen eigenen Sicherheitsfutzi


Ein Anime mit nem Schaf, für Kinder. Fand große Begeisterung


Messebabes

Eigentlich mieten die Studios, Sender und Produzenten immer Models und Idols, die dann Infos aushändigen oder Cosplayen. War dieses Jahr aber weniger als letztes Jahr, so sagte man mir.

Dann baten mich vier(!) Mädels im Gothic-Lolita Look ein Foto vom Maskottchen der Firma zu machen.

Mit so einem Maskottchen muss man sich um Kunden keine Sorgen machen…

Das morbide Hangry & Angry basiert auf nem Pop-Duo, dient aber größtenteils dazu Merchandising und Kram zu verkaufen. Allerdings ne sehr coole Website haben sie.

Es gab auch viele angebotene Möglichkeiten Anime zu studieren, viele Schulen stellten sich vor:

Die Tokyo School of Animation hatte dabei Postkarten verschenkt, gestaltet von ihren Schülern, jeweils passend zu einem Monat im Jahr:

Wirklich inspirierend fand ich die Creators World, eine Ecke auf der Messe, weit weg vom Mainstream (stilistisch und geographisch), die für junge, individuelle Künstler reserviert war.

Eine Instititution, die schon seit mehreren Jahre junge Talente vorstellt. Aber dabei wirds wohl auch bleiben, wenn man sich anschaut, was die großen Studios derzeit produzieren. Die würden sich niemals auf ein Experiment einlassen und etwas Ungewöhnliches kostenintensiv produzieren lassen. Marktwirtschaftlich macht das durchaus Sinn, aber auf lange Sicht sind Neuentwicklung echt nötig.

Am meisten begeistert hat mich er hier:

Takahashi Koya ist einfach… nun… schwer zu beschreiben, aber sehenswert. Eben ganz anders.

Und dann war da noch:

Kopffüssler.
Da waren tatsächlich Menschen drin, die allerdings nicht größer als 1.5m sein konnten.

Beim Publikum waren sie sehr beliebt.

Nachvollziehbar.

Wie die sich mit ihren Stummelbeinchen fortbewegten war einfach nur lustig. Ich hab versucht ein paar Animationen zu machen, um das darzustellen:

Danach dann wieder mit dem Laufband aus der Big Sight raus…

…und insgesamt 2 Stunden für den Weg nachhause gebraucht, weil ich den falschen Zug genommen hatte -.-

Mein Fazit:

Gesamt war ich etwas enttäuscht, aber solange es immernoch junge Talente und Studios wie 4°C gibt, ist die Hoffnung für den japanischen Anime nicht ganz verloren. Das zweitgrößte Land, das dort vertreten war, war China, die sind also auch im Kommen.
Ich hoffe, die Studios haben sich selbst mal ihr Programm angeschaut, also ihren alten Erfolge, und überlegt was sie so gut machte.

Sicherlich kann man auch dagegen argumentieren, dass die auch nur produzieren, was der Markt will. Und der Markt ist anscheinend mit schon-gesehenen Geschichten und großen moe-Augen zufrieden. Aber irgendwann ist der moe-Drops auch gelutscht und der Markt will neue Geschmäcker entdecken. Wenn dann der exotische Geschmack aus China oder Korea dem Markt besser schmeckt, ists zu spät. Aber das führt jetzt an dieser Stelle auch zu weit 😉

Ich empfehle dann das Buch meines Klienten, wird Sommer/Herbst diesen Jahres erscheinen und viele Fotos von mir beinhalten.