Journalismus Rabatt

Ich verbrachte eine Nacht im Fujiya Hotel, dem ersten westlichen Hotel Japans und ein Kleinod, versteckt in den Bergen von Hakone. Es verbindet auf einzigartige Weise das Neue und das Alte, den Westen und den Osten, mit einer gehörigen Portion Luxus und sieht dabei aus, wie aus einem Film von Hayao Miyazaki. Die Zimmer rangieren so 20.000-40.000yen pro Nacht. Wieviel ich bezahlte? Nun…. Nichts.

Wie schon ein paarmal erwähnt, arbeite ich hier ja für das Metropolis magazine Tokyo, nur eben unbezahlt. Wenn ich allerdings einen Job für die mache, bekomme ich die Transportkosten erstattet.
Ich wollte nun eine kleine Reise machen und gleichzeitig ein Thema fürs Metropolis behandeln, damit ich die Reise auch bezahlt kriege. Die Wälder von Hakone, einem beliebten Reiseziel und 100km westlich von Tokyo in den Bergen, lockten Ende September mit wunderschönen Laubwerk im Wandel der Jahreszeiten.

Ich fragte also beim Metropolis nach, ob sie was aus Hakone wollten. Da das Metropolis nun schon seit über 10 Jahren existiert, und Hakone noch länger, war das natürlich schon bereits Thema. Ein Editor schlug allerdings das Fujiya Hotel in Hakone vor, da das doch recht spannend sei und bisher nicht abgedeckt wurde.

Das Fujiya Hotel wurde 1878 erbaut, von einem Japaner der amerikanische Hotels kennen- und schätzen gelernt hatte. Er wollte nun in Japan auch so ein Hotel aufbauen und suchte sich mitten in den Bergen einen passenden Ort: Miyanshita. Über die Jahre hat das Fujiya viele Erdbeben, Feuer und Renovierungen gesehen, ist aber nach wie vor klassisch geblieben.

Ich schrieb das Hotel also an, fragte nach ob sie Interesse an einer Berichterstattung haben und ob sie mich dabei “unterstützen” können. Natürlich hab ich zwischen den Zeilen gefragt ob ich da kostenlos ne Nacht pennen kann, aber man muss ja schon ne gewisse Form wahren.
Es hat eine Weile gedauert, aber nach zwei Wochen kam dann eine höfliche Antwort. Man freut sich über das Interesse und wollte hören, was wir uns denn so vorgestellt haben.
Nach etwas hin und her war es dann klar: Ich sollte fürs Metropolis eine ganze Seite machen (Fotos + Text) und konnte eine Nacht im Hotel übernachten – kostenfrei.
Meine Reaktion war ungefähr so:

cheese
Quelle: wikipedia commons

Eine ganze Seite! Und eine Nacht in nem Luxushotel! Gratis! Ich mag meinen Job. Aber im Endeffekt fühlte es sich dann doch mehr nach Arbeit an…

Ich wollte noch einen Freund mit ins Hotel nehmen und fragte nach, ob das Hotel denn auch noch Platz für “meinen Assistenten” hat. Ja hatten sie, und mein Freund musste dann im Hotel immer die Rolle meines Assisten spielen. Mich störte das allerdings nicht 😉

Das Fujiya liegt in Miyanshita, Hakone, ca. 3 Stunden von Tokyo-Shinjuku entfernt. Die Zugstrecke selbst ist aber wunderschön, die letzte Stunde führt sie die Berge im Zick-Zack Kurs hoch, vorbei an grünen Schluchten und steilen Bergen.

Wenn man das aus dem Zug kommt fühlt man sich von Tokyo ganz weit weg. Und wenn man das Hotel betritt, hat man die Gegenwart komplett verlassen.

Alles ist sehr klassisch, wie aus dem 19.Jhd. Alte Salons, viele verzierte Holzvertäfelungen und ein besonderes Gefühl in der Luft. Man ist einfach ganz woanders, weder in Japan, noch in Amerika.

Im ganzen Haus arbeitet nur ein Gaijin – und das schon seit 11 Jahren. Dementsprechend war er der Ansprechpartner für mich.

Seit 11 Jahren arbeitet er in diesem vornehmen Hotel und “Service” ist ihm ins Blut übergegangen. Immer vornehm, zuvorkommend und höflich, dabei immer die Haltung wahrend und konzentriert sein. Im Schnelldurchlauf zeigte er mir das Hotel, ich machte fix Bilder und notierte mir alles so gut es ging.

Ich hatte zwei Tage um genug Bilder zu machen und Infos zu sammeln. Am Ende musste ich eine ganze Seite füllen – viel Verantwortung. Zumal das Hotel mir einfach einen Raum für 40.000yen die Nacht kostenfrei zur Verfügung stellte. Dementsprechend war ich die meiste Zeit angespannt und konzentriert ja alles richtig zu machen. Die zwei Tage fühlten sich erst in der Retrospektive erholsam an.

Nach der Tour gings aufs Zimmer – welches so groß war wie mein gesamtes Appartment in Tokyo, welches ich mir mit zwei anderen teile:

Vier Meter hohe Wände, ein begehbarer Kleiderschrank und drei meter hohe Fenster. Das Ganze erinnerte mich an Berliner Altbau-Architektur, nur nicht ganz so schmuddelig. Der große Flachbildfernseher in der Mitte des Zimmers wirkte nur etwas anachronistisch.
Dazu gab es ein weiches, europäisches Bett! Ich fiel direkt ein und lachte laut vor Glück, und mein Rücken freute sich mit mir.

Hier lag ich nun, mitten in den japanischen Bergen in einem Luxushotel. Ich glaub mir ging es etwa so:

cheese
Quelle: wikipedia commons

Es war nun schon Abend und vor 22 Uhr würde mein Freund aus Tokyo nicht ankommen. Ich nutzte also die Zeit um den Indoor-Pool des Hotels zu ähm “testen”.

Die zweistöckige Architektur erinnerte mich dabei an klassische Hallenbäder aus Berlin. Der Pool war recht leer, weil zu dem Zeitpunkt gerade das Abendessen in der Dining Hall serviert wurde. Das Essen war leider nicht journalistisch relevant genug, d.h. nicht kostenlos. Und 5,600yen hat ich dann doch nicht übrig. Zumal ich eh auf meinen Freund warten wollte.

Das Hotel liegt direkt über eine heissen Quelle, die exzessiv im Haus genutzt wird. So wird der Boden der Dining Hall mit frischen heissen Quellwasser erwärmt, das heisse Wasser in jedem Zimmer, welches aus dem Wasserhahn kommt, ist Onsen-Wasser und auch der Indoor-Pool ist mit Onsen-Wasser gefüllt. Sehr erholsam.

Gegen halb 11 kam dann meine “Assistenz” aus Tokyo an. Alle Restaurants im Dorf und Hotel hatten zu, also gingen wir zum einzigen Konbini vor Ort. Dazu muss man sagen: Miyanshita besteht eigentlich nur aus dem Fujiya Hotel, einer zugehörigen Bäckerei (die großartiges Curry-Pan macht), zwei Restaurants, einem Fotostudio, einem Antik-Bedarf und eben diesen einen Lawson-Konbini.

Wir versorgten uns reichlich und gingen dann ins Hotel. Da die Zimmerpreise wie gesagt recht hoch waren, waren nur recht gut betuchte Leute Gäste dieses Hotels. Mit unseren Konbini-Beuteln schleichten wir uns dann an diesen Leuten vorbei – wir wollten ja nicht auffallen…

Wir machten es uns dann im Zimmer gemütlich. Im japanischen Fernsehen lief dann eine einstündige Reportage über Deutschland, mit dem ICE von West nach Ost, was ich in anbetracht meiner Lage für ziemlich absurd hielt. Es kam aber noch besser:

Das Hotel existiert wie gesagt schon seit über hundert Jahren und hat in der Zeit viele Gäste gesehen. Die Geschichte vom Hotel wird auch im Hotel-eigenen Museum gezeigt.

Die alten Gästebücher sind dabei ein besonderer Schatz.

Zu den prominenten Gästen gehören, u.a. der Kaiser (der jetzige und vorherige), Albert Einstein (der einen deutschen Eintrag hinterließ der, nunja, bescheiden ausfiel 😉

Charlie Chaplin

und John Lennon, zusammen mit Yoko und Sohn

Nun, John Lennon ist für mich eine ganz besondere Person. Ich bin mit den Beatles aufgewachsen, da mein Vater ein großer Fan ist, und bin auf das John-Lennon-Gymnasium in Berlin gegangen. Ehrlich, das gibts wirklich.

Dementsprechend bewegt, war ich ihn dort zu finden. Insbesondere sein Eintrag ins Gästebuch:

Man beachte das Fragezeichen im Berg. Das Fujiya heisst Fujiya, weil der Gründer beim Gast eine Assoziation vom Namen mit dem Berg Fuji auslösen wollte, dem man vom Hotel aus sehen kann. Nun, wir sahen ihn nicht.
Jeder Reiseführer schreibt über fast jede Ecke von Japan: “An klaren Tagen kann man den Fuji sehen”. Ich habe bisher den Fuji noch nicht gesehen und beginne langsam an seiner Existenz zu zweifeln. Dementsprechend witzig fand ich John Lennons Karrikatur: Wo ist der Fuji?

Zurück im Hotelzimmer lief nach der Deutschland-Reportage ein Interview – mit Yoko Ono!. Ich befand mich im Hotel wo Yoko Ono mit ihrem Mann vor 31 Jahren war, und exakt an diesem Abend erscheint sie nach jahrelanger Pause wieder im Fernsehen. Absurd.
(Sie sah aber nicht mehr so frisch aus, wie auf dem Foto ’78….)

Im Hotelmuseum lässt sich auch eine Galerie vom International Mustache Club finden:

Gewonnen hat aber eindeutig der Gründer vom Fujiya:

Am nächsten Morgen gab es dann sehr teures aber vorzügliches Frühstück in der Main Dining Hall, mit Tafelsilber und freundlicher Bedienung.

Das wir heute Bilder machen wurde groß angekündigt, weswegen alle freundlich mich grüßten und, sofern ich das brauchte, auch posierten wie ich das wollte. Fand ich toll =)

Noch ein Wort zur Dining Hall: An den Wänden befanden sich viele Fratzen:

Diese sind nach dem Gründer und ersten Manager des Hotels modeliert. Beim Abendessen stellen sich die Kellner vor die Masken, um sie zu verdecken und auch um den Blick vom Chef im Nacken zu haben. Kinder haben regelmäßig Angst vor den Dingern…

Nach dem Frühstück gings wieder durchs Hotel, Impressionen sammeln:


Fujiya Teddy

Das ist eine besondere Hühnchen-Art, die es in Hakone gibt/gegeben hat. Die Schnitzerei hier wurde gern von Helen Keller berührt (eine taub-blinde Frau, die Schriftstellerin wurde, sehr bekannt in den USA).


Eben ein langschwänziger Hahn (ca. 1,80m bis zum Boden)


Die Parkanlagen vom Fujiya sind sehr weitläufig, man braucht ungefähr zwei Stunden um alles zu durchqueren.

Das Fujiya ist auch sehr beliebt für Hochzeiten, an diesem Tag fanden fünf (!) statt. Ich erwähnte eingangs das Fotostudio im Ort. Der Fotograf dort bearbeitet jede Hochzeit im Hotel. Klingelnde Kassen.

Im Parkgelände gibt es auch eine Kapelle, mit Sicht aufs Tal. So heiratet es sich doch gerne.

Aber wenn man ehrlich ist: Besser Aussichten als dort, kann es doch nicht mehr geben in der Ehe, oder?

Als wir dort ankamen, war grade eine Hochzeit vorbei, und die Blütenblätter lagen noch.

Im Park gab es auch einen Teich mit lauter gierigen Koi-Karpfen.

Eine Familie stand fasziniert davor und überlegte.

Die Tochter war mutig genug sie zu füttern

Aber Mutti machte es mit mehr Eleganz.

Nach 400-500 Fotos hatten wir auch genug und verabschiedeten uns. Auf dem Rückweg wanderten wir noch durch Hakone und seine Wälder, doch das bring ich mal lieber in einem zweiten Eintrag unter.

Wir waren Ende September im Fujiya und erst letzte Woche schaffte ich es, den Artikel fertig zu machen. Zwischendurch war das Fujiya etwas verärgert und fragte, wo der Artikel denn bleibe. Zur Beschwichtigung schickte ich die Fotos rum, die sie nicht wirklich mochten.
Expliziter wurden sie dann in der letzten Mail in dieser Woche, was ich recht negativ aufnahm.
Ich kann stolz feststellen, dass ich noch nie (!) einen Kunden hatte, der mit seinen Bildern unzufrieden war. Das Fujiya hätte die Strähne durchbrochen. Im Endeffekt war es aber ein Missverständnis, da ihnen nur die Auswahl der Bilder seitens der Metropolis missfiel.

…zumal: bezahlt hat mich hier keiner, wozu aufregen.

Lieber Fujiya-mäßig entspannen….

Homepage vom Fujiya-Hotel: Hier

Der Artikel ist in der nächsten Ausgabe der Metropolis (diesen Freitag), kostenlose Exemplare gibts überall in Tokyo.

Ich bin dann jetzt erstmal in Hokkaido, bis nächste Woche, oder so….