Die goldenen Gassen von Shinjuku

Zugegeben, ein etwas dramatischer Titel für einen kleinen Bereich voller Bars und Bars und Bars – die Shinjuku Golden Gai

Für den Tokyoguide zu Shinjuku bin ich auch durch die Shinjuku Golden Gai gezogen, einem Ort, von dem ich vorher wenig gehört hatte, und der so versteckt liegt, dass man ihn nicht findet, wenn man nicht weiss, wo er ist. Ich musste auch lange suchen. Die Wegbeschreibung klingt auch, als ob sie aus einem Märchen stammt:

Hinter dem Rotlichtviertel Kabukicho liegt ein Tempel, dahinter, zwischen zwei großen Bäumen hindurch, führt eine Straße durch einen kleinen Wald. Links davon ist dann die Golden Gai.

Und was soll ich sagen, irgendwo hatte die Beschreibung recht.

Das ist der Weg, ein Steg über Gras, zwischen Bäumen hindurch. Die Anzahl und Dichte der Bäume hier, versteckt hinter ein paar Häusern, ist in Shinjuku echt aussergewöhnlich.

Mir kam das alles vor wie aus einem Anime, so ein fantastisches Setting, Natur trifft Großstadt.

Und überall elektrische Geräte an den Wänden und ein Kabelwirrwarr zwischen den Ästen.

Nur am verrosteten Straßenschild kann man dann erkennen, dass man es endlich gefunden hat.

Die Golden Gai – das sind verschiedene kleiner Gässchen, mit einer Gesamtfläche von gerade mal 2km², auf der sich Bars dicht an dicht drängen.

Einige sind dabei gerade mal so groß, wie die Eingangstür breit. Insgesamt werden es wohl mindestens 1000 Bars sein. Wie die sich alle halten können, ist mir ein Rätsel. Einige spezialisieren sich stark, wobei dann ziemlich absurden Bars und Sprüche an der Tür herauskommen.


Na ob das wirklich eine japanese hentai Bar ist….

Die Golden Gai ist bzw. war allgemein als Künstlerviertel verschrien. In den 70er Jahren drängten viele junge Künstler in die kleinen Bars, dazu kamen Regisseure, Mangaka, Schreiber… Mit der Zeit wurden die Künstler älter und gingen, oder blieben sporadisch. Trotzdem kommen noch viele hierher und suchen den Geist vom alten Golden Gai, und folgen dem Ruf, von dem sie gehört haben.

Die “Gaijin-Problematik”, also wie man mit Gästen umgeht, die die eigene Sprache nicht sprechen, wird unterschiedlich gelöst. Einige locken Englisch-sprechende Kunden stark an, und kassieren dann auch stark ab, mit 1000yen Eintritt zu den 6m² der Bar. Andere wiederum schreiben in Englisch an die Wand: “Hallo Ausländer, wenn du nur das hier lesen kannst, brauchst du gar nicht erst durch unsere Tür kommen”.


Life is a bitch, but I love bitch and bitch loves me

Nette Lebensphilosophie. Komplett mit Diskokugel.

Zwischen den Gassen und den Bars, gibt es dann nochmal kleinere Durchgangsgassen.

Einige zappenduster.

Und Kabel überall…

Eigentlich gibts dort ein strenges Fotografierverbot, überall weisen Schilder daraufhin. Und bei Nacht, wenn Betrieb ist, wird das wahrscheinlich auch stärker forciert. Ich hatte im Tageslicht mehr Erfolg, allerdings kann ich so auch nicht für die Golden Gai bei Nacht sprechen. Ich werds mir bei Gelegenheit mal geben.

Mir gefallen die kreativen, kleinen Bars, auch wenn viele deutlich “Abzocke!!” schreien. Ob sich in der Golden Gai immernoch viele Künstler auf- und unterhalten und sich betrinken kann ich hier und jetzt nicht sagen. Mittlerweile weiss ich aber, dass es in Tokyo bessere Plätze gibt, um Kunst zu zeigen und mit anderen ins Gespräch zu kommen.