Bücherliebe


Ich war letzten Herbst in Tokyo und konnte im Oktober noch das “Festival der gebrauchten Bücher” besuchen. Seit 1960 wird es im Stadtteil Kanda gefeiert, über 500.000 Literatur-Liebhaber strömen dann in das Buchviertel Jinbocho. Mit mehr als einer Million angebotenen Büchern ist es die größte Buchhandlung der Welt.

Ich hatte vorher schon von dem Festival gehört und die Bilder gesehen, von den übervollen Buchtischen mit einfachen Glühbirnen dran. Da Sayuri gerade mal frei hatte, wollte ich sie dort eigentlich auch treffen und mit ihr zusammen die Stände abgehen – aber in der Menschenmasse konnte ich sie einfach nicht finden. Schade, denn vor meiner Abreise musste sie immer an jedem Tag arbeiten und war verhindert.

Der “Korridor der Bücher” war echt beeindruckend, selbst für Leute ohne, oder mit wenig Japanischkenntnissen.

Aufm Deich


Letzte Woche Mittwoch klingelte abends das Telefon. Ob ich am nächsten Tag ins Hochwassergebiet möchte, Bilder mitbringen. Und filmen. Und Ton aufnehmen. Und kleine Texte machen. Und immer schon unterwegs nach Berlin senden.

Klar kann ich das.
Gerne.

Tatsächlich fotografierte und filmte ich recht wenig. Wir waren zu zweit unterwegs, für eine Agentur in Berlin, welche wiederum von einem Verlag in Hamburg beauftragt wurde. Meine Rolle war mehr die des Redakteurs vor Ort, nicht die des Fotografen. Das übernahm meine Kollegin.
Ständig hing ich am Telefon, sprach mit Offiziellen oder versuchte zu organisieren, wo wir die nächsten Bilder und Interviews herbekommen. Wir sind so spontan hingeschickt worden, dass wir keine Ahnung hatten, was überhaupt vor Ort passierte. Wir sind also rumgefahren, haben Leute gesprochen und sind dorthin gegangen, wo es was zu erzählen gab. Direktes journalistisches Handwerk. Einfach mal losfahren und sich die Geschichte vor Ort suchen. Seit Japan hatte ich nicht mehr so gearbeitet – und ich genoss es sehr.
Erst gegen Ende unseres 19 Stunden Einsatz (um 5 Uhr früh ging es bereits los) hatte ich die Gelegenheit, selbst zur Kamera zu greifen.

Die Anstrengung war eine sehr willkommene Abwechslung. Es war der erste Auftrag seit einer Weile. Gerne mehr davon.

Grasdorfs Glasperlenspiel

Eine Minute von meiner Haustür entfernt liegt die Natur. Felder, Koppeln und ein Fluss ziehen sich durch Grasdorf, dem historischen Zentrum von Laatzen, ein Vorort von Hannover. Nach dem morgendlichen Joggen habe ich mal die Kamera mitgenommen.

Die Wände sind dünn in Grasdorf. So weiß ich zum Beispiel, dass der Sohn meiner Nachbarin pünktlich um Viertel vor neun im Bett sein muss (meist gefolgt von einem gebrüllten “Und keine Diskussionen!”). Ebenso weiß ich, dass der Nachbar unter mir gerne Techno hört. Laut.
Eines Morgens wachte ich auf und der Nachbarsjunge schrie durch die dünne Wand: “Der Nebel! Die ganze Landschaft ist weg!”. Leicht irritiert und noch etwas verschlafen fragte ich mich, ob meine neue Nachbarschaft sich tatsächlich nun schon verabschiedet hatte. Ich kannte sie doch bisher kaum. Der Blick aus dem Fenster zeigte dann auch nicht viel, außer dem Nebel, der übers Feld waberte.

Ich zog mir die Laufschuhe an und setzte eine Mütze auf, um endlich mal wieder am Morgen zu Joggen. Endlich, nach dem stürmischen Regen der letzten Tage. Es war aber nicht minder feucht und frostig in der Nebelwand.

Während mich beim morgendlichen Joggen in Berlin nur ausländische Touristen beobachten, glotzen in Grasdorf nur die Pferde.

Die ganze Landschaft dampfte im hellen Morgenlicht.

Das ganze Gestrüpp war voll mit Spinnenweben und in der Morgensonne leuchtete überall der Tau.

Wie feine Glasperlen, aufgereiht an einer Schnur, glänzten die Tropfen im tiefen Licht.