Unter einer Brücke in Berlin…

Aus Wikipedia: “[Reverse Graffiti] (frei übersetzt: “umgekehrte Graffiti”) ist eine spezielle Form von Graffiti. Das Bild entsteht hierbei, indem z. B. eine Straße, eine Tunnelwand oder Stadtmöbel partiell gereinigt werden.”

Ich hab zwei Brüder. Der Eine sitzt, sofern er nicht im Ausland unterwegs ist, in Hamburg und macht Beiträge fürs Fernsehen. Der Andere hat zwei Kinder, sitzt mit denen und einer Frau in Berlin, und ist selbstständiger Buchgestalter. Vorher war er Art Director bei ner großen Werbefirma – und hat somit insgesamt mehr Ahnung von Fotografie als ich.

Wenn er dann doch mal anruft und mich als Fotograf braucht, ist das schon etwas besonderes. Er brauchte mich zudem noch als Kameramann und was dann dabei entstand war das hier:

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=fKoZKyeMxIk&w=720]

Das Ganze nennt sich dann “reverse Graffiti” (siehe oben) und wurde mit einem gemieteten Kärcher-Wasserstrahler, angeschlossen an einen unterirdischen Hydranten, an der Wand unter einer Brücke unter der Warschauer Straße in Berlin gemacht. (und zwar exakt hier)

Die Idee war, für das Buch 50 einfache Dinge, die du tun kannst, um die Gesellschaft zu verändern, eine etwas aufwendigere Aktion zu unternehmen, um mit der Idee den Verlag zu überzeugen. Mit Erfolg – und nun gab es auch für mich die Freigabe das Ganze zu veröffentlichen. Auch wenn schlussendlich das Design des Buchs nichts mehr mit unserer Aktion gemeinsam hatte, und das Buch höflicher wurde, indem das Du zum Sie hochgestuft wurde.

Das Ganze fand an einem kalten Dienstagmorgen im Herbst statt. Die Aktion war auch angemeldet, sodass wir Strom und vorallem Wasser von der Stadt bekommen konnten – und damit nicht alle 10min jemand vorbei kommt, der denkt, dass wir Terroristen sind. Insgesamt waren wir vier Leute: mein Bruder, seine Praktikantin, eine befreundete Helferin und icke. Mir wurde dabei das iPhone in die Hand gedrückt, mit dem Hinweis “Film mal”.

Ich hantierte nun also ständig mit zwei Kameras herum, mit meiner Spiegelreflex und der Videokamera des iPhones. Bei Beiden musste ich inhaltliche relevante Szenen mitnehmen, damit sowohl eine reine Bilderserie, als auch der Videofilm am Ende für den Betrachter Sinn machen. Zum Glück zogen sich die meisten wichtigen Schritte etwas in die Länge und wurden teilweise wiederholt, sodass sich genug Möglichkeiten ergaben.

Zuerst gabs eine Probe auf dem Boden. Der Witz beim “reverse Graffiti” ist ja, dass keine Farbe oder ähnliches auf die Wand gelegt wird, sondern es wird nur Schmutz abgetragen. Das eigentliche Graffiti ist dann einfach die ursprüngliche Farbe unter dem Schmutz, die so wieder sichtbar wird. Und an schmutzigen Böden und Wänden gibt es in Berlin wahrlich keinen Mangel. Auch wenn es etwas schwierig war, eine passende Stelle, ohne viel Publikumsverkehr und passender Strom- und Wasserversorgung zu finden.

Nachdem es auf dem Boden einigermaßen funktionierte, sollte es an die Wand gehen.

Das Ganze ist natürlich ne ziemlich feuchte Angelegenheit. Man muss die Schablone dabei auch noch fest an die Wand drücken, sonst franst der Wasserstrahl die feinen Ecken aus. Diesen Job, unter dem Strahl zu stehen und das ganze Wasser abzubekommen übernahm natürlich….

…die Praktikantin.
Sie hielt sich allerdings wacker. Ich beschwerte mich mehr als sie über die Kälte und Nässe, auch wenn ich nicht der war, der klatschnass unter dem Strahler stand.

Dann noch trockenföhnen.

Qualitätskontrolle.

Und es steht. Zweimal.

Das Witzige ist, dass man den Text auf dem Boden nur aus einem bestimmten Winkel sieht.
Nun musste ich nur noch frontal ein Foto machen, was fürs Cover gedacht war, und oben im Video am Ende zu sehen ist.

Und wo alles fertig war, machte mein Bruder noch sein Auto sauber.

Gesamt ne lustige und kalte Aktion, die ungefähr ne Stunde dauerte und auf knappe zwei Minuten Video zusammengeschnitten wurde. Es wurde dann noch eine lange Nacht für meinen Bruder, da sowohl Video, als auch Cover und Präsentation des Materials am nächsten Tag fertig sein mussten. Ich bin allerdings danach einfach nachhause gefahren, hab mir ne heisse Schokolade gemacht und mich ins warme Bett gelegt…

Das “reverse Graffiti” dürfte heute noch unter der Brücke kleben, schaut mal vorbei.

Mehr dazu:

->Website der Firma meines Bruders, mit mehr Infos zum Buch und neuen Cover

->Video einer schönen reverse Graffiti Aktion in San Francisco

2 thoughts on “Unter einer Brücke in Berlin…”

  1. Hab von Reverse Graffiti noch nie zuvor gehört, aber die Idee dahinter gefällt mir sehr gut. Schöne Aktion muss ich sagen. Das Ursprungscover also das Bild aus der Wand gefällt mir am Ende aber doch besser.

  2. hallo fritz,wir haben uns aufm japanfestival kennengelernt (und ich hab dir einen “Fukuoka ist ja sooo viel toller als tokio”vortrag gehalten 😉
    deine seite ist klasse…die aktion hier einfach interessant…macht hunger aufs buch

    toitoitoi, dass es mit den auftraegen weiter so flutscht!
    es gruesst die jule

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