Tokyo Reflections

Heute ist ein Interview von mir online gegangen, das ich für das Tokyo Art Beat Magazin mit dem Architekten Christoph Vogel führte:

Tokyo Reflections ist eine geplante öffentliche Ausstellung in der Tokyo Station und dem Shinjuku Imperial Garden, mit spiegelnden Körper, die eine ausgestorbene Alienrasse darstellen.


© cheungvogl

Es ist etwas kompliziert, das in nur einem Satz zusamenzufassen, für Leute die mehr wissen wollen, ist schließlich auch das Interview da:

Interview im Tokyo Art Beat Magazine: -> Tokyo Reflections

Aber an dieser Stelle kann ich mal erzählen, wie es zu dem Interview kam:

Mit einer gewaltigen Prise Web 2.0 fand ich Tokyo Reflections zum ersten Mal. Auf Twitter folge ich vielen Stimmen aus Tokyo, einer von denen entdeckte eine Meldung im Blog von Jean Snow, der sich wiederum auf einen ausführlichen Beitrag im designboom Blog bezog, dem wahrscheinlich ein ebenso ausführlicher Beitrag auf archiCentral voranging.


© cheungvogl

Als Fan von Architektur, Kunst, Tokyo und abgefahrenen Sachen, fand ich das natürlich sehr geil, und wollte mehr wissen. Ich wandte mich ans metropolis magazine, die allerdings auch nicht mehr wussten, als da stand, und erst etwas bringen wollten, wenn es stattfindet.
‘Wann’ das ganze stattfindet, stand in keinem der Blogs. Also fragte ich meinen Kontakt, den ich zu Offiziellen der Stadt Tokyo habe, ob die genaueres wissen. Die guckten dann auf die Homepage vom Architektenbüro (die selbst in Hong Kong sitzen) und stellten fest, dass einer der beiden leitenden Architekten Deutscher ist. Man schlug mir vor, doch einfach mal selbst nachzufragen. Ich ging also direkt zur Quelle.


© cheungvogl

Der Kontakt wurde recht schnell recht freundschaftlich (und der Architekt wurde schnell Fan von meinem Blog 😉 ). Ich hatte bei dem Tokyo Art Beat Magazine vorher schon angefragt, ob sie was über das Projekt wussten, oder schonmal was drüber gebracht haben. Sie wussten nix, waren aber umso interessierter daran. Da das Ganze aber auf englisch sein musste, musste ich all meine Fragen die ich auf Deutsch schon beantwortet bekommen hatte, noch einmal auf englisch stellen.


© Tomo Yun/cheungvogl

Leider gibt es noch kein konretes Datum, wann wir Aliens neben Salarymen sehen werden. Aber wenn in einem Land auf dieser Erde, jemals Aliens neben Anzugträgern auf einem Bahnsteig stehen, dann definitiv in Japan.

Interview im Tokyo Art Beat Magazine: -> Tokyo Reflections

“Foto! Foto! Foto!”

Am 11.1. war der Seijin no Hi (成人の日 (=”der Tag der jungen Menschen”)) , ein nationaler Feiertag in Japan, an dem alle 20 Jährigen des Landes in einer Zeremonie zu Erwachsenen erklärt werden. Die Mädchen tragen dabei hübsche Kimonos, die Jungs sehen aus wie kleine Yakuza – und Ausländer werden bei der Zeremonie nicht gern gesehen.

Die Antwort zu einem vorherigen Beitrag vorweg: Ich bleibe noch ein Weilchen in Tokyo! Der 11.1. wäre eigentlich mein Flugdatum gewesen und gleichzeitig auch der Zeitpunkt, an dem schon ein halbes Jahr Japan hinter mir liegt. Wie die Zeit vergeht…

Eine Japanerin meinte zu mir, als ich mit ihr über diesen Termin sprach, dass dort doch auch der Seijin no Hi stattfindet, an dem viele japanische Mädchen in hübsche Kimonos schlüpfen. Sie sagte noch mehr, auch etwas über Chancen und Möglichkeiten in Japan, doch bei “japanische Mädchen” hatte sie mich schon überzeugt.

Eine junge Dame, bekannt aus diesem und diesem Beitrag lud mich dann auch zu den Feierlichkeiten zu ihrem Seijin no Hi in Kawasaki ein. Der Andrang war gewaltig.

Über 8.000 Jugendliche aus ganz Kawasaki, die zwischen April des letzten Jahres und dem April diesen Jahres 20 wurden bzw. noch werden, fanden sich in festlicher Kleidung zusammen.
Den Ort zu finden war dabei nicht schwer, ich musste nur den Mädels im Kimono und dem kilometerlangen Stau mit gestressten Eltern und verkleideten Kindern auf der Rückbank folgen.

Das Schuljahr beginnt in Japan im Frühjahr, und so stammen alle Jugendlichen, die an diesem Tag gefeiert werden, aus demselben Schuljahrgang. Viele gingen zusammen zur High School, Junior High, Grundschule oder sogar Kindergarten. Es war eine große Wiedersehensfeier.

Die Jungs trugen dabei entweder einen westlichen Anzug, oder einen dunklen Kimono, der sie eher wie Samurai oder kleine Yakuza aussehen ließ.


(man achte auf die Tatoos vom Hintermann….)

Die Mädels trugen dabei einen bunten und den Wintergraden angepasster, vom Stoff etwas dickeren Kimono, genannt Furisode. Dieser ist schweineteuer, und viele können sich den nur leisten, in dem sie ihn eben für diesen einen Tag ausleihen – und selbst da sind die Kosten sehr hoch. Dementsprechend gerne zeigt man ihn dann vor und lässt sich vielfach ablichten.

Ich suchte nun eben die Dame, die mich hierzu eingeladen hatte. Mein Telefon machte allerdings Spirenzchen, sodass ich sie nicht kontaktieren konnte. Ich dachte, ich find sie bestimmt in der Masse. In der Masse von hübschen Mädchen und kleinen Gangstern.

Nach einer Stunde Suchen gab ich auf und beschloss, in die Halle hinein zu gehen. Man fragte mich nach einer Einladung, die ich nicht hatte. Ich konnte nur erklären, dass ein Freund von mir drinnen ist. Ich musste meinen Namen und meine Adresse angeben (wobei für Adresse in dem Fall nur “Tokyo” gereicht hatte). Drinnen entfaltete sich eine riesige Halle mit Platz für mehrere tausend Leute.

Da die Hälfte der Leute noch draußen stand um ihr Wiedersehen zu feiern, war es drinnen überschaubar. Auf der Bühne saßen etliche Vertreter der lokalen Politiker, die nach und nach vorgestellt wurden und eine kleine Ansprache an die Jugendlichen hielten.

Die ganze Zeremonie soll sie auf die Pflichten im Leben eines Erwachsenen vorbereiten. Viele interessierte das, was die da oben erzählten, allerdings nicht sonderlich.

Man vertiefte sich lieber im mitgebrachten Manga…

…oder beschäftigt sich lieber mit dem Handy.

Mit 20 Jahren darf man in Japan Rauchen, wählen gehen und Alkohol trinken. Von letzterem Recht haben an dem Tag auch viele Jungs Gebrauch gemacht, und so auch andernorts bewiesen, dass sie eben noch nicht erwachsen sind.

Die dunkle Halle wurde oft von Gegröhle unterbrochen, das nur mit Schwierigkeiten unterbunden werden konnte. Einige waren auch viel zu cool um sich davon stören zu lassen.


(Sonnenbrille muss sein, auch in einer dunklen Halle)

Dieser Seijin no Hi ist vielleicht allenfalls vergleichbar mit der deutschen Jugendweihe, wenngleich die auch schon mit 14 Jahren stattfindet. Jedoch ist in Japan der lokale Bezug sehr viel stärker. Lokale Politiker gratulieren den jungen Erwachsenen und es wurde auch ein Film gezeigt, in der Leute auf der Straße ihre Glückwünsche in die Kamera sprachen. Zwischendurch wurden auch die letzten 20 Jahre in der Region betrachtet, welche wichtigen Ereignisse stattfanden oder Gebäude gebaut wurden, in der Zeit, in der die Jugendlichen auf der Welt sind.

Die Kamera immer drauf.

Salarymen in spe.

Nach dem offiziellen Programm trat dann noch eine Band auf. Die Halle füllte sich auf einmal sehr stark und alle drängten laut zur Bühne. Die Band wird wohl bekannt gewesen sein (vermutlich aus Osaka…?) doch ich hab den Namen nicht verstanden.

Die Dame, die mich eingeladen hatte, hatte ich zu dem Zeitpunkt übrigens immer noch nicht gefunden. Man betrachtete mich schon argwöhnisch. Denn bis auf die jungen Erwachsenen waren eigentlich keine Gäste erlaubt, nicht einmal die Eltern waren anwesend. Was denn der Ausländer mit der Kamera hier macht? Wird bestimmt ein Terrorist sein…
Einer von der Security fragte mich dann, ob ich zum Staff gehöre. Ich stammelte nur, dass meine Freundin hier irgendwo sitzt und das reichte ihm dann.
Ein anderer Futzi nahm das ganze etwas ernster, kam dann auf mich zu und signalisierte, dass Fotos machen verboten ist – während alle Japaner um mich herum mit Komptaktknipse und Kamera-Handy hantierten.

Ich steckte die Kamera dann erstmal weg und wollte warten, bis er abhaut. Doch er verfolgte mich unauffällig auf Schritt und Tritt. Irgendwann konnte ich ihn dann in der Menschenmenge abschütteln. Mein blondes Haar konnte man in der Dunkelheit zum Glück kaum vom glänzenden schwarzen Haaren unterscheiden…

Die Band heizte gut ein. Das Publikum war angetan.

Nur Tanzen konnte man in den Kleidern echt nicht.

Als die Musik aus war, drängte alles nach draußen. Ich hatte gehofft nun im Licht und der lichter werdenden Menge besagte Freundin entdecken zu können, doch Pustekuchen.

Draußen staute sich dann wieder alles:

Ich gab nun jede Hoffnung auf, in dieser Menschenmenge jemals diese eine Japanerin zu finden, die mich eingeladen hat.

Auf einmal ruft jemand meinen Namen von links.

Gleich drei Mädels kommen lächelnd auf mich zu. Es war besagt junge Dame mit ihren zwei Freundinnen, wunderschön im Furisode und mit Blume im Haar.

Ich hatte mich gefreut sie endlich getroffen zu haben und ein paar offene Fragen zur Veranstaltung beantwortet zu kriegen. Doch sie eilten fix voran, es mussten ja noch ehemalige Klassenkameradinnen getroffen (und der blonde Ausländer vorgestellt) werden.

Als dann der Satz fiel “…. er ist aus Deutschland und Fotograf” kamen sie aus dem Staunen nicht mehr raus. Mit einem Mal hatte ich dann aber fünf Kameras in der Hand, mit der Bitte, von allen ein Foto zu machen. Und mit den Mädels da drüben auch. Und hier die auch noch. “Foto! Foto! Foto!”

Auch gegenseitig wurde zur Kamera gegriffen um den Moment, diesen Tag und vorallem diese Kleider festzuhalten.

Die Jungs zogen es dann aber vor, noch einmal einen auf King Kong zu machen, laut zu gröhlen und eine Botschaft zu verkünden (was immer die auch war…)

Man achte auf den Sicherheitsfutzi….

Die Damen mussten dann schnell weiter, die Familie wartete bereits. Andere machten sich auch fix auf den Weg nach hause – immer in eleganten Tippelschritten, was anderes it mit diesen Zōri Sandalen auch nicht möglich…

Für die Berliner Zeitung habe ich einen Artikel über den Seijin no Hi geschrieben, der ist heute in Berlin erschienen. Online gibts ihn hier:

Berliner Zeitung vom 18.01.2010
Link:
Erwachsenwerden auf Japanisch

Gesamt eine runde Veranstaltung, auch wenn ich danach erst einmal wieder Bilder von hässlichen Männern anschauen musste, das war an dem Tag einfach ein Kawaii-Overkill…

Was ich an Silvester 2009 in Tokyo gemacht habe

Anstatt Party zu machen oder einen Schrein zu besuchen habe ich mit jungen japanischen Bands in einem kleinen Musikkeller ins neue Jahr gerockt. Am Ende haben alle zusammen gesungen, getanzt und waren glücklich. Man merkt, die haben Spaß beim Musik machen – und diese Freude steckte an. Ach und der japanische Jimi Hendrix war auch am Start….

Ich hab lange überlegt, was ich an Silvester machen sollte. Ich bin kein Party/Clubgänger-Typ, und nur saufen um zu saufen brauchte ich auch nicht. Zudem ist in Japan der Silvester-Abend eher besinnlich als reine Party. Da ich mir jedes Jahr wenig Gedanken um den Silvesterabend mache, kann ich auf eine lange Geschichte lahmer/peinlicher/unangenehme Jahreswechselabende zurückblicken:

prä 2003 – zuhause mit Eltern, Tischfeuerwerk und Heringssalat

2003 – Silvester in einem “Schülerladen”, eine Art Kinderhort, der der Mutter einer Mitschülerin gehörte. War recht wild, da viele meinten nen harten Kerl raushängen lassen zu müssen und ohne Ende Alkohol becherten. Etliche Ohnmächtige und Kotzorgien waren die Folge. Für mich als Nichttrinker amüsant zu beobachten. Trotzdem waren die bunten Kindermalerein des Schülerladens für uns Jugendliche natürlich viel zu uncool.

2004 – aus Mangel an Alternativen noch mal Schülerladen, diesmal relativ lahm, da die meine besten Freunde entweder im Ausland, oder auf cooleren Partys waren.

2005 – Silvester zusammen mit drei Pärchen, darunter 5 Personen, die Informatiker waren, und kein anderes Thema kannten. Ich war dabei nicht nur das fünfte Rad am Wagen, sondern gleich Rad fünf bis zwölf. Unspaßig

2006 – Kurzfristig entschieden als Atheist in der Stadtmission eines guten Freundes zu feiern. Als einziger Nichtchrist etwas komisch, trotzdem ganz nett.

2007 – In Berlin unterwegs und Fotos von Feuerwerken und anderen Lichtgestalten gemacht, bis mir die Finger abgefroren sind


Die Party jenseits des Flusses

2008 – Verweigerung und aus meinem warmen Zimmer zuhause das Feuerwerk in Berlin beobachtet und fotografiert

Egal was ich nun in Tokyo machen sollte, es konnte nur besser werden.
Das einzig Feste, was ich schon bereits seit Oktober für diesen Monat geplant hatte war ein Konzert der Band FLAVA.

Ich hatte FLAVA im Oktober auf der Design Festa gehört und entdeckt, und kurzerhand zu meiner neuen Lieblingsband erklärt. Nach der Design Festa habe ich die Band etwas gegoogelt und bin so zum Blog der Sängerin Sayuri gekommen. Sie hatte auch schon einen Eintrag zur Design Festa geschrieben und ich schrieb ihr in Englisch einen Kommentar drunter:

3 ■無題

hey, I have seen you at the design festa and fell in love with your music! I bought your album and listen to it all the time 🙂 I hope to see you play live again sometime
フリッツ 2009-10-26 14:42:36 >>このコメントに返信

Ich hatte eigentlich nicht mit einer Antwort gerechnet, aber es kam dann eine in Japanisch, die ich erst mir von Google übersetzen lassen musste.

7 ■English and Deutch

>フリッツさん
いま久しぶりに英語とドイツ語を思い出しているので
お返事、もう少し待っててください!
日本語以外で、ちゃんとお返事しますね!

ああ、先に日本語で書いちゃった…。

Übersetzung:

7 ■ English and Deutch

“Says Fritz
I remember that after a long time now in English and German
Reply, please wait a bit!
Non-Japanese, I will reply properly!

Oh, I wrote the first Japanese ….

Wenig später kam dann:

9 ■Danke fuer Ihnen Kommentar.

>Fritz

Hallo,Fritz!Wie geht es ihnen?
Ich bin Sayuri von FLAVA.
Danke fuer Ihnen Kommentar.

I’m very glad to see you.
Thanks for writing on your weblog about us!!

By the way,where are you from?Germany??
I studied German when I was in Graduate school.
But I’ve forgot a lot of German words…(I’m so sorry!)
If you come our live again,I hope I can talk to you in German.
I’ll study German until the day when I could meet you.

For the closure, I will write a message in German!
I hope you understand what I mean!

Wenn du kommest mein Konzert,will Ich Deuch sprechen.
Tschuss!!
sayuri 2009-10-27 19:29:24 >>このコメントに返信

Das sie Deutsch gelernt hatte, hat mich dann doch sehr überrascht. Ich hatte dann irgendwo gelesen, dass ihr nächstes Konzert am 31.12.2009 sein sollte und meinte, dass ich gern vorbei kommen würde. Das war im Oktober, und zwischendurch hatten wir auch keinen Kontakt mehr. Umso überraschter war ich dann, als ich am Silvesterabend ankam, dass ich auf der Gästeliste vom Bogaloo stand, geführt unter den Gästen der Band FLAVA. Fand ich cool 🙂

Das Bogaloo ist ein Haus bzw. mehr ein Keller für Live-Musik. Der Musikraum ist dabei mit ca. 6mx7m nicht sonderlich groß, aber das Publikum war mit ca. 50 Gesichtern auch recht überschaubar. Wie ich mit der Zeit merkte, waren im Publikum aber auch größtenteils die Bands und Musiker, die dann später noch auftraten. Die Verteilung war ungefähr so: 60% Musiker, 35% Freunde, Familie und Bekannte der Musiker und 5% einfach so dazu gestoßene. Und, nunja, 1% Ausländer – ich.

Als ich hereinkam wurde ich schon etwas neugierig betrachtet. Die Bands kannten sich natürlich alle untereinander, und ich als einziger Ausländer war da natürlich recht alleine. Die Bogaloo-Gemeinschaft an Bands, die dort wohl öfter auftreten, ist wirklich wie eine große Familie. Das merkte man auch daran, dass viele Musiker sich unternander aushelfen, und mal in der einen, mal in der anderen Band spielten, falls mal not am Mann war.

Trotzdem habe ich micht nicht wirklich ausgeschlossen gefühlt. Durch die Musik wird man als Zuhörer wirklich Teil der Gemeinschaft. Man hat Freude am Zuhören, so wie die Musiker Freude am Spielen haben, das konnte man wirklich merken. Ihre Begeisterung färbt auch auf die Zuschauer ab. Ich hab zwar absolut kein Wort von dem verstanden, was sie gesungen haben, dennoch hat es mir gefallen und mich begeistert.

Das Ganze am 31.12.2009 war eine Countdown-Party, Beginn schon um 18 uhr. Es sollten über 6 Stunden Musik folgen.
Zuallererst spielte die Band, für die ich eigentlich gekommen war: FLAVA

Zuerst war Sayuri, die Sängerin, alleine auf der Bühne und setzte sich ans Klavier. Ich war überrascht, gab es doch auf der CD, die ich hatte, keine Klavierstücke. Doch gekonnt sang und spielte sie gleichzeitig neue Lieder, die auf der CD nicht drauf waren.

Nach dem Klavierstück stellte sie sich vorne auf die Bühne und es kamen ein Gitarrist und ein Drummer hinzu, der gekonnt auf einer einfachen Box den Takt vorgab. (Nachtrag: Ein Musiker schrieb mir, dass die Box wohl ein Cajon gewesen sein wird, ein alte peruanisches Instrument)

Zwischen den Liedern erzählte sie etwas über die Band. FLAVA gibt es seit 6 Jahren und im letzten Jahr haben sie ihr erstes Mini-Album herausgebracht, welches ich dann auf der Design Festa gekauft habe. Ursprünglich bestand die Band aus Sayuri und dem Gitarristen, zusätzlich zu wechselnden unterstützenden Musikern. Der Gitarrist ist jetzt irgendwie weg, ich hab das nicht genau verstanden, aber jedenfalls ist Sayuri jetzt alleine. Aber sie nimmt das ganz locker.

->Homepage von FLAVA: Noch einmal, mit Gefühl

Nach ihren leider sehr kurzen Auftritt machte sie in der Umbaupause kurz die Runde durchs Publikum. Sie hat vielen Freunden Hallo (und Danke) gesagt, die anscheinend nur wegen ihr gekommen sind, und sich nun verabschiedeten. Irgendwann entdeckte sie dann auch das blonde Haar in der Ecke und kam lächelnd auf mich zu.

Wir redeten etwas, so gut es ging, auf Deutsch/Japanisch/Englisch. Es haperte allerdings recht oft 😉 Jedenfalls freute sie sich, dass ich gekommen bin und ich freute mich, über die Musik. Ich zeigte ihr ein paar Fotos, die ich während ihres Auftritts gemacht habe, und sie war recht angetan. Sie ist selbst ein Foto-Fan und geht gerne zu Ausstellungen. Ich musste dann natürlich noch ein Foto mit ihr zusammen machen:


Ich bin letzte Woche aus Hokkaido eigentlich mit einem Vollbart zurückgekommen, den ich für Konzert abrasiert hatte. Geschadet hats wohl nicht.

Sie musste dann allerdings fix weiter, anderen Gesichtern ein Hallo und Danke aussprechen. Sie kam dann aber später zurück und saß neben mir und wir lauschten den anderen Künstlern.
Die Bühne machte knapp ein Drittel des gesamten Raums aus, ohne Probleme konnte man selbst ohne Mikro die Musik auch noch ganz hinten verstehen. Trotzdem wurden die Boxen voll aufgedreht – alles andere wäre ja auch nicht Rock’n’Roll. Ich saß leider direkt neben den Boxen (und der Bühne), was, trotz guter Musik, mein Trommelfell ordentlich strapazierte.

Als nächstes trat tsubame caffe auf, ein junges Mädchen, das sich ganz schüchtern am Gitaristen vorbei zum Klavier gedrängelt hat. Wie Sayuri sang und spielte sie gleichzeitig. Sie sang von einem Café im vierten Bezirk, soviel konnte ich noch verstehen. Aber eine wunderschöne Stimme hatte sie. Auch als sie sich vom Klaviert wegbewegte und zum Zentrum der Bühne ging, verlor ihre Stimme und ihr Gesang nicht an Gefühl.

Sie war allerdings sehr schüchtern und entschuldigte sich oft zwischendrin. Wenn sie nicht sang, war ihre Stimme nicht sehr sicher und oft zu leise, als würde sie sich nicht trauen gewisse Sachen hier auf der Bühne zu sagen. Doch wenn sie sang, konnte man ihr Herz hören, sicher und voller Gefühl.

Das gefiel auch Sayuri

Bassist der Band mit supercooler Frisur

Und es war ernsthaft auch ein Cello bei.



-> Homepage der Künstlerin:
einmal Kaffee bitte

Nach dem Aufritt kam sie auch noch bei Sayuri und mir vorbei und griff nach der Sicherheit von Sayuri’s Hand. Diese lächelte nur und versicherte ihr, dass sie nen guten Auftritt hatte.
Ich fragte dann Sayuri, ob sie auch noch schüchtern oder aufgeregt ist, wenn sie auf die Bühne geht. Sie lächelte mich nur an und meinte “Nein”.

Jetzt traten ein paar Kerle auf und es wurde etwas rockiger, Kareiro betrat die Bühne.

Im Prinzip spielten sie ein einziges langes Stück, da der Drummer kaum Pause ließ und der Gitarrist immer neue Akkorde nachlegte.

Der Gitarrist war dabei einfach nur herlich: Mit dem Sänger liefert er sich einen konstanten Wettstreit, wer denn nun die größere Rampensau ist. Lasst es mich mal so sagen: Er hat gewonnen.

Die Schweissperlen vom Sänger glitzerten dabei im Scheinwerferlicht. Kurz noch ein Schluck Wasser

und weiter gehts

Die Band war grundsätzlich lauter und Rock’n’Roll-iger, als die Mädels vorher.

Samurai-Drummer

Der Sänger hatte dabei großes Show-Talent und wusste die Menge zu unterhalten. Die Gespräche und Witzeleien zwischen Publikum und ihm, sowie er mit seiner Band, erinnerten mich dabei an die Comedians aus dem japanischen Fernsehen, wo es ähnlich abläuft. Scheint wohl so ein japanisches Ding zu sein.

Dem Publikum gefiels.

Eine versucht das ganze auch mit kleiner Digicam auch aufzunehmen:

Aber ich hatte ja schon Schwierigkeiten mit meiner Kamera, weswegen viele Bilder hier auch nicht ganz so scharf sind….

->Homepage der Band: Rock’n’Roll baby

Kurze Umbaupause und Sayuri war weg, da sie beim nächsten Act als Backgroundsängerin agierte. Auftritt Salparadise

Die Frontsängerin von Salparadise ist eine richtige Rockröhre und Show-Talent.

Sie brachte wirklich gute Laune und Bewegung ins Publikum, wenngleich auch ernste Stücke dabei waren.

Die restlichen Mitglieder der Band:


Sayuri als Background-Unterstützung


Ebenfalls Background. Ich fand sie sehr fasziniert, sie ist sehr zierlich und sehr dünn, ihr Gesicht strahlt aber eine gewisse Eleganz aus. Hab allerdings kaum ein gutes Bild von ihr bekommen können.

Für einige Lieder hatten sie auch eine kleine Choreographie erarbeitet, die sie dann auf der Bühne vortanzten.

->Homepage der Band: Hehooooo

Und kurz danach hat sich dann meine Kamera verabschiedet. Der Akku war leer. Aber umso mehr konnt ich mich dann auf die Musik konzentrieren. Es lief auch eine Fotografin herum, die mit ihrem Equipment wohl bessere Bilder machen konnte, die Bilder finden sich vielleicht demnächst auf ihrer Homepage.

Es folgten dann noch die Bands:

MILDS – ziemlich lässiger Typ mit Hut

Anekdote dazu: Sein Gitarrist meinte irgendwas über sein Alter, dass er ja jetzt schon 35 sei und doch viel zu alt hierfür. Da schrie einer aus dem Publikum “Halte durch!” (“Ganbattane!!”)

wacci (und ihr sehr cooler Sänger Yu Kisakata) – wirklich gute Musik von ihm, hat mich sehr begeistert.

Die Band trat um 22.30 Uhr auf, und der Sänger machte es sich einen Spaß daraus, ständig auf die Uhr zu schauen und immer dazu zu sagen “Puh… noch über ne Stunde… na die Zeit kriegen wir auch noch rum….”.

Anekdote dazu: Die Musiker waren teilweise nicht teil der Band wacci und so kam die Frage auf, was denn wacci bedeutet. Gemeinsam rätselten sie, wofür es denn als Abkürzung stehen könnte und kamen auf:

World…. automatic….

der Drummer ergänzte dann noch:

“…chinese….. chocolate?…”

Und der Gitarrist rief dann rein:

“…international!!”

Das Publikum und vorallem der Sänger fand das sehr amüsant, weswegen er von da an sagte: “Okay, hier nun das nächste Lied von World Automatic Chinese Chocalate International!!

Kurz vor 12 trat dann Salparadise nochmal auf, auch nochmal mit Sayuri, diesmal allerdings alle zusammen in anderen Klamotten. Sie fingen an zu spielen bis es 12 Uhr war und bauten einen 10er Countdown einfach in das Lied mit ein. Als es 12 Uhr vorbei war, spielten sie einfach weiter. Die Stimmung im Publikum war pure Begeisterung und Freude, zusammen mit den Musikern. Es konnte sich nun keiner mehr halten, alles stand und machte mit.

Die Sängerin von Salparadise stimmte dann noch ein Lied an, dessen Refrain immer “frohes Neues Jahr” war. Sie hat alle vorhergehenden Künstler eingeladen auf die Bühne zu kommen, und spontan haben die jeweils eine Strophe zur Musik erdichtet und gesungen – was sie in diesem Jahr, an diesem Abend erlebt haben und was sie sich fürs nächste Wünschen.
Die schüchterne Sängerin von tsubame caffe kam auch nach oben und vorm Ende ihrer Strophe kamen ihre die Tränen. Irgendwie rührend.

Die Sängerin von Salparadise, die Rockröhre, hatte nun auch noch ausgerechnet am 1.1.2010 ihren 32. Geburtstag. Nach dem Ende des gemeinsamen Liedes kamen nochmal viele Leute und Musiker auf die Bühne um ihr Geschenke und Blumen zu überreichen. Da bröckelte nun auch die coole Rock’n’Roll Fassade und ihr kam vor Rührung die Tränen.

Nach dem Ende der Musik stellte mir Sayuri noch den Rest der Band vor. Zum Drummer meinte sie ganz stolz, dass er schon einmal in Amerika war. Wann denn, fragte ich ihn. Als er 10 Jahre alt war, sagte er. Und so war auch ungefähr sein Englisch 😉

Es lief alles etwas schleppend, aber dennoch haben wir noch ne Stunde reden können. So hab ich herausgefunden, dass der Drummer eigentlich Web-Designer ist, und der Gitarist bei Starbucks steht. Sayuri selbst ist ja Office-Lady in einem IT-Unternehmen. Als junger Künstler in Tokyo ist es halt nicht einfach. Trotz den über 2000yen Eintritt, die ich an dem Abend zahlen musste, werden die einzelnen Bands wohl selbst auch Geld bezahlt haben, um dort spielen zu dürfen – so läuft es tatsächlich in Tokyo.

Diese jungen Musiker, die allesamt wunderbar sind, und neben all dieser Idol/Pop-Maschinerie als richtige Musiker existieren, werden in kleinen Musikkeller weggesperrt. Echt Schade für Tokyo.

Gesamt war es eines der besten Silvester der letzten Jahre, auch wenn ich kaum Leute dort kannte oder mich verständigen konnte. Und das war auch eine junge Alternative zu den restlichen Silvesterfeiern an diesem Abend. Ich hab es sehr genossen. FLAVA spielt zwar erst wieder im März (worüber ich mich bei Sayuri schon deutlich beschwert habe), doch die Bogaloo Gemeinschaft tritt mehrmals auf. Ich werd sie mir sicherlich noch einmal anhören, wenn sie für mich spielen.

Insel Abenteuer!: Niijima

Nach Oshima ging es weiter südlich nach Niijima: Das Wetter war unberechenbar und wechselte innerhalb von kurzer Zeit von Regensturm zu Sonnenschein und wieder zurück. Der Lonely Planet sagt über Niijima, das man dort einige der besten Strände Japans findet. Der Lonely Planet lag falsch, aber ich fand ein Onsen am Strand, in dem ich lag und die Sonne im Pazifik untergehen sah. Mein Regenschirm, der mich um die halbe Welt begleitete und mir sehr lieb war, ging kaputt und ebenso auch meine Kamera.

So machte ich mich auf zu die Insel zu erkunden

Mit der Fähre von ging es weiter nach Süden. Der Regen war auch an diesem Morgen recht heftig und prasselte gegen die Fenster, während die grauen Wolken nichts gutes erahnen ließen.
Zwischen Oshima und Niijima liegt Toshima, die die Fähre zuerst ansteuerte. Völlig panisch rannte ich da schon zum Ausgang, mit Sack und Pack, doch man sagte mir, dass Niijima erst der nächste Halt ist. Ich hatte mir zwar die Kanji für “Niijima” aufgeschrieben, allerdings nur das hintere Kanji ‘島 – shima/jima’ welches einfach nur ‘Insel’ heisst. Das konnt ich mir noch merken, weil es ein bisschen wie ein Boot mit Segel aussieht.


Quelle: Japanese Calligraphy

In Niijima angekommen ging es dann richtig los mit dem Regensturm. Ich spannte meinen treuen Schirm auf, hörte ein kurzes ‘Krack’ und er sackte wieder zusammen. Mit Tasche und Schlafsack bepackt hatte ich keine Hand frei, mir das genauer anzuschauen, also suchte ich einen Unterschlupf.
In der Nähe des Hafens stand eine halbe Ruine mit offenen Türen, innendrin war ein Grill. Offensichtlich eine Art Strandbar, zur Saison oder zu besseren Zeiten.

Ich schmiss meinen Schirm erst einmal in die Ecke, setzte mich hin und aß einen Onigiri, den ich noch in Oshima gekauft hatte. Hier könnte ich die Nacht verbringen, es war geschützt und ich hatte einen Schlafsack bei. Doch wollte ich wirklich hier übernachten, im Sturm und in der Kälte?
Einen genaueren Blick auf den Schirm ergab, dass der Kranz, der die einzelnen Streben in der Mitte zusammenführt und -hält, durchbrochen war.
Ich wollte davon ein Bild machen, holte die Kamera raus und schaltete sie ein, doch sie ging nicht an. Rütteln und Schütteln brachte nichts.

Hier war ich nun, 200km südlich von Tokyo, in einer Ruine mitten im Regen. Mein Schirm, der mich nach Russland, Irland, Polen, Frankreich, und durch 3 Jahre Schulzeit begleitet und beschützt hat, war kaputt und hatte keine Aussicht auf Rettung.
Meine Kamera, meine Arbeitsgrundlage und Expressionsmittel für meine Seele, lag tot in meinen Händen.

Mir war nach umkehren und nachhause gehen. Doch ich wollte es nicht so enden lassen! Ich aß meinen Reiskuchen auf, atmete tief durch und schaute meine Kamera noch mal genauer an. Ein wenig am Ein- und Ausknopf rüttelnd fand ich heraus, wo das Problem lag. Ein simpler Wackelkontakt, ich musste den Knopf nur stets mit dem Finger in Position halten, dann würde es funktionieren. Unbequem, aber machbar.
Und mein Schirm? Tja… Es gab nicht viel, was ich in diesem Moment für ihn tun konnte, also ließ ich ihn zurück, versprach mir aber, für ihn zurückzukommen.

Da Niijima nicht so groß ist, und nur über ein Town Office verfügt, machte ich mich durch den Regen und ohne Schutz auf den Weg dorthin. Vielleicht hatte ich nochmal so viel Glück wie in Oshima.

Ich fragte nach einer Unterkunft. Auf der gesamten Insel gabs nicht viel, ein Ryokan und zwei Hotels. Da das Ryokan gleich um die Ecke war, und ich noch nie vorher in einem traditionellen japanischen Gasthaus geschlafen hatte, wollte ich mir die Erfahrung geben. Der Preis war mit 7.500yen zwar ordentlich happig, aber es war zweimal Essen eingeschlossen. Es war die richtige Entscheidung, denn so gut hatte ich bisher in Japan noch nicht gegessen.

Man hatte etwas Sorge, ob ich als Ausländer alle Gepflogenheiten eines Ryokan verstehen würde. Man suchte also ganz hinten aus dem Gasthaus ein junges Mädchen, die ein ganz klein wenig Englisch konnte.
Sie lieferte sich dabei ein paar Gefechte mit der Hauskatze, was ganz lustig zum Anschauen war.

Blick aus meinem Fenster im Ryokan:

Ich hatte den Raum komplett für mich, und es lag ein Futon bereit. Dass ich den Raum mit Hausschuhen betreten wollte fand das Mädel sehr lustig. Als das Mädel weg war kramte ich noch die beiden anderen Futons aus dem Schrank und stapelte sie übernander, wie ich das seitdem immer mache, wenn ich in einem japanischen Gasthaus übernachte. Ist halt weicher, gell.

Kurzes Durchatmen. Meine Situation vom ‘im Regen mit kaputter Kamera in einer Bruchbude’ hat sich schlagartig verbessert. Es geht halt immer, irgendwie.

Ich machte mich also auf die Insel zu erkunden, mit dem Schirm vom Ryokan und stets einen Finger verkrampft am Einschaltknopf meiner Kamera, auf dass sie ja nicht noch mal ausgeht.

Man merkt der Insel die Lage im Südpazifik schon an, alles wuchert wie bescheuert.

ähm… “Glockenturm”

Ich machte mich auf dem Weg zum Strand, der ja vom Lonely Planet so empfohlen wird. Entlang des Weges kamen mir einige Inselbewohner entgegen, die sich allesamt sehr freuten, mal einen Ausländer zu sehen. Sie lächelten mich an und kramten das wenige Englisch, das sie konnten, heraus und grüßten mich mit “Hello”. Wenn ich dann mit “Konnichiwa” erwiederte, freuten sie sich umso mehr.

Ich streifte durch die Insel und entdeckte auch die einzige Schule, in die ich auch prompt reinspazierte.

Auf ner Insel zu leben und dort zur Schule zu gehen muss cool sein. Wenngleich auch etwas abgeschieden vom Rest der Welt.
Vor der Schule stand eine steinerne Figur:

Das ist eine Moyai-Statue. So wie ich das verstanden habe, sind die durchaus nach Vorbild der Figuren auf den Oster-Inseln entstanden, aber geprägt von lokalen Künstler.
Einigen kommt es vielleicht bekannt vor, am Bahnhof Shibuya steht bzw. stand eine Version dieser Steinköpfe von Niijima:

Moyai
Quelle: wikimapia.org

Das Shibuya-City Office sagt dazu:

Moyai Statue

Shibuya Station South Exit, Phone: 04992-5-0048 (Niijima Tourist Association)
Moyai means to “work together” in the dialect of Niijima. The pumice stone is unique to Nijima Island.

Als ich aus der Schule herauskam und weiter Richtung Strand lief, kam mir ein Schulmädchen entgegen, die mich schon vom anderen Ende der Straße neugierig anschaute. Als sie mich passierte drehte sie sich auch ständig nach mir um, bis sie dann in die Schule reinging. Wohl noch nie nen blonden Gaijin gesehen, wa? 😉

Der ständige Regen, der dann zum Glück aufhörte, hatte viele Straßen geflutet. So auch hier, eine ehemalige Bahnstrecke. Aber auf Niijima fährt kein Zug. Nicht mehr.

Weiter, immer weiter und irgendwann erreichte ich den Strand.

Just in diesem Moment brach die Sonne durch. Ich war allein. 20km Strand und ich war alleine. Ein sehr bewegender Moment, nur ich und der Pazifik.

Ein Blick nach links

Ein Blick nach rechts

Und ich war allein.

Ich machte es mir erstmal gemütlich und legte meine Sachen in den Sand.

Da sind jetzt zwei Schirme drauf. Ich dachte, da ich einen neuen Schirm brauche, um den Alten zu ersetzen, kauf ich ihn gleich bei nächstbester Gelegenheit. Hatte natürlich auch den Nachteil, dass ich nun die ganze Zeit zwei Schirme mit mir rumschleppen musste.

Mit mehr und mehr Sonnenschein, kamen auch mehr und mehr Leute, die die Weite des Sandstrandes nutzten.

Zum Baden waren die Welle zu hoch, und von links deutete sich schonwieder Regen a.

Ich machte mich auf den Rückweg. Jedoch knallte dann die Sonne unbarmherzig runter. Wolkenlose 32°C, ich zerfloss in Schweiss.

Auf dem Rückweg kam ich auch an einem Koban vorbei, bei dem ich nach dem Weg fragte. Dort fand ich wiedermal den Beweis, dass Japan ein sehr sicheres Land ist, und auf der Insel auch nichts los ist.
Ich kam rein und sah ca. 10 Polizisten, die alle etwas unbeschäftigt rumstanden. Sie schauten mich zunächst neugierig an, und ich hechelte ein “Kon…nichiwa” zur Begrüßung”. Daraufhin alle (!) zusammen und gleichzeitig (!!) zurück: “Konichiwa!!”.

Ich fragte dann nach dem Weg zu meinem Hotel, dessen Namen (!) und Ort (!) ich mir diesmal auf meiner Karte (!!!!!) notiert hatte. Auf Japanisch nach dem Weg fragen gehört zu meinen Spezialitäten, also konversierte ich mit einem Beamten nach dem richtigen Weg. Sein Kollege währenddessen holte ein dickes Buch unter dem Thresen hervor, in dem die wichtigsten Phrasen in Englisch standen.
Ich hatte schon die Auskunft erhalten, die ich wollte, da zeigte er mit dem Finger in dem Buch auf: “Where do you want to go?”.

Weiter entlang zum Hotel, an Getränke-Automaten vorbei, die wohl nur einmal in der Woche aufgefüllt werden. Irgendwann hatte ich dann trotz Wegbeschreibung den Weg verloren. Denn ‘Nach dem Weg fragen’ kann ich zwar gut, die Antwort dann aber verstehen nicht so sehr.

Ich fragte dann einen Hausbewohner, ob er mir sagen kann, wo mein Hotel ist. Ich verwies auf den Namen, der auf dem Schirm geschrieben war, und er wusste Bescheid. Er wollte mich dann mit seinem Auto hinfahren, was mich sehr überraschte, ich aber ehrlich dankend annahm.
Auch als ich im Reisebüro nach einem Supermarkt/Konbini fragte (man musste zuerst lachen, Konbini? Auf der Insel?) fuhr der einzige Typ, der dort arbeitet, mir hinterher und lud mich ins Auto ein, und fuhr zum Supermarkt. Ist ja nicht so, dass täglich tausend Touristen bei ihm vorbeischauen, da kann man ruhig mal den einzigen Gaijin zum Supermarkt fahren.

Zurück im Hotel fiel mir mein Schirm noch ein. Nach einer kurzen Verschnaufpause machte ich mich auf den Weg Richtung Ruine, während die Sonne so langsam unterging. Entlang vom Strand der anderen Seite der Insel, hat man immer die Berge im Nacken


Strandpromenade, hinten rechts ist der Hafen.


Die Sonne brannte wirklich unbarmherzig

Diese besagten Moyai-Statuen fanden sich zahlreich entlang des Weges, allerdings auch nicht sooo spektakulär, als das ich davon ein Foto hätte machen müssen.

Hinterm Hafen befindet sich das Yunohama-Onsen, auf einer kleinen Anhöhe gelegen, direkt am Strand und Meer, mit weiten Blick über den Pazifik und die Abendsonne.

Es ist ein wenig pseudo-griechisch gestaltet, bietet aber verschieden warme Onsen-Becken, eine fabelhafte Aussicht und ist vorallem gratis. Man kann 24 Stunden lang hinein, und es ist ein gemischtes Bad, also Badeklamotten sind Pflicht. Ich glaub, bei klaren Himmel kann man viele Sterne über der Insel sehen.

Da lag ich nun, im Sonnenuntergang, im heissen Wasser und sah den Pazifik die helle Kugel schlucken. Sehr entspannend. Nach einer Nacht im Kapselhotel, in der ich zwei Nächte zuvor geschlafen habe, kam das meinem Rücken ganz Recht. Ich hab dort Bilder mit meinen Unterwasserkamera gemacht, aber noch nicht entwickelt.

Aus dem Wasser und zum Abendbrot ins Ryokan. Vorher noch zu besagter Ruine und meinen Schirm abgeholt.


Ich weiss bis heute nicht, was das genau war. Eher eine pseudo-Ruine, mit europäischer Architektur und Treppengang ins Nichts. Vor dem Gebäude waren Steintafeln, mit Grüßen und Nachrichten von jungen Leuten aus aller Welt, die hier wohl mal eine Party gemacht haben (vornehmlich Surfer dabei).

Mit kaputten Schirm dann zum Ryokan und zum Essen. Es war ein traditionell japanisches Menü, mit vielen Schälchen und Zutaten, und Reis ohne Ende. Es war wirklich sehr lecker, obwohl mir ein paar Sachen dann doch zu krass waren. Ich glaube ich hab mich ganz gut angestellt, obwohl ich wahrscheinlich die Dekoration mitgegessen habe. Naja, war trotzdem lecker. Auch wenn das japanische Pärchen nebenan am Kichern war…
Ich fragte nach einer Cola und konnte hören, wie die Dame dann hinausging, am Getränke-Automaten eine Cola gezogen hat, dann in ein Glas umfüllte und mir servierte. Kriegen wohl nicht so häufig solche Anfragen 😉

Im Zimmer habe ich mir dann den Schirm noch einmal genauer angeschaut. Nicht nur der Kranz war kaputt, der Schirmbezug hatte an vielen Stellen Risse. Es war halt eben ein Gebrauchsgegenstand, mit sichtlichen Verschleiß. Vier Jahre intensive Benutzung hinterließen eben Spuren. Selbst wenn ich hier jetzt flicke, wie lang würde es dauern, bis wieder etwas reisst? Ich fasste einen Entschluss.

Ich ließ meinen Schirm im Südpazifik. Es fiel mir nicht leicht, gerade weil so viele Erinnerung daran hingen. Doch… Die Erinnerungen kann mir keiner nehmen, die bleiben erhalten. Ich hätte zwar gern einen Schirm gehabt, in den ich auf 40 Jahren schaue und sage “Der hat die ganze Welt gesehen”, doch dieser Schirm sollte es nicht sein. Doch ich versprach mir und dem Schirm zu gedenken, indem ich einen neuen Schirm kaufen werde in Berlin, aus Titan und anderen unzerstörbaren Materialen. Und der wird dann die Welt sehen.

Meine Fähre am nächsten Tag ging um 16 Uhr Richtung Tokyo, viel Zeit zum rumkriegen. Ich wollte mehr Fotos machen, doch es ging einfach nicht, es war unbarmherzig heiss. Nach 20 min in der Sonne hielt ich es nicht mehr aus und verkroch mich ins Hafengebäude. Von drinnen konnte ich das Wetter draußen beobachten, während ich ein paar Zeilen schrieb. Ab und kam noch ein Regensturm vorbei, der die Straßen überflutete und danach wieder der Sonnenhitze Platz machte. Das Wetter im Südpazifik ist eben unberechenbar.

Auf der Rückfahrt bremste die Fähre kurz ab und es kam eine Meldung, dass wir jetzt durch ein Gebiet fahren “in dem große Säugetiere” leben.
Wale.
Aus dem Fenster konnte ich mehrere große Schiffe sehen, die sich in diesem Gebiet tummelten. Bestimmt alle “wissenschaftlich” unterwegs….

Die Ankunft am Abend in Tokyo war gleichzeitig mein Einzug in meine derzeitige Wohnung. Noch kaputt musste ich mir noch einen Futon besorgen und fiel dann völlig erschöpft ins Bett.
Am nächsten Tag konnte ich nur noch liegen, zuviel habe ich gesehen, erlebt und erlaufen.

Ich denke immernoch gern an dieses “Insel-Abenteuer” zurück. Und schon auf Niijima hatte ich mir über das Internet eine neue Kamera aus Deutschland bestellt (die dort billiger sind als hier), sie sollte in zwei Wochen ankommen.

Eine spannende Zeit in Tokyo sollte folgen…


Teil 1:
Insel-Abenteuer!: Oshima
Artikel (von mir) über alle Inseln der Izu-Shoto: auf yes!Tokyo